Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
Vom Netzwerk:
zarten Punkten und geschwungenen Linien bedeckt, schwarze Zeichen auf glänzend brauner Haut. Hautfarbe und Tätowierung ließen an Polynesien denken, aber seine Gesichtszüge waren härter und erinnerten sie eher an ihre eigene Herkunft. Das alte Europa, vermischt mit den exotischen pazifischen Passatwinden, eine hocherotische Kombination.
    »Hallo, Jason«, sagte Raphael zur Begrüßung.
    »Sie sind verletzt.« Der fremde Engel hatte seinen Blick auf Raphaels beschädigten Flügel gerichtet. »Dann kann das andere warten.« Während er verlegen von einem Bein auf das andere trat, raschelten seine Flügel, und Elena wurde bewusst, dass sie sie gar nicht gesehen hatte. Mit gerunzelter Stirn und zusammengekniffenen Augen versuchte sie angestrengt, in der trüben Halle etwas zu erkennen– ohne Sonnenlicht wirkte das bunte Glas ganz matt–, aber außer einem undeutlichen Schatten sah sie nicht das Geringste.
    Sie musste einfach fragen: »Wo haben Sie denn Ihre Flügel?«
    Jason warf ihr einen unergründlichen Blick zu, dann breitete er schweigend einen Flügel aus. Kohlrabenschwarz war er. Der Flügel glänzte nicht, sondern schien im Gegenteil Licht zu absorbieren, die Flügelspitzen verschmolzen regelrecht mit der düsteren Umgebung. »Nicht zu glauben«, sagte sie. »Nachts sind Sie bestimmt ein teuflisch guter Späher.«
    Jason ließ seinen Blick von ihr zu Raphael gleiten. »Der Bericht eilt nicht, aber Sie sollten ihn sich trotzdem anhören.«
    »Ich bin in einer Stunde bei dir.«
    »Sire, wenn Ihnen die frühen Abendstunden auch recht wären, ich möchte noch einmal kurz etwas überprüfen.«
    »Gib mir Bescheid, wenn du so weit bist.«
    Mit einem kurzen Kopfnicken verabschiedete sich Jason. Elena sagte gar nichts, bis sie und Raphael sich gesäubert hatten und sich das Essen schmecken ließen, das Jeeves ihnen heraufgebracht hatte. »Dein Butler hat sogar meine Sachen gereinigt«, sagte sie, während sie im Schneidersitz auf seinem Bett saß. Die Kargohosen und ihr T-Shirt vom Vortag hatten gewaschen und gebügelt für sie bereitgelegen.
    Raphael zog eine Braue in die Höhe, er saß ebenfalls auf dem Bett, ein Bein hatte er untergeschlagen, das andere baumelte über der Bettkante, während der verletzte Flügel sorgsam ausgebreitet auf einer Decke lag, um so schnell wie möglich zu heilen. Zu ihrer Freude– und sie war zu erschöpft und entmutig, um sich hinsichtlich ihrer Gefühle für ihn etwas vorzumachen– hatte er sie gebeten, den kranken Flügel mit einer Salbe zu behandeln. Sie wusste sehr gut, dass das ein Gratmesser ihrer veränderten Beziehung war, diesmal wollte er sie während der Heilung bei sich haben. Diesmal war kein Dmitri da, der sie an einen Stuhl fesselte.
    »Das wage ich zu bezweifeln«, sagte er jetzt. »Montgomery ist hier der Boss und macht sich sicher nicht die Hände selbst schmutzig.«
    »Du weißt schon, wie ich es meine, Erzengel. Er ist die Haushaltsfee– nur besser!«
    »Irgendwie fällt mir der Gedanke schwer, Montgomery als Fee zu betrachten.«
    »Gib dir ein bisschen Zeit.« Genüsslich biss sie in ein Alles-was-draufpasst-Sandwich. »Jason ist also dein Spitzel. Oder sollte ich sagen: Meisterspitzel?«
    »Bravo, Gildenjägerin.« In nur drei Bissen hatte er die andere Hälfte des Sandwichs verspeist. »Auch wenn manch einer der Meinung ist, sein Gesicht sei dafür zu auffällig.«
    »Die Tätowierung– das muss wehgetan haben.« Sie zuckte zusammen, sie selbst war zu feige gewesen, sich tätowieren zu lassen. Ransom hatte versucht, sie zu überreden, als er sich sein Armband hatte stechen lassen. Als sie gesehen hatte, wie sein Blut aus den Poren quoll, hatte sie das nicht gerade zur Nachahmung animiert. »Was meinst du, wie lange es wohl gedauert hat?«
    »Genau zehn Jahre«, sagte Raphael und sah sie an, als könnte er bis auf den Grund ihrer Seele hinabsehen.
    Sie schüttelte den Kopf, während sie das restliche Sandwich vertilgte. »Verrückte gibt es wohl überall.«
    Raphael hielt ihr einen Apfel hin. »Willst du mal abbeißen?«
    »Führst du mich etwa in Versuchung, Erzengel?«
    »Du hast doch deine Unschuld schon verloren, Jägerin.« Mit einem scharfen Messer schnitt er eine Spalte heraus und schob sie ihr zwischen die Lippen. Fasziniert betrachtete er, wie sie hineinbiss. »Ich stehe auf deinen Mund.«
    Die träge Hitze, die sie in Raphaels Anwesenheit immer verspürte, schien sich plötzlich bis in den letzten Winkel ihres Körpers auszubreiten, ein

Weitere Kostenlose Bücher