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Giftspur

Giftspur

Titel: Giftspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Holbe
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ihren Wagen in Richtung Bad Vilbel. Sie hatte Hunger und Durst, Ralph Angersbach ging es ebenso. Er hielt das Handy noch immer am Ohr, im Rückspiegel zeichnete sich eine angestrengte Miene ab, und er sprach zwischenzeitlich mit Schulte. Sabine vernahm Schlüsselworte wie
Presse
und
Obduktion.
    Ralph Angersbach beendete das Gespräch und nannte ihr eine Adresse in Massenheim, was von ihrer jetzigen Position aus betrachtet auf der anderen Seite Bad Vilbels lag.
    »Ein schneller Kaffee auf dem Weg dorthin?«, vergewisserte sich Sabine, und er nickte dankbar lächelnd.
    »Auf jeden Fall. Ich hatte heute Morgen keine rechte Gelegenheit dazu.«
    Bevor Sabine dieses kleine Hintertürchen in sein Privatleben, das er soeben geöffnet hatte, für eine entsprechende Frage nutzen konnte, sprach Angersbach weiter: »Allerdings stellen wir die Befragung der Finke hintenan, wir haben als Nächstes ein zweites Date mit unserem Verblichenen. Den Kaffee gönnen wir uns aber trotzdem«, lächelte er.
    Schnell überlegte die Kommissarin, wie viele Kilometer es von Bad Vilbel bis Gießen waren. Fünfzig? Sechzig? Wie sie es auch drehen und wenden mochte, es waren zu viele, selbst für eine vollgeladene Batterie. Sie würde sich lieber jetzt die Blöße geben, den Wagen zu wechseln, als auf dem Heimweg liegenzubleiben. Doch Übel blieb Übel, auch wenn man das kleinere wählte. »Wir müssten vorher das Dienstfahrzeug wechseln.« Sabine versuchte, es so beiläufig wie möglich zu sagen. Doch Angersbach sprang sofort darauf an und lachte spöttisch auf.
    »Wieso denn das? Reicht der Sprit nicht?«
    »Sehr witzig. Freuen Sie sich doch, Ihre Beine wieder ausstrecken zu können«, gab Sabine zurück.
    »Beine? Gut, dass Sie es sagen. Die sind schon so lange eingeschlafen, ich hätte fast vergessen, dass ich noch welche habe.«
    Am liebsten hätte Sabine gekontert, dass sie sich für die Fahrt im Lada wünsche, keine Wirbelsäule zu haben, doch ihr fehlte der Elan für einen ausufernden Schlagabtausch.
    »Wenigstens finde ich den Weg von Rendel zur Dienststelle«, murmelte sie nur und beobachtete im Spiegel, wie Angersbach amüsiert den Mund verzog. Bestand für ihn der ganze Tag aus Sarkasmus und Spitzfindigkeiten? Das konnte ja heiter werden, im wahrsten Sinn des Wortes.
    »Was ist nun eigentlich mit der Pressekonferenz?«, fragte sie unvermittelt.
    »Die übernimmt Schulte, dann ist er ganz in seinem Element.« Sabine verzog fragend das Gesicht, daraufhin fügte Angersbach hinzu: »Im Präsidium heißt es, er aale sich nur allzu gerne im Rampenlicht. Mir ist das im Übrigen auch sehr recht, Sie wissen ja, ich bin mehr der Beobachter. Und wegen der Autopsie: Wollen Sie erst die gute oder erst die schlechte Nachricht hören?«
    »Mir egal«, antwortete Sabine, denn sie hatte nicht den blassesten Schimmer, was nun kommen würde.
    »Professor Hack übernimmt diesen Job, die Staatsanwaltschaft hat sofort grünes Licht gegeben.«
    »Daran hatte ich keinerlei Zweifel«, murmelte Sabine. Auch wenn ein womöglich durch Sport hervorgerufener Todesfall nicht zwangsläufig zu einer Leichenöffnung führte, so sprachen in diesem Fall alle Faktoren dafür. Sie rief sich ins Gedächtnis, was sie über Professor Hack wusste. Persönlich begegnet waren sie sich erst ein Mal, da hatte die Kommissarin allerdings noch nicht gewusst, dass es sich um den beinahe schon legendären Rechtsmediziner handelte. Bislang hatte sie nur mit einem Dr. Schiller zu tun gehabt, aber das Jahr hatte es in puncto Mord und Totschlag auch verhältnismäßig ruhig angehen lassen. Zumindest im Vergleich zu Frankfurt. Professor Hack, es begann schon damit, dass sie nicht einmal seinen Vornamen im Kopf hatte, war eine Koryphäe. Er hatte sich in Krisengebieten auf der ganzen Welt herumgetrieben, Leichen aus Massengräbern auf deren Identität hin untersucht und irgendwo an einem Kriegsschauplatz, so lautete zumindest die Legende, das linke Auge eingebüßt. An dessen Stelle befand sich nun ein Glaskörper, denn alle moderneren Verfahren lehnte Hack schlichtweg ab. Seit vielen Jahren, auch das biologische Alter war der Kommissarin nicht geläufig, leitete er das rechtsmedizinische Institut in Gießen und gab diesen Posten stets nur kommissarisch ab, wenn er sich auf Reisen begab. Hack hätte sich längst an der französischen Riviera zur Ruhe setzen können, doch seine Devise lautete, den Knochenjob – er liebte doppeldeutige Wortspiele – bis zum bitteren Ende durchzuziehen. Was

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