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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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gemeint, er
solle das alles nicht so ernst nehmen. Abgesehen davon stünde Hubertus’ Beziehung
zu Carolin offenbar unter keinem guten Stern.
    Zur Blutabnahme wurde nur Hummel hereingelassen, Riesle musste
leider draußen bleiben.
    »Herr Hummel, Sie wisse ja vu der Sach mit dem Herrn Reinstetter«,
meinte Winterhalter einleitend.
    »Herr Reinstetter?«
    »De Tote.«
    Narben-Dietrich. Merkwürdig, dachte Hummel. Da lernt man jemanden
kennen, der einem ganz sympathisch ist, findet ihn tragischerweise auf einer
Totenbahre wieder – und kennt noch nicht einmal seinen richtigen Namen.
    »Von der Pilzsuppe haben Sie ja nicht gegessen, Herr Hummel?«,
vergewisserte sich Hilbert.
    Hubertus schüttelte den Kopf. »Wieso? War die die Ursache?«
    »Vermutlich.«
    »Und warum ging’s mir dann so schlecht?«
    »Theoretisch wäre es möglich, dass Sie sich unabhängig von den
anderen Patienten einen kleinen Magen-Darm-Infekt eingefangen haben«, meinte
Hilbert. »Oder hätten Sie sonst einen Verdacht?«
    Durchaus, dachte Hummel und erinnerte sich an seine
Heißhungerattacke im Kurpark. Aber äußern werde ich diesen Verdacht nicht.
    »Vermutlich brauchen wir Ihnen danach kein weiteres Blut mehr
abzunehmen«, meinte Hilbert und zog Spritze und Ampullen aus einer Schublade.
»Es piekt nur kurz«, sagte er dann mechanisch und stach zu.
    »Au!«
    »Keine Sorge, das ist nur der Schmerz«, erklärte Hilbert.
    Was für eine unsinnige Bemerkung, dachte Hummel. Während Hilbert
nach einer Vene stocherte, schwitzte Hubertus und erinnerte sich daran, dass
ihm ein früherer Arzt seine schlechten Venen vorgeworfen hatte. Er habe »zu
dicke Arme«. Mittlerweile wahrscheinlich mehr denn je …
    Schließlich wurde Hilbert fündig, und Hummel atmete tief durch.
    Er überlegte, ob er Winterhalter draußen von der Erpressung erzählen
und um Rat fragen sollte. Eigentlich glaubte er, ein ganz gutes Verhältnis zu
dem Kriminalbeamten zu haben. So rein privat. Er schätzte dessen bodenständige
Art. Fand es sympathisch, dass Winterhalter trotz seines stressigen Berufs
nebenher noch den elterlichen Hof weiterbewirtschaftete. Wo käme man da hin,
wenn es die Milch nur noch aus Dänemark, den Käse nur noch aus Holland und das
Fleisch nur noch aus Spanien gäbe?
    Riesle klopfte gegen die Tür und trat ein. »Seit wann wird denn
eigentlich bei so etwas die Kriminalpolizei alarmiert?«, fragte er.
    Winterhalter schickte ihn nach draußen. »Wartet Sie bitte. Des isch
kei Pressekonferenz.« Er respektierte Riesle, aber regelmäßig musste man ihm
die Grenzen aufzeigen.
    Nachdem dieser wieder draußen und die Tür geschlossen war, gab’s die
Erklärung – allerdings nur für Hummel: »Mir sin in de Klinik, weil die
Todesursach unklar isch. Un weil mir untersuche, wie’s zu de Pilzvergiftunge
kumme isch.«
    »Das interessiert mich auch«, meinte Hummel. »Und zwar brennend. Was
ist, wenn es die nächste Nacht wieder losgeht?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Hilbert. »Bei Ihnen besteht
sicher keine Gefahr.«
    Möglicherweise erhielten Medizinstudenten zu ihrer Approbation einen
Setzkasten, in dem sich eine Sammlung von Platitüden befand – von »Es tut gar
nicht weh« oder »Machen Sie sich keine Sorgen« bis zu »Treiben Sie mehr Sport«.
Hilberts Wortschatz schien kaum über diese Platitüden hinauszugehen.
    »Wieso habet Sie eigentlich kei Pilzsupp gegesse?«, fragte
Winterhalter.
    »Wegen der Kalorien«, grummelte Hummel.
    »Diät?« Winterhalter grinste.
    Hummel schaute griesgrämig drein, was den Kommissar noch mehr
amüsierte. Der hatte das mit den Diäten vor vielen Jahren aufgegeben.
Herzhaftes Essen war auf dem Winterhalter-Hof ein Muss. Dafür waren die Lebensmittel
auch aus erster Hand. Keine Chemie und keine Zusatzstoffe, wie er stets
betonte. Den Schinken und andere Produkte vom Hof verkaufte er sogar unter der
Hand in der Polizeidirektion.
    »Vierzehnhundert Kalorien pro Tag«, klärte Hummel ihn auf, worauf
Winterhalter mitleidig guckte.
    »Ha, Sie sin doch en stattliche Mann. Vierzehnhundert Kalorie – des
isch jo fascht e Verbreche.«
    Hilbert, der sich nun in Erklärungsnot fühlte, setzte zu einem
medizinischen Vortrag an, den jedoch keiner der beiden anderen hören wollte.
    »Herr Hummel: Und was hän Sie zu sich g’nomme?«
    »Vorwiegend Karotten.«
    »Gelbe Rübe?«
    »Gelbe Rüben«, bestätigte Hummel nickend. So wurde das Gemüse
genannt – und nicht anders.
    Ehe die beiden weitere unangenehme Fragen zur
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