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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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Kommissarin sich und wechselte einen raschen Blick mit Angersbach, der ähnlich zu empfinden schien.
    »Nein«, erwiderte Brüning, dessen Antwort zwar ebenfalls überrascht klang, aber dennoch voller Überzeugung kam. Er atmete einmal tief durch, hinter seiner Stirn flogen wahrscheinlich unzählige Paragraphen hin und her, dann ergänzte er: »Sie allein entscheiden, wem Sie den Inhalt der Mail zugänglich machen. Sie können die Beamten jederzeit bitten, das Anwesen zu verlassen. Allerdings …« Mit einem Mal klang seine Stimme skeptisch, und die Kommissarin erwartete nun den Einwand, dass es besser sei, die Ermittlungsbeamten nicht auszuschließen. Doch stattdessen schnitt Claudia Reitmeyer dem Anwalt harsch das Wort ab.
    »Gut, danke, das genügt.« Sie vergewisserte sich, dass ihr Computer von allen Blicken abgeschirmt war, und richtete sich zackig auf. »Dann alle raus hier, bitte«, fuhr sie fort. Ihr Atem ging schnell, und ihre Stimme schnarrte mit an Hysterie grenzender Frequenz.
    »Aber Frau Reitmeyer.« Angersbach gab sich offenbar alle Mühe, entspannt und gefasst zu klingen. Oder es war ihm tatsächlich egal, so genau konnte Sabine das noch immer nicht einschätzen.
    »Alle bis auf Dr. Brüning«, bekräftigte Claudia und wies aufgeregt in Richtung Haustür.
    »Moment mal«, warf Sabine ein, und der unschlüssig wankende Beamte, schon bereit, die Flucht zu ergreifen, hielt inne.
    »Nein!«, kreischte Claudia mit hochrotem Kopf. »Sie verlassen jetzt alle sofort den Raum!«
    Dr. Brüning, nicht in der Lage, sich von seiner Tasche zu trennen, eilte zu ihr und versuchte, sie mit seiner freien Hand zu beschwichtigen. Er raunte einige Worte in Claudias Richtung, die Sabine nicht verstand, doch sie schienen zu wirken. Als Nächstes sah sie, wie die Frau tränenüberströmt an Brünings Schulter sackte, lauthals schluchzend, und fortan nicht mehr in der Lage, sich zu artikulieren. Auch der Anwalt verharrte, sprach nicht, legte einen Arm um die Klientin, dann auch den anderen, und die millionenschwere Tasche hing wie auf Halbmast unterhalb ihrer Hüfte. Mit einem auffordernden Nicken bedeutete Brüning, in dessen Blickfeld momentan nur Ralph Angersbach stand, dass eine Inaugenscheinnahme des Laptops nun in Ordnung ginge.
    p 4 r 4 [email protected], wie erwartet.
    Sicher nicht die dümmste E-Mail-Adresse der Welt,
dachte Sabine für sich, aber mit Sicherheit eine, die sie so schnell nicht vergessen würde.
    Vor dem ersten Hahnenschrei
    an Bonifatius’ letztem Kreuz
    Und noch mal: KEINE Polizei!
    Nur Du und niemand Deiner Leuts!
     
    Ist die Kohle wanzenfrei,
    nicht markiert und registriert,
    ist das Sterben dann vorbei.
    EHRENWORT und GARANTIERT .
    Die typischen Reime in einer etwas unbeholfenen Sprache. Allerdings, das musste Sabine dem Urheber der Zeilen lassen, wurde er von Mal zu Mal besser. Dieses Mal handelte es sich nicht um ein Papierschnipsel-Patchwork, sondern um ein einfaches Dokument, erstellt mit einem Schreibprogramm und danach in eine PDF -Datei konvertiert.
    Die Analytiker hatten, wie die Kommissarin wusste, bereits die vorherigen Dateianhänge überprüft, ob das Programm ein Office-Paket war, in dessen Dateisignatur womöglich ein verräterischer Benutzername transportiert wurde. Fehlanzeige. Sie würden auch diese Datei checken, doch für Nachlässigkeiten dieser Art schien Paracelsus zu schlau zu sein.
    So unbeholfen seine erste Kontaktaufnahme noch gewirkt hatte, allmählich verfestigte er sich, nun, da es konkret auf die Übergabe des Geldes zuging. Es schien fast, als wäre der unbekannte Erpresser in seine Handlungen hineingewachsen, anfangs, ohne das zu wollen. Sabine dröhnte der Schädel. Wohin führten sie solche Gedankenexperimente? In die Verzweiflung. Sie gab Angersbach zu verstehen, dass sie für einige Minuten an die frische Luft gehen wolle, was dieser mit einem Nicken beantwortete. Im Hinausgehen hörte sie, wie er zur Besprechung rief. Fünf Minuten.
    Dankbar trat Sabine ins Freie.
    Sie zog das Telefon hervor und fuhr mit dem Zeigefinger über den Sperrbildschirm. Das Display färbte sich in grelles Blau, dann erschien ein Nachrichtenfenster.
    » ICE hat 8  Minuten Verspätung, aber die holen wir noch auf. Melde mich, wenn ich umgestiegen bin. Freu mich auf Dich«
    Am Ende der unteren Zeile war außerdem ein Smiley mit Kussmund zu sehen.
    Michael.
Dieser Mann war ein Segen.
    Sabine seufzte erleichtert und tippte ihm ein kurzes »Dito« zurück, zusammen mit einem Smiley mit

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