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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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beschließen mochte.
    Der Maschendrahtzaun zu beiden Seiten des Geländes war zerfetzt, das Gebäude selbst über und über mit Graffiti beschmiert, ringsherum verdorrtes Gras. Alles wirkte verlassen, aber es roch nach verrottetem Müll… und etwas noch Fauligerem. Ihr kam die Galle hoch. »Okay. Zeig es mir.«
    Er wies mit dem Kinn auf das Lagerhaus vor ihnen. »Da drinnen.«
    Die riesigen Türen wurden geöffnet, obwohl er sehr leise gesprochen hatte. Ob er wohl mit all seinen Vampiren gedanklich kommunizieren konnte? Aber sie fragte ihn nicht, konnte es gar nicht. Denn der Geruch von Moder und Verrottung wurde auf einmal von dem Gestank einer Fäulnis überlagert, bei der sich ihr fast der Magen umdrehte.
    Blut.
    Tod.
    Die giftigen Ausdünstungen von Körpern in einem Raum, in dem die Luft stand.
    Sie kämpfte gegen die Übelkeit an. »Ich hätte nicht geglaubt, dass ich das einmal sagen würde, aber ich wünschte, Dmitri wäre hier.« In diesem Augenblick wäre ihr sein verführerischer Duft sehr willkommen gewesen. Unmittelbar danach senkte sich klarer, frischer Regenduft über sie. Sie inhalierte tief, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Nicht. Ich kann es mir nicht leisten, Spuren zu verfehlen. Aber danke trotzdem.« Dann blieb sie zögernd stehen, bevor sie sich endlich an den Ort des Schreckens begab.
    Das Lagerhaus war riesig, und die hohen, schmalen Fenster waren seine einzige Lichtquelle. Irgendwie irritierte es sie, mit welcher Kraft das Licht den Raum erhellte, bis sie Scherben unter ihren Füßen spürte. »Alle Fenster sind zerschlagen.«
    Raphael antwortete nicht, bewegte sich hinter ihr wie ein nächtlicher Schatten.
    Knirschend bewegte sie sich durch die Glasscherben bis zu einer Stelle, an der sich kein Glas auf dem Betonboden befand. Hier wollte sie sich konzentrieren, stand ganz still, öffnete suchend ihre Sinne.
    Tropf.
    Tropf.
    Tropf.
    Nein, dachte sie mit zusammengepressten Zähnen, das ist kein geeigneter Moment für Erinnerungen.
    Tropf.
    Tropf.
    Tropf.
    Auch als sie den Kopf schüttelte, wurde sie dieses Geräusch nicht los– ein sanftes Plätschern von Blut auf Beton. »Das Tropfen«, sagte sie, als ihr klar wurde, dass das Geräusch nicht in ihrem Kopf war. Angst schnürte ihr die Kehle zu, dennoch zwang sie sich, bis zum hinteren Ende des höhlenartigen Raums weiterzugehen.
    Langsam kam der Albtraum in Sicht.
    Zunächst einmal konnte Elena den Anblick gar nicht begreifen, wusste nicht, was sie eigentlich sah. Alles war an der falschen Stelle. Als hätte ein Bildhauer sämtliche Körperteile vertauscht und sie nun mit verbundenen Augen wieder zusammengesetzt. Dieses Bein– der Knochen war durch den Brustkorb einer Frau getrieben, ihr Oberkörper endete in einem blutigen Stumpf. Und die andere hatte wunderschöne blaue Augen, doch waren sie verrutscht, blickten sie aus einem klaffenden Schnitt am Hals an.
    Tropf.
    Tropf.
    Tropf.
    Und überall das viele Blut. Erfüllt von ungeheurem Entsetzen, starrte sie auf den Boden, sie befand sich mittendrin. Zum Glück flossen die Bäche nur träge, sodass man ihnen leicht ausweichen konnte. Aber aus den Körpern, die von einem Gewirr aus Seilen wie ein besonders makabres Mobile von der Decke hingen, tropfte es unaufhörlich weiter. Jetzt, da sie erst einmal den Blick nach unten gerichtet hatte, hatte sie keinen Mut mehr, wieder nach oben zu schauen.
    »Elena.« Das Rascheln von Raphaels Flügeln.
    »Noch einen Moment«, flüsterte sie mit belegter Stimme.
    »Du musst dir das nicht ansehen«, sagte er ihr. »Folge einfach nur dem Geruch.«
    »Bevor ich irgendwo hingehen kann, brauche ich erst einmal eine Geruchsprobe«, erinnerte sie ihn. »Was er Michaela geschickt hat…«
    »Michaela hat das Paket vernichtet. Sie ist hysterisch geworden. Sieh zu, was du hier herausfinden kannst. Wir werden später auch noch zu ihr gehen.«
    Sie nickte und schluckte einmal schwer. »Sag deinen Vampiren, sie sollen das Gelände verlassen, mindestens fünfhundert Meter Abstand in alle Richtungen.« Es gab zu viele Sinneseindrücke auf einmal, und es schien, als ob das viele Blut diese noch verstärken würde.
    »Schon geschehen.«
    »Wenn einer von ihnen Dmitris Eigenschaften besitzt, muss er völlig verschwinden.«
    »Es ist keiner darunter. Sollen sie noch einmal alle hereinkommen, damit du ihre Gerüche herausfiltern kannst?«
    An sich war das eine gute Idee, doch wenn sie diesem Irrsinn hier erst einmal den Rücken gekehrt hatte, würde sie sich nie wieder

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