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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Klinik heraus.
    »Weshalb war der Tote überhaupt hier?«, wollte Thomsen wissen.
    »Herr Reinstetter hatte ein irreversibles Lungenemphysem vom Typ
Pink Puffer«, klärte Professor Krieg sein Gegenüber auf, das mit den
Erläuterungen jedoch nichts anzufangen wusste. »Er war diesbezüglich leider
austherapiert und befand sich in einer Art psychosomatischer Anschlussheilbehandlung.«
    Sie waren schon ein groteskes Gesprächspaar: der Chefarzt, der sich
bemühte, die Klinik im besten Licht dastehen zu lassen, und von oben herab mit
dem Kriminalbeamten redete, der wiederum nichts von dem medizinischen
Kauderwelsch verstand, aber gleichzeitig so tat, als habe er die Macht, mit einem
Fingerschnippen eine Hundertschaft von Beamten loszuschicken, die die Klinik
auf den Kopf stellten.
    Aber handelte es sich überhaupt um einen Kriminalfall?
    Dietrich Reinstetter war aufgrund seiner Konstitution sehr
geschwächt gewesen, erklärte Krieg. Möglicherweise war ihm dies zum Verhängnis
geworden. So etwas könne man aber auch in der vorbildlichsten Klinik nie
ausschließen. Die Tannenklinik, und darauf wies er mehrfach hin, habe einen untadeligen
Ruf, beschäftige Spitzenkräfte und sei allseits anerkannt. Zudem sei sie
»zertifiziert nach KTQ«.
    Thomsen zog wieder seinen Zettel aus der Tasche und unterbrach den
Vortrag des Chefarztes: »Amanitin. Laut toxikologischem Befund nach dem
Schnelltest sind Ihre Patienten vergiftet worden. Mit Pilzen …«
    Thomsen besaß die Fähigkeit, wichtige Informationen leichthin,
sachlich, fast beiläufig zu erwähnen, dabei aber dem Gegenüber das Gefühl zu
geben, als sei er damit schon verdächtig.
    Krieg blickte Thomsen aufmerksam an. Längst hatte er gemerkt, dass
der Kommissar keine Ahnung von Medizin hatte. Lediglich mit den Möglichkeiten,
irgendwo Keime zu erhaschen, hatte sich der Beamte offenbar beschäftigt. So
leicht konnte Thomsen ihn nicht überrumpeln.
    »So, so, Amanitin. Also doch eine Pilzvergiftung – wie ich heute
Morgen gegenüber Ihren Kollegen schon vermutet hatte. Wie gut, dass Sie meinem
Rat gefolgt sind und den Schnelltest bei den Patienten veranlasst haben. Und
wie gut, dass Sie mir das Ergebnis gleich mitgeteilt haben. Ich werde alles Nötige
für die weitere Behandlung der vergifteten Patienten in die Wege leiten.«
Professor Krieg blieb völlig souverän. »Sie können Ihren Mundschutz also
getrost ablegen.«
    Thomsen ignorierte die Bemerkung. »Können Sie sich die
Pilzvergiftung erklären?«
    »Als die Beschwerden der Patienten in der vergangenen Nacht
begannen, hätte theoretisch auch ein Virus oder verdorbenes Essen der Urheber
sein können. Im Lauf des Vormittags wurde mir nach einer erneuten Patientenbefragung
klar, dass fast alle am Mittag des Vortags Pilzsuppe gegessen hatten. Das hat
mich zutiefst alarmiert.«
    Thomsen beobachtete die Züge des Chefarztes. Er hatte die
unangenehme Situation ganz gut im Griff.
    »Theoretisch hätten die Pilze aber auch verdorben und nicht
vergiftet sein können?«, hakte er nach.
    »Nein, definitiv nicht. Wären die Pilze in der Suppe verdorben
gewesen, dann hätten die Beschwerden schon zwei bis drei Stunden nach der
Mahlzeit eingesetzt. Die Tatsache, dass diese erst nach etwa zwölf bis achtzehn
Stunden Latenzzeit aufgetreten sind, ist ein Hinweis darauf, dass die Pilze
giftig gewesen sein müssen.«
    Eine kompetente Auskunft – Thomsen war zufrieden. Doch die
entscheidende Frage war eine andere: »Giftpilze in Ihrem Klinikessen?
Wie erklären Sie sich das?«
    »Herr Kriminalhauptkommissar, ich bitte Sie dringend, das
herauszufinden. Ich werde dafür Sorge tragen, dass Ihnen alle Angestellten in
der Küche Rede und Antwort stehen.«
    »Vielen Dank. Wäre es aus Ihrer Sicht denkbar, dass die Vergiftung
unabsichtlich erfolgt sein könnte?«
    »Das kann ich natürlich nicht ausschließen«, meinte der Chefarzt.
»Allerdings ist unser Küchenpersonal hervorragend und ausgesprochen kompetent.«
    »Und falls die Vergiftung kein Versehen war: Könnten Sie sich vorstellen,
dass jemand Ihrer Klinik schaden will?«
    Der Chefarzt stutzte. »Herr Kriminalhauptkommissar: Wir verfügen
über …«
    »… einen ausgezeichneten Ruf, ich weiß«, sagte Thomsen sanft.
    »Natürlich gibt es eine große Konkurrenz zwischen den Kurkliniken«,
meinte Professor Krieg. »Aber niemals …«
    Thomsen musterte ihn aufmerksam und fragte: »Gewissermaßen ein Hauen
und Stechen um Patienten?«
    Der Chefarzt hob abwehrend die Hände. »Herr
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