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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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ihr die Tür auf. Wortlos ging sie an ihm vorbei. Als er sich neben sie stellte und seine Flügel sie berührten, machte sie sich ganz steif und heftete ihren Blick starr auf die Fahrstuhltür. Sekunden später war der Aufzug bereits da, und sie stieg ein. Raphael folgte ihr. Für die Sinne einer geborenen Jägerin war sein Geruch wie Schmirgelpapier.
    Es juckte ihr in den Fingern, nach der Klinge zu greifen, fast schmerzlich sehnte sie sich danach. Sie wusste, dass der kalte Stahl sie beruhigen würde, selbst wenn das Gefühl von Sicherheit eine Illusion war und er sie erst recht in Gefahr bringen würde.
    Ich kann Sie in die Knie zwingen, Elena.
    Entschlossen presste sie die Zähne zusammen, bis ihr der Kiefer wehtat. Und als sich die Fahrstuhltür öffnete, stolzierte sie hinaus, ohne auf ihn zu warten– um gleich darauf erstaunt stehen zu bleiben. Offenbar herrschte hier eine andere Vorstellung von Firmendekor, sofern man es überhaupt noch als firmen-und geschäftstauglich beschreiben konnte. Der Teppich war von exquisitem Schwarz, ebenso die schimmernden Wände. Die einzigen Möbelstücke– ein paar kleine, dekorative Tische– hatten denselben exotisch anmutenden satten Ton.
    Es schillerte alles vor beinahe unsichtbaren Farben und Möglichkeiten.
    Blutrote Rosen, die in Kristallvasen kleine Tische schmückten, boten reichen Kontrast. Ebenso die Bilder an den Wänden. Wie hypnotisiert lief Elena darauf zu. Tausende von Rottönen in einem zornigen Tanz, der irgendwie logisch erklärbar schien und gleichzeitig sinnlich erfahrbar war, der von Blut und Tod erzählte.
    Raphael berührte mit einem Finger ihre Schulter. »Dmitri hat Talent.«
    »Fassen Sie mich nicht an.« Wie Eis rollten ihr die Worte von den Lippen. »Wo sind wir hier?« Sie drehte sich zu ihm um und musste sich sehr beherrschen, nicht nach ihrem Messer zu greifen.
    In seinen Augen loderten blaue Flammen, doch keine Gewalt. »Auf dem Stockwerk der Vampire– sie nutzen es, um… nun, Sie werden es gleich selbst sehen.«
    »Und warum muss ich das sehen? Ich weiß alles, was es über Vampire zu wissen gibt.«
    Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. »Dann wird es Sie ja auch nicht überraschen.« Er bot ihr seinen Arm, doch sie nahm ihn nicht. Unbeirrt lächelte er weiter. »Was für ein rebellisches Wesen. Woher haben Sie das nur? Von Ihren Eltern bestimmt nicht.«
    »Noch ein Wort über meine Eltern, und es ist mir absolut gleichgültig, ob Sie mich in Stücke reißen«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Ich schneide Ihnen das Herz aus dem Leib und verfüttere es an herrenlose Hunde.«
    Er zog eine Braue hoch. »Sind Sie denn sicher, dass ich ein Herz habe?« Mit diesen Worten schritt er den Flur entlang.
    Da sie nicht immer einen Schritt hinter ihm laufen mochte, schloss sie zu ihm auf. »Ein physisches vielleicht«, sagte sie. »Aber ein fühlendes Herz? Nie und nimmer.«
    »Was kann Sie eigentlich wirklich in Angst versetzen?« Er schien aufrichtig interessiert.
    Wieder hatte sie sich auf dünnes Eis begeben und war noch einmal davongekommen. Doch diesmal war es knapp gewesen, und sie fragte sich, wie versöhnlich Raphael wohl erst wäre, wenn er sie nicht mehr brauchte. Sie würde jedenfalls nicht so lange bleiben, um das herauszufinden.
    »Ich wurde als Jägerin geboren«, sagte sie und notierte sich im Geist, dass sie alles Nötige für eine Flucht in die Wege leiten musste. Sibirien hörte sich nicht schlecht an. »Nur wenige Leute machen sich klar, was das heißt, welches die zwangsläufigen Konsequenzen sind.«
    »Erzählen Sie mir davon.« Er stieß eine Glastür auf und ließ sie eintreten, bevor er die Tür wieder schloss. »In welchem Alter haben Sie erkannt, dass Sie Vampire wittern können?«
    »Das war eigentlich keine Erkenntnis.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe das schon immer gekonnt. Aber erst mit fünf habe ich begriffen, dass es ungewöhnlich war, abnormal.« Das letzte Wort war ihr so herausgerutscht, das Wort ihres Vaters. Sie kniff die Lippen zusammen. »Ich dachte, das könnten alle.«
    »So wie ein junger Engel denkt, jeder könne fliegen.«
    Ihre Neugier siegte über die Wut. »Ja.« Also gab es doch Engelskinder. Aber wo? »Ich wusste viel eher als alle anderen, dass unser Nachbar ein Vampir war. Eines Tages habe ich ihn aus Versehen verraten.«
    Deswegen hatte sie immer noch ein schlechtes Gewissen, auch wenn sie damals noch ein Kind gewesen war. »Er wollte für einen Menschen gehalten

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