Giftspur
weitaus lieber jedenfalls als das Rumpelstilzchen und dessen Königin.
Doch ausgerechnet
er
?
Gab es Faktoren, die den beiden entgangen waren, oder zeichnete sich in dem lückenhaften Puzzle plötzlich ein Bild ab? Angersbach jedenfalls musste sich auf die Zunge beißen, um den Namen nicht lauthals in Claudias Gegenwart nachzusprechen, als Weitzel ihn durch den Hörer mitteilte. Er eilte hinüber zu seiner Kollegin und setzte sie davon in Kenntnis.
»Das ist nicht wahr!«, entfuhr es Sabine, und mit wohliger Genugtuung registrierte Angersbach die unverblümte Irritation in ihrem Gesicht. Er konnte förmlich sehen, wie sich hinter ihrer Stirn eine Maschinerie in Gang setzte und ratternd das gedankliche Chaos zu ordnen versuchte.
Angersbach schob seine Kollegin zur Seite und ließ den Psychologen stehen, um ungestört mit ihr sprechen zu können. Kurz darauf winkten die beiden Claudia Reitmeyer zu sich.
»Na und?«, reagierte sie entgeistert, nachdem sie sie auf den neusten Stand gebracht hatten. »Was soll das denn beweisen?«
»Das Magazin ist vergleichsweise auflagenschwach«, erläuterte Sabine ruhig. »Wir können es nicht als Zufall abtun, dass eines der wenigen Abonnements ausgerechnet an Ulf Reitmeyer adressiert war.«
Panisch sprangen Claudias Augen zwischen den beiden Ermittlern hin und her, während sie hervorstieß: »Ich habe nicht die geringste Ahnung, um was für ein Blatt es sich handelt!« Harsche Worte einer in die Enge getriebenen Person.
»Überlegen Sie es sich von nun an besser sehr genau, was Sie behaupten«, funkelte Sabine sie an. Mit Daumen und Zeigefinger formte sie eine Zwei und ließ sogleich die Fingerspitzen sich langsam aufeinander zubewegen. »Sie stehen haarscharf vor einer Verhaftung, also präsentieren Sie uns am besten eine gute Erklärung dafür.«
Hilfesuchend richtete Claudia ihren Blick auf Ralph, doch auch dieser zeigte sich unnahbar.
»Ihr Vater dürfte sich ja wohl kaum selbst erpresst haben, oder?«
»Ich etwa? Verdammt!«, schluchzte Frau Reitmeyer außer sich und wedelte mit dem Armen. »Ich muss raus hier, ich bekomme keine Luft, ich fasse es nicht«, stieß sie hervor und stampfte davon. Sabine wollte ihr impulsiv folgen, doch Angersbach gebot Einhalt.
»Lassen Sie sie nur«, murmelte er. »Der ganze Hof ist voller Leute, was soll sie schon anstellen? Sie glauben doch nicht etwa, dass sie selbst eine Erpressung gegen sich inszeniert hat, oder?«
»Bei dieser Frau hört mein Glaube auf«, murrte Sabine.
»Persönliche Aversionen sollten das Urteilsvermögen nicht beeinflussen«, provozierte Angersbach mit einem schiefen Grinsen. Er wusste genau, dass sich in dem schönen Köpfchen seiner Partnerin einige unschöne Termini bildeten, mit denen sie ihn bedachte, doch aus ihrem Mund kam nur ein eisiges: »Wie auch immer.«
»In meinen Augen ist sie viel zu gerissen für so einen Patzer«, fuhr der Kommissar fort. »Außerdem wurde bei der Durchsuchung des Altpapiers nichts gefunden. Keine Schnipsel, keine Zeitungen, nun ja, jedenfalls keine zerschnittenen.«
»Wie oft erscheint dieses Schundblatt denn?«
»Alle zwei Monate laut Weitzel.«
»Dann müsste sich im Haus ja ein ganzer Stapel finden, wenn Reitmeyer sie gesammelt hat. Oder aber, das ungelesene Exemplar müsste noch herumliegen«, folgerte Sabine. »Wurde denn überall und gezielt danach gesucht?«
»Gemäß unseren Erpressungsspezialisten schon. Es war angeordnet, hier, auf dem Tannenhof, und bei allen Befragten im Müll und auch im Haushalt nach Zeitschriften zu suchen. Die wissen schon, was sie tun.«
»Meinetwegen«, aber Sabine klang weder enthusiastisch noch überzeugt, »was bedeutet das nun für uns?«
»Füttern Sie doch mal Ihren Dr. Freud damit«, grinste Angersbach. »Ich sehe in dieser Zeit nach Ihrer Freundin.«
Sabine Kaufmann tauschte sich einige Minuten mit Volker Leydt aus, doch wie erwartet fiel sein Urteil nicht spektakulär aus.
»Paracelsus treibt ein perfides Spiel«, schloss er achselzuckend, »das wird hierdurch nur noch bestätigt. Frau Reitmeyer kann sich das jedenfalls nicht selbst angetan haben.«
»Aufgrund Ihrer Wahrscheinlichkeitsrechnung oder aufgrund von Fakten?«
»Beides. Ihre Körpersprache lässt mich in ihr lesen wie in einem offenen Buch«, schmunzelte Leydt. »Aber verraten Sie ihr das nicht. Sobald Personen auf ihre Haltung und ihre Reaktionen achten oder sie zu steuern versuchen, sieht die Sache anders aus. Frau Reitmeyer ist kaum mehr als ein
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