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Giftweizen

Giftweizen

Titel: Giftweizen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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wurde. Den Giftweizen habe ich selbst in Gardelegen abgeholt und dafür quittiert. Wurde eine Futterstelle nicht besucht, war alles wieder einzusammeln, bis aufs letzte Korn.«
Walter Dreyer grübelte, wie wahrscheinlich es wohl war, dass jemand aus dieser Zeit Altbestände rumliegen hatte, die aus Nachlässigkeit heute noch für den Mörder – oder die Mörderin – zugänglich gewesen sein konnten.
Judith Brunner blätterte in der kleinen Kartei, die mehrere Dutzend Einsätze im ganzen Kreis Gardelegen belegte. »Jeder hätte also das Gift auch aufsammeln können«, meinte sie. »Wie lange ist das wohl haltbar?«
Ahlsens stutzte einen Moment und meinte dann: »Das brauchen Sie nicht zu vermuten, Frau Brunner. Mit Giftweizen oder gar dem Strychnin ist Otto Holl nicht umgebracht worden. Da hätte er nicht so friedlich ausgesehen. Strychnin ist so bitter und widerlich, das könnten Sie normalerweise niemandem unbemerkt beibringen.«

Montag
     
     
    ~ 31 ~
     
    Erleichtert hatte Dr. Renz am Morgen festgestellt, dass keine neue Leiche auf ihn wartete. Die Untersuchungen des verunglückten Motorradfahrers und der alten Dame mit dem Herzschrittmacher hatte er gestern noch abschließen können. Wegen des wahrscheinlichen Mordopfers musste er sich in Geduld üben; die Giftanalysen aus dem Labor benötigten ihre Zeit. Dr. Renz hoffte, in den nächsten Tagen nicht allzu viele Neuzugänge hereinzubekommen, zumindest nicht, bis sich sein Aushilfsdienst dem Ende näherte. Für das kommende Wochenende hatte er eine Reise nach Berlin geplant, um sich mit dem Besuch der Ausstellung des jüngst renovierten Bode-Museums eine Freude zu bereiten.
Wenn alles gut ging, konnte Friedrich Renz sogar einiges von dem Papierberg abarbeiten, der seit Tagen liegen geblieben war. Die Patientenakten waren mit den Berichten und diversen Laborergebnissen zu vervollständigen und mussten zurück in die Registratur.
Doch zunächst wollte er den ausstehenden Bestellungen von neuen Einmalhandschuhen, Desinfektionsmitteln und anderen Kleinigkeiten nachgehen. Vielleicht waren sogar die in der vergangenen Woche bestellten Skalpelle eingetroffen? Er benutzte zwar immer sein eigenes »Werkzeug«, doch andere waren da weniger wählerisch.
Nahezu beschwingt machte er sich auf den Weg zur Krankenhausapotheke und begegnete nur wenigen Leuten, was für einen Montag recht ungewöhnlich war, denn eigentlich begann heute, nach dem Wochenende, für die meisten Patienten ihr Krankenhausaufenthalt. Vielleicht schaffte es das grandiose Wetter, die Leute gesünder zu machen!
»Hallo, Dr. Renz«, begrüßte ihn Dr. Franz Carow, der Chefarzt der Inneren Medizin, als er in elegantem Bogen aus dem Fahrstuhl stieg. »Wie geht es Ihnen? Man hört ja so das eine oder andere interessante Detail«, spielte er auf den Flurfunk an.
Herzlich schüttelten die Männer sich die Hände und Dr. Renz antwortete aufgeräumt: »Mir geht es bestens. Dank Ihrer ›guten Auftragslage‹ habe ich wenig Gelegenheit, eine ruhestandsbedingte Langeweile zu pflegen.« Um nicht zu beschäftigungshungrig zu wirken, fügte er rasch hinzu: »Am nächsten Wochenende habe ich aber schon was vor. Ich möchte keinen erneuten Anruf von Ihnen bekommen.«
Dr. Carow lächelte zwar weiter, doch seine Augen verrieten eine Unsicherheit. »Anruf? Was meinen Sie?«
Was konnte man mit »Anruf« wohl meinen? Dr. Renz erinnerte ihn höflich: »Herr Kollege, Sie baten mich doch letzten Donnerstag telefonisch, mir Ihre drei Fälle anzusehen, was in der Konsequenz nicht ganz ohne Komplikationen abging, wie Sie ja wissen.«
»Ja, ja. Von den, hm« – Carow senkte, sich diskret umblickend, die Stimme – »Problemen da unten in der Pathologie habe ich natürlich erfahren, das konnte mir nicht verborgen bleiben. Aber ich habe Sie nicht angerufen, und schon gar nicht, um mit Ihnen am Telefon Patientenfälle zu besprechen.«
Nun war Dr. Renz perplex. »Aber Sie haben mir doch von den drei Leichen ...« Er sah Dr. Carows irritierte Miene und fragte nun seinerseits überrascht: »Haben Sie nicht?«
»Ganz sicher – nein«, bekräftigte der. »Wir beide haben kürzlich definitiv nicht miteinander telefoniert. Am letzten Donnerstag war ich gar nicht im Hause.«
Dr. Renz konnte es nicht fassen. »Das kann ja gar nicht sein! Von wem habe ich denn dann den Auftrag bekommen?« Er versuchte angestrengt, sich an das Telefonat zu erinnern. Es war am späteren Nachmittag gewesen, das fiel ihm sofort wieder ein. Hatte sich der Anrufer

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