Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Gilde der Jäger 02 - Engelszorn

Titel: Gilde der Jäger 02 - Engelszorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N. Singh
Vom Netzwerk:
hielt sie eng an den Körper gepresst, bis sie endlich aufrecht stand. Als sie sich umwandte, starrte Raphael sie mit diesen verführerischen überirdisch blauen Augen an, seine nackte Brust war schiere Verlockung, vom Sonnenlicht liebkost.
    »Elena«, rügte er sie leise.
    Mit geröteten Wangen wandte sie sich schnell ihrem kurzen, aber umfassenden Aufwärmprogramm zu. »So steif bin ich gar nicht.« Ihre Augen wanderten wieder zur diesem herrlichen Körper, den er ihr vorenthielt. »Könnte sein, dass ich heute Abend eine kleine Massage brauche.«
    »Das wäre der Versuchung wohl doch ein bisschen zu viel.«
    Schlagartig drängten sich Bilder von letzter Nacht in ihr Gedächtnis, wie seine Finger ihr Lust verschafft und er ihr mit seiner tiefen Stimme gleichzeitig all die sündig schönen Dinge ins Ohr geflüstert hatte, die er mit ihr anstellen würde. Eine Hitzewelle durchflutete sie, und schnell kehrte sie dem Gesicht, das selbst eine hartgesottene Jägerin in Versuchung bringen konnte, den Rücken zu und verschwand im Bad. Frisch geduscht fühlte sich Elena schon wieder ein bisschen menschlicher.
    Menschlich.
    Nein, das war sie ja gar nicht mehr. Aber ein Vampir war sie auch nicht. Elena fragte sich, ob ihr Vater sie wohl in dieser Form leichter akzeptieren würde oder ob sie in seinen Augen nun eine noch größere Abnormität darstellte.
    »Dann verschwinde endlich, verschwinde und wälze dich im Straßenkot. Komm nur ja nie wieder.«
    Noch immer tat ihr die Zurückweisung ihres Vaters weh, wie er sie durch das dünne Metallgestell seiner Brille hindurch angesehen hatte. Nach dem Tod ihrer Mutter hatte sie sich die größte Mühe gegeben, genau so zu sein, wie Jeffrey Deveraux sich eine Tochter, seine älteste lebende Erbin, gewünscht hätte. Doch ihr Leben war von da an ein Drahtseilakt gewesen, wobei das Seil ständig unter ihren verängstigten Füßen wegzurutschen gedroht hatte. In dem Großen Haus hatte sie sich nie wohlgefühlt, das Haus, das ihr Vater nach dem Blutbad, dem Tod und den wilden Schreien gekauft hatte. Aber sie hatte es immer wieder versucht. Bis das Seil eines Tages gerissen war.
    Tropf.
    Tropf.
    Tropf.
    Dein Durst spornt mich an, Jägerin.
    Vor Ekel machte sie sich ganz steif. »Nein.«
    Elena drehte das Wasser ab, stieg aus der Dusche und drückte sich das Handtuch auf das Gesicht. War dieses Flüstern echt gewesen? Musste es wohl. Nie würde sie diese dunkle, schmeichelnde Stimme und das hübsche Gesicht vergessen, hinter dem sich der Mörder verborgen hatte. Doch die Worte hatte sie vergessen, verdrängt. Diese Worte … und was darauf folgte.
    Elena.
    Rein, frisch, das Meer und der Wind. Sie hielt sich daran fest. Ich bin gleich da.
    Ich spüre deine Angst.
    Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte, also schwieg sie. Der Meeresduft und der frische, kalte Wind verzogen sich nicht. Einerseits fragte sie sich, ob er wieder heimlich in ihren Gedanken las, andererseits war sie auch froh, dass er sie nicht in einem Zuhause alleine gelassen hatte, das zu einem Schlachthaus geworden war. Raphael?
    Raphael erschien im Türrahmen. Ein Wesen, auf das sie einst in panischer Angst geschossen hatte. Ein Wesen, das jetzt ihre Seele in seinen Händen hielt. »Du brauchst mich?«
    »Wie viel weißt du?«, fragte sie ihn. »Von meiner Familie?«
    »Alles, was auf Tatsachen beruht. Bevor dich der Kader angeworben hat, habe ich dich eingehend überprüft.«
    Natürlich hatte sie das gewusst, doch nun, da sie ihm in die Augen blickte, musste sie schleunigst ihr empfindsames Herz verschließen. Denn Raphael könnte ihr wehtun. »Hast du dir von mir noch mehr als nur die Tatsachen beschafft?«
    »Was glaubst du denn?«
    »Ich glaube, du bist es gewöhnt, dir zu nehmen, was du möchtest.«
    »Ja!« Er nickte bedächtig.
    Ihr Herz setzte einen Schlag aus.
    »Aber«, sagte er, »langsam begreife ich den Wert dessen, was einem freiwillig gegeben wird.« Er ging quer durchs Zimmer auf sie zu und strich ihr mit der Hand über den empfindlichen Bogen ihres Flügels.
    Noch nie war er einem Menschen so nah gewesen, und Elena erzitterte angesichts seiner Anziehungskraft. Und als er dann sprach, waren seine Augen so unendlich blau wie die tiefsten Tiefen der See, grenzenlos und unbeschreiblich rein. »Ich habe dir jedenfalls nicht deine Geheimnisse gestohlen, Elena.«
    Wogen der Gefühle schlugen über ihr zusammen, drohten ihr den Boden unter den Füßen wegzuziehen. »Diese Antwort habe ich nicht

Weitere Kostenlose Bücher