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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Nebenerwerbslandwirt betrieb.
    »Was macht denn der jetzt?«, fragte Hummel, der eigentlich lieber
mit Riesle beratschlagt hätte, wie er denn bei der Erpressung am besten
vorgehen sollte. Die Dame an der Pforte telefonierte gerade, nachdem Winterhalter
eine Weile auf sie eingeredet hatte.
    Zwei Minuten später hatten Hummel und Riesle eine Antwort auf ihre
Frage.
    »Er trifft sich mit …«, begann Riesle und starrte Winterhalter an,
auf den ein Mann in einem unmodisch aussehenden Anzug zueilte, der vor dem
Gesicht einen Mundschutz trug.
    »Michael Jackson«, ergänzte Hummel mit einem Blick auf den
Maskierten und seine weißen Schutzhandschuhe.
    »Quatsch – Thomsen natürlich«, sagte Riesle und kicherte über den
Aufzug des phobiebehafteten Hauptkommissars. »Thomsen in einer Klinik, in der
möglicherweise ein Magen-Darm-Virus umgeht! Einfach köstlich.«
    Da war Hauptkommissar Thomsen anderer Meinung.
    In diese Klinik gerufen zu werden war für ihn der Gipfel des
Unangenehmen. Hier tanzten die Keime offenbar Stehblues, und alles, was nicht
bei drei in einem Schutzanzug steckte, hatte sich flugs infiziert. Er wusste:
Keime hatten es auf ihn abgesehen. Warum auch immer.
    »Des isch doch eher en Mage-Darm-Virus und kei Ebola, Herr Thomsen«,
meinte Winterhalter mit Blick auf den Mundschutz des Hauptkommissars, der das
sperrige Ding zum Reden immerhin unters Kinn geschoben hatte. »Die andere Besucher
und d’ Patiente laufe doch au ganz normal umenand! Vielleicht waret’s jo au
Salmonelle oder e Lebensmittelvergiftung.«
    Was »ganz normal« war, darüber schienen Thomsen und Winterhalter
völlig unterschiedliche Auffassungen zu haben. Nicht mal zur Fasnachtszeit
hätte Thomsen Kniebundhosen getragen – und so im Rahmen eines dienstlichen
Auftrages aufzutauchen war schon gar nicht akzeptabel. Da ging es ja durchaus
auch um die Autorität der Polizei.
    Doch er schluckte seinen Ärger hinunter und brachte Winterhalter
widerstrebend auf den aktuellen Stand.
    Sechsundzwanzig Patienten der Tannenklinik hatten in den vergangenen
vierundzwanzig Stunden über Magen-Darm-Beschwerden unterschiedlicher Stärke
geklagt. Von einer leichten Übelkeit bis hin zu massiven Problemen reichte das
Spektrum. Fünf Patienten hatten sogar ins Zentralklinikum Villingen-Schwenningen
eingeliefert und dort behandelt werden müssen. Ein Mann war noch in der Nacht
in der Rehaklinik Königsfeld verstorben. Thomsen zog seinen Notizblock aus der
Brusttasche des Anzugs und las ab: »Die potenziellen Ursachen reichen von
Norovirus bis zu Staphylokokken-Toxin.«
    »Was?«, hakte Winterhalter nach, nahm seinen Filzhut ab und kratzte
sich die verschwitzt-verwuschelten Haare, was beim Kollegen prompt einen
starken Juckreiz hervorrief.
    »Lebensmittelvergiftung«, erklärte Thomsen. »Die Klinik hat allen
Patienten Blut abgenommen und etliche Tests veranlasst. Da es gewisse Symptome
bei den Patienten gab, die auf eine Vergiftung hindeuteten und gestern
Pilzsuppe auf dem Speiseplan stand, wurde in einem Speziallabor ein toxikologischer
Schnelltest anhand von Urinproben veranlasst. Und gerade eben habe ich das
Ergebnis telefonisch übermittelt bekommen.«
    Thomsen blickte abwechselnd auf den Notizblock und auf seinen
Kollegen.
    »Amanitin«, las Thomsen langsam ab und machte eine Kunstpause. Doch
Winterhalter verdarb ihm die Spannung.
    »Pilzgift«, sagte der Schwarzwälder Kriminalbeamte so
selbstverständlich, als ginge es um die Zubereitung von »Brägele« – den
heimischen Bratkartoffeln.
    »Woher wissen Sie denn das jetzt?« Thomsen war baff.
    »Mei Frau isch e leidenschaftliche Pilzsammlerin. Und Amanitin isch
en gefährliche Giftstoff, der in de Knolleblätterpilz drin isch.«
    »Hm … ja«, bestätigte Thomsen widerwillig. Er würde sich rasch in
die Thematik einlesen müssen, um sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen.
Und um sich keine Blöße zu geben, fuhr er schnell mit dem Lagebericht fort:
Einer der Patienten, Dietrich Reinstetter, sei noch in der Nacht verstorben.
Aufgrund der Häufung von Krankheitsfällen habe der Arzt im Totenschein »unklare
Todesursache« angekreuzt. Daraufhin sei bereits am frühen Vormittag der KvD,
der Kommissar vom Dienst, benachrichtigt worden. Der Kriminaltechniker
Bartlewski habe vor Ort eine Leichenschau durchgeführt und über die
Staatsanwaltschaft eine Obduktion des Toten beantragt – und zwar aufgrund der
atypischen Leichenerscheinungen wie der rötlich-violetten Hautfärbung. Dies
deute
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