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Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Gilde der Jäger 01 - Engelskuss

Titel: Gilde der Jäger 01 - Engelskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
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zurücktrauen. »Hatte einer von ihnen intensiven Kontakt mit den Toten?«
    Stille. »Illium hatte es auf sich genommen, nach Überlebenden zu suchen.«
    »Dass alle tot sind, ist doch wohl offensichtlich.«
    »Die Leichen auf dem Boden– ihr Los war nicht auf den ersten Blick erkennbar.«
    Die herabhängenden Körper hatten sie mit so viel Entsetzen erfüllt, dass sie diejenigen auf dem Boden gar nicht bemerkt hatte. Oder bemerken wollte. Jetzt hatte sie alles gesehen und bereute es. Im Gegensatz zu dem Albtraum über ihr sahen diese Leichen aus, als schliefen sie ineinander verknäult.
    »Wurden sie so hingelegt?«
    »Ja.« Eine unbekannte Stimme.
    Sie drehte sich nicht um, ging davon aus, dass es Illium war. »Sind Ihre Flügel blau?«, fragte sie und hüllte ihr Mitleid und ihren Kummer in schwarzen Humor. Diese Mädchen dort am Boden waren noch so jung, ihre Körper glatt und ohne jede Altersspuren.
    »Ja, aber mein Schwanz nicht, falls Sie das auch wissen wollen.« Er klang amüsiert.
    Beinahe hätte sie laut losgelacht. »Danke.« Diese Bemerkung hatte den albtraumhaften Bann gebrochen, und sie konnte wieder klar denken. »Ihr Geruch wird meinen Spürsinn nicht beeinträchtigen.« Ihre Nase war zehnmal besser als die der meisten Menschen, aber bei der Jagd war sie ein Bluthund, der nur auf Vampire abgerichtet war. Für sie war das normal. Dieses…
    Die Schritte entfernten sich. Sie wartete, bis sie das Schließen einer Tür vernahm. »Du hast ihm seine Federn genommen, und er bleibt trotzdem bei dir?« Ihr Blick glitt über die Toten. Eine Sinfonie aus heilen, ineinander verschlungenen Armen und Beinen, gebogenen Wirbelsäulen, gezeichnet nur durch graue Todeskälte.
    »Andere hätten ihm die Flügel genommen.«
    Ein Engel ohne Flügel. Dabei kam ihr wieder in den Sinn, wie sie selbst auf Raphael geschossen hatte. »Warum sind sie so fahl?« Die ethnische Zugehörigkeit der Leichen war beinahe unkenntlich. Kreidebleich, stumpfes Mahagoni, es spielte keine Rolle. Alle drei Mädchen waren so bleich, es schrie förmlich nach… »Vampir. Ein Vampir hat sich daran gelabt. Sie ausgetrunken.« Sie wollte gerade herantreten, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne. »Die Gerichtsmedizin ist noch nicht hier gewesen. Ich darf sie also nicht anfassen.«
    »Tu, was du tun musst. Niemand außer uns weiß davon.«
    »Und ihre Familien?«
    »Würdest du ihnen diesen Anblick zumuten?« Jedes Wort ein wütender Messerhieb. »Oder ihnen eine Geschichte von einem plötzlichen Flugzeugabsturz oder Autounfall auftischen, bei dem die Körper bis zur Unkenntlichkeit zerstört wurden?«
    Tropf.
    Tropf.
    Tropf.
    Umgeben von Tod und Blut, kämpfte sie mit den Erinnerungen an alte Schrecken und Ängste, die keine Zeit der Welt auslöschen würde. »Die anderen hat er nicht ausgesaugt. Nur diese drei.«
    »Mit den anderen hat er gespielt.«
    Und irgendetwas sagte ihr, dass dieses Ungeheuer die anderen vor den Augen der Mädchen abgeschlachtet und sich an ihrem Entsetzen geweidet hatte. Vorsichtig umging sie die tropfenden Leichen und trat näher an die blutleeren Mädchen heran. Sie ging in die Hocke und schob das lange schwarze Haar eines Mädchens beiseite, um seinen schlanken Hals freizulegen. »Stirbt ein Mensch auf diese Weise, dann ist der Geruch in der Regel dort am stärksten, wo das Blut abgezapft wurde«, sagte sie, einfach nur, um das unaufhörliche Tropfen von Blut auf Beton zu übertönen. »Oh Gott.«
    Plötzlich stand Raphael ihr gegenüber, die Art, wie er die Flügel gespreizt hatte, kam ihr eigenartig vor… bis sie merkte, dass er dem Blut ausweichen wollte. Ganz war es ihm nicht gelungen. Ein leuchtend roter Spritzer zierte eine seiner Flügelspitzen. Elena wandte den Blick ab und zwang sich dazu, sich wieder auf den zerfetzten Hals des Mädchens zu konzentrieren, das aus der Entfernung noch so friedlich ausgesehen hatte. »Das war keine Mahlzeit«, sagte sie. »Er hat ihr mehr oder weniger die Kehle herausgerissen.«
    Dann fiel ihr Michaelas »Lieferung« wieder ein, und ihre Augen wanderten zur Brust des Mädchens. Das Herz fehlte auch, es war ebenfalls mit roher Gewalt entfernt worden.
    »Einfach nur durch die Zähne zu trinken, hätte zu lange gedauert«, sagte Raphael, der sich immer noch bemühte, die Flügel vom Boden fernzuhalten. »Zu dem Zeitpunkt muss er schon kurz vorm Verhungern gewesen sein. Das Loch in seinen Reißzähnen war nicht groß genug.«
    Tatsächlich beruhigte sie sich nach dieser

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