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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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scheint. Sich selbst verschlingt, als würde das Innere nach außen gekehrt, jedoch ohne dabei einen Schmerz zu spüren. Mehr ein waberndes Pulsieren, wie dickflüssige Lava, die sich langsam den Berg hinabwindet. Umgeben von buntem Glühen und Traumbildern, wobei es sich ausschließlich um Lustträume und nicht um Alptraumfratzen handelt.
    Victor seufzte.
Heute nicht.
    Dann vernahm er das Schaben der Gummilippe, welche die innere Gewächshaustür von dem Vorraum trennte. Er erstarrte, denn niemand außer ihm sollte zu dieser späten Stunde hier sein. Doch was immer dort draußen, fünfundzwanzig Meter entfernt von ihm, die Tür bewegt hatte, es war nicht der Wind.
     
    Ralph Angersbach hatte Mirco Weitzel angerufen, was dieser ihm offenbar übelnahm, befand er sich doch allem Anschein nach in weiblicher Gesellschaft. Doch darauf konnte der Kommissar keine Rücksicht nehmen. Wenn Weitzel irgendwann in ferner Zukunft eine gehobene Laufbahn bei der Mordkommission anstrebte, musste er sich mit solchen Dingen arrangieren.
    »Ist das Ihr Ernst?«
    »Aus Spaß rufe ich um diese Uhrzeit jedenfalls nicht an.«
    »Okay.« Gedämpfte Stimmen verrieten dem Kommissar, dass Weitzel den Lautsprecher verdeckt hielt, während er sich bei seiner Begleitung entschuldigte und einen ungestörten Platz aufsuchte. Zwei Minuten später hatte er dem nun aufmerksam lauschenden Polizisten einen kurzen Abriss über die alten Verstrickungen der Familien Volz und Reitmeyer gegeben.
    »Weiß ich doch längst.« Zugegeben, es war nicht die Reaktion, mit der Angersbach gerechnet hatte, doch Weitzel hielt mit der Erklärung nicht hinterm Berg. »Das meiste Material auf Ihrem Schreibtisch stammt von Möbs.«
    »Warum hat er uns nicht sofort informiert?«
    »Weil es seinem Ermessen nach nicht brisant ist.«
    Angersbach verdrehte entgeistert die Augen in Richtung Decke. Ein grauer Schatten bewegte sich ziellos im Milchglas der Deckenlampe hin und her, vermutlich der panische Versuch einer Motte, einen Ausweg zu finden.
    »Mord aus Rache ist nicht
brisant?
«, fragte er dann und gab sich gleich selbst die Antwort: »Das ist ein klassisches Doppelmotiv! Ulf Reitmeyers Vater hat die Notlage des Hofes einst ausgenutzt, wer weiß, möglicherweise hat er die Familie mit in den Ruin getrieben. Er übernahm den Hof, und als Krönung erhängte sich Gunnar Volz’ Vater. Liegt der Gedanke denn so fern?«
    »Volz könnte mit der Million doch überhaupt nichts anfangen«, widersprach Weitzel. »Wie sollte er sie denn unter Claudias Augen ausgeben? Und sein Wohnrecht bleibt unangetastet. Warum sollte er das aufgeben? Und warum ausgerechnet jetzt?«
    »Das soll er mir selbst erklären«, brummte Angersbach. »Wir sollten ihn noch einmal aufsuchen.«
    »Aber nicht mehr heute, oder?« In der Stimme des jungen Beamten klang eindeutig die Sorge mit, dass das womöglich das endgültige Aus für sein Date bedeuten könne. Doch ein Blick auf die Uhr ließ den Kommissar zu dem Schluss kommen, dass diese Sache auch anders zu lösen war.
    »Nein, keine Panik«, raunte er aufmunternd. »Ich veranlasse eine Überwachung. Das sollte den Kollegen, die ohnehin vor Ort am Weidenhof sind, nicht allzu schwerfallen.«
    Leichter jedenfalls, als es für Gunnar Volz sein würde, das Anwesen unbeobachtet zu verlassen. Und je länger er darüber nachdachte, desto mehr verabschiedete sich Angersbach von dem Verdacht, dass der ominöse Knecht tatsächlich ein Doppelmörder oder Erpresser sein sollte. Zumindest würde Volz nicht alleine handeln.
    Dieser Mirco Weitzel aber war ein Fuchs, das musste der Neid ihm lassen. So weit entfernt, dachte Angersbach, liegt seine Zukunft bei der Kripo womöglich gar nicht mehr. Dann gab er sich einen Ruck und hob den Telefonhörer ein weiteres Mal. Diesmal wählte er sogar und ließ es zehnmal klingeln, bevor er seufzend auflegte. Entweder die Musik war auf Anschlag gedreht, oder Janine übernachtete woanders. In Karben, wo Angersbach von einer WG aus gescheiterten Langzeitstudenten wusste, oder, noch schlimmer, in einem heruntergekommenen Hochhaus am nördlichen Rand Frankfurts. Aber es gab sicher noch weitere Zusammenkünfte, an denen sich seine Halbschwester aufhalten könnte.
    Müßig, darüber zu spekulieren.
     
    Die Lohmühle lag still und schweigend da. Keine Tierrufe, keine Betriebsgeräusche, keine Lichter im Labor und in Elsass’ Büro. Selbst das Wohnhaus lag im Dunkel, lediglich eine giraffenhalsige Straßenleuchte, wie sie zu

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