Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)

der Wolkenkratzer ihren Aufgaben nachgingen. Die Sonne strahlte vom Himmel, und die Stadt glitzerte im gleißenden Licht wie ein geschliffener Diamant – kein Wunder, dass die anderen Kadermitglieder sie mit begehrlichen Blicken bedachten. Sie begriffen jedoch nicht, dass man diese Stadt nicht halten konnte, wenn man die Menschheit verachtete.
    Erzengel.
    Bei der Berührung dieser Stimme, in der ein Hauch von Frühling und Stahl lag, wandte er sich um und sah den unverwechselbaren Glanz von Elenas Haarschopf neben dem Turm auftauchen. Er sah zu, wie seine Gemahlin mit langsamen, kraftvollen Flügelschlägen auf ihn zuflog – sie war erst vor wenigen Monaten erwacht und flog doch schon mit solcher Anmut und Kraft. Komm mit mir mit, Gildenjägerin.
    Sie änderte die Richtung, um ihm über die Wolkenkratzer und das Rauschen des East River hinweg bis zum Dach eines kleinen Apartmenthauses zu folgen. Als er neben dem durchscheinenden blauen Wasser des Pools in der Mitte gelandet war, drehte er sich um und sah ihr zu, wie sie zu einer sanften Landung direkt neben ihm ansetzte, wobei die Spitzen ihrer Flügel morgengrau-golden schimmerten. »Du hast Landen geübt .«
    »Illium wollte mir gestern Nachmittag keine Pause gönnen, bevor ich nicht neun von zehn Versuchen schaffe. Und Montgomery hat frischen, köstlichen Pfirsichkuchen zu uns herausgebracht .« Der Versuch zu scherzen konnte nicht über den Schmerz in ihren Augen hinwegtäuschen.
    Groll rauschte durch seine Adern, ein kaltes, unbarmherziges Gefühl, das nicht vor Schmerzen und Tod zurückschreckte. »Was hat dein Vater gesagt ?«
    Sie fuhr sich mit der Hand übers Haar und schlenderte an den Blumenkübeln vorbei zum Rand des Pools, wo sie sich hinkauerte und gedankenlos die Finger durchs Wasser zog. »Nichts. Nur … den üblichen Mist .« Dann erzählte sie ihm von ihrer jüngsten Halbschwester, ihre Stimme kochte vor blanker Wut. »Jetzt kann er sich wirklich seine beschissene moralische Überlegenheit abschminken, nicht wahr ?«
    »Dein Vater scheint mir nicht der Typ Mann zu sein, der zugeben würde, dass er im Unrecht ist .« Nein, Jeffrey Deveraux war viel zu versessen darauf, um jeden Preis zu gewinnen.
    Sie erhob sich und schüttelte das Wasser ab. »Stimmt .« Dann tat sie etwas, womit er nie gerechnet hätte. Sie kam auf ihn zu und vergrub das Gesicht an seiner Brust.
    Vertrauen, dachte er, als er sie in den Schutz seiner Arme und seiner Flügel nahm, es lag ein solches Vertrauen in dem, was sie tat. »Ich habe eine Aufgabe für dich, Gildenjägerin « , sagte er, während er ihr über das helle, seidige Haar strich und ihren Haarknoten löste.
    »Gut .« Eine spröde Antwort.
    »Der Vampir, der gestern Blut vergossen hat, ist möglicherweise in diesem Gebäude. Du musst jagen .«
    Ein energetisches Summen fuhr in den Körper unter seinen Händen, dann löste sie sich aus seiner Umarmung und ging auf die Eingangstür zu. »Der Geruch war kräftig und markant, mit ungewöhnlichen Noten. Ich müsste ihn schnell eingrenzen können, wenn er irgendwo in der Nähe ist – oder war .«
    Sie, Elena, korrigierte er sie und dachte daran, wie er sie einst mit zwei gerade erschaffenen Vampiren getestet hatte. Sie war von ihrer zerrbildhaften, animalischen Erscheinung schockiert gewesen, doch bei ihrer Aufgabe hatte sie nicht gezögert. Nehas Attentäterin ist eine Frau.
    »Das passt zusammen .« Beim Öffnen der Tür hielt sie inne. »Hier ist es zu eng für Flügel. Es wäre taktisch unklug, hier stecken zu bleiben – und unnötig. Der Geruch von blühendem Oleander … ich kann ihn fast anfassen. Er ist zu stark, als dass sie nicht im Haus sein könnte .«
    »Es wird nicht schwer sein, sie da rauszukriegen « , sagte er, nachdem sie an seine Seite zurückgekehrt war. Doch das, was er sah, als er zum Fenster des Apartments hinunterflog, ließ ihn die Jagd abbrechen. Sie ist tot. Um ihren Hals liegt eine Schlinge – die sich mit ziemlicher Sicherheit als Schlange entpuppen wird.
    Elena ließ sich neben ihn sinken. Neha hat beschlossen, ihr Chaos in Ordnung zu bringen.
    Es scheint so. Dmitri wird den Abtransport der Leiche organisieren.
    Sobald sie draußen ist, möchte ich die Gelegenheit nutzen, den Geruch noch einmal zu überprüfen. Für alle Fälle.
    Sie flog ein Stück tiefer und wieder nach oben und strich sich mit einer unbeholfenen Anmut, die trotzdem nicht verhehlen konnte, was eines Tages aus ihr werden würde, die seidigen Haare aus den Augen.
    Hast