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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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hatte der Mann nur schlicht und ergreifend eine Abneigung gegen Engel. In diesem Moment gefiel ihr der Gedanke recht gut. Denn wenngleich sie die Flügel der Engel bewunderte– über die innere Werte ihrer Besitzer machte sie sich keine Illusionen. »Innere Werte. Pah!« Verächtlich schnaubte sie, und da plötzlich landete er direkt vor ihr. Außer seinen Flügeln sah sie nichts mehr.
    Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück, und ehe sie sichs versah, war er schon im Haus und hatte die Tür hinter ihnen verriegelt. Verdammt, sie hasste es wie die Pest, dass er sie so aus der Fassung brachte, dass sie sich wie ein Grünschnabel bei der ersten Vampirjagd benahm. Wenn das so weiterging, würde sie noch jegliche Selbstachtung verlieren. »Was ist los?«, fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Begrüßen Sie Ihre Gäste immer so?« Auf seinen Lippen lag nicht die Spur eines Lächelns, trotzdem waren sie die pure Sinnlichkeit, üppig und äußerst verführerisch.
    Sie machte einen weiteren Schritt zurück. »Hören Sie schon auf damit.«
    »Womit?« Aufrichtige Verwunderung stand in diesen blauen, blauen Augen.
    »Schon gut.« Reiß dich zusammen, Elena. »Warum sind Sie hergekommen?«
    Einige Sekunden lang starrte er sie. »Ich möchte gerne mit Ihnen über die Jagd sprechen.«
    »Sprechen Sie.«
    Er schaute sich auf dem nie genutzten Treppenabsatz um. Die metallenen Stufen waren rostig, die einzige Glühbirne warf ein fahles gelbes Licht, das jeden Moment auszugehen drohte. Flackerte zweimal. Dann gab es kurz Ruhe. Dann flackerte es wieder zweimal. Diese Regelmäßigkeit machte Elena halb wahnsinnig. Offenbar fand Raphael es genauso scheußlich. »Nicht hier. Geleiten Sie mich zu Ihrer Wohnung.«
    Daraufhin verfinsterte sich Elenas Blick. »Nein. Das hier ist beruflich, wir fahren ins Hauptquartier der Gilde und benutzen eines der Besprechungszimmer.«
    »Für mich spielt das keine Rolle.« Er zuckte die Achseln, und Elena fiel auf, wie breit seine Schultern und wie kräftig geschwungen seine Flügel waren. »Ich kann in ein paar Minuten hinfliegen. Aber Sie werden mindestens eine halbe Stunde brauchen, vielleicht noch länger, denn auf dem Weg dorthin hat es einen Unfall gegeben.«
    »Einen Unfall?« In ihrem Kopf tauchten grausige Bilder von dem »Unfall« auf, über den sie gerade einen Bericht gelesen hatte. »Hatten Sie dabei Ihre Finger auch mit im Spiel?«
    Belustigt sah er sie an. »Wenn ich wollte, könnte ich Sie zwingen, alles zu tun, was ich will. Warum hätte ich mir dann solche Umstände machen sollen?«
    Seine unverblümte Art, ihr seine Macht und gleichzeitig ihre eigene Ohnmacht vor Augen zu führen, reizte sie, ihr Messer zu benutzen.
    »Sehen Sie mich nicht so an, Elena.«
    »Warum?«, fragte sie, getrieben von einem ihr bisher unbekannten Hang zum Selbstmord. »Haben Sie Angst?«
    Er beugte sich noch ein wenig näher über sie. »Meine Liebhaberinnen waren alle sehr kriegerisch. Stärke fasziniert mich.«
    Auf keinen Fall wollte sie sich auf dieses Spielchen einlassen, auch wenn ihr Körper anderer Meinung war. Ganz anderer Meinung. »Faszinieren Sie Messer auch? Denn wenn Sie mich anfassen, schlitze ich Sie auf. Dabei ist es mir vollkommen gleichgültig, ob Sie mich von der nächsten Brüstung stürzen.«
    Wie um nachzudenken, zögerte er. »So würde ich Sie bestimmt nicht bestrafen. Es wäre ja viel zu schnell vorbei.«
    Und Elena besann sich darauf, dass sie es hier nicht mit einem gewöhnlichen Mann zu tun hatte, sondern mit dem Erzengel Raphael, der einem Vampir jeden einzelnen Knochen im Körper gebrochen hatte, nur um aller Welt seinen Standpunkt deutlich zu machen. »Ich lasse Sie nicht in meine Wohnung, Raphael.« In ihre Zufluchtsstätte.
    Eine unausgesprochene Drohung lastete zentnerschwer auf der nachfolgenden Stille. Elena blieb ganz reglos, sie wusste, dass sie es für dieses Mal weit genug getrieben hatte. Zwar kannte sie ihren Wert, doch wusste sie auch, dass sie für einen Erzengel letztendlich entbehrlich war.
    Seine blauen Augen standen in Flammen, und die Luft knisterte vor Spannung. Um ein Haar hätte sie es darauf ankommen lassen und versucht, durch das enge Treppenhaus zu entkommen. Genau in diesem Moment sagte er: »Dann gehen wir eben zur Gilde.«
    Ungläubig blinzelte sie ihn an. »Ich komme mit dem Wagen hinterher.« Sie benutzte ein Fahrzeug der Gilde, denn wie die meisten Jäger war sie so oft außer Landes, dass sich ein eigenes Auto gar nicht

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