Gilde der Jäger: Engelsdunkel (German Edition)
ließ seine Zunge über den rubinroten Tropfen schnellen, der auf ihrer geröteten Haut bebte, und spürte den metallischen Geschmack des warmen Eisens auf seiner Zunge. Dann trat er zurück und hob sein Handgelenk.
Mahiya ergriff es behutsam mit beiden Händen und führte es an ihre Lippen. Die Berührung ihrer Lippen auf seiner Haut war so leicht wie die Flügel eines Schmetterlings. Als sie den Kopf hob, sagte sie: »Der Blutschwur ist besiegelt.« Ihr Gesichtsausdruck, in dem jede tiefere Emotion fehlte, wirkte verschlossen. Bis auf dieses einzige verräterische Anzeichen von Widerwillen war es, als befänden sie sich auf einer Cocktailparty und tauschten Höflichkeiten aus, so erstaunlich verhalten war ihre Reaktion.
Vielleicht war von dieser Prinzessin einfach nicht mehr zu erwarten, aber jeder einzelne von Jasons Instinkten raunte ihm das Gegenteil zu.
Ohne seine Aufmerksamkeit ganz von der rätselhaften Mahiya zu lösen, wandte er sich an Neha: »Was ist mit Eris?«
Lachend klatschte sie in die Hände. »Ach, was für eine Frage, direkt nach einem solch archaischen Akt!« Eine Erinnerung daran, dass ein solcher Schwur in den alten Zeiten, die in den Nebeln der Geschichte verschwunden waren, zwischen Liebenden geleistet worden war und der Blutaustausch eigentlich ein erotischer Kuss war. »Du bist wirklich kalt, Jason.«
Das hatte man ihm schon oft gesagt, und er stritt diese Tatsache nie ab, obwohl tief in ihm ein gewaltiger Kessel schwarzen Feuers loderte. »Aus ebendiesem Grund bin ich hier.«
»Natürlich. Begleite mich.«
Als Mahiya ihnen folgen wollte, schüttelte er den Kopf. »Ich möchte Sie nicht in meinem Rücken haben.« Sie war eine Unbekannte, und er hatte keine Ahnung, welche Gefahr sie für ihn darstellte. »Gehen Sie vor oder neben mir.«
Ihre verblüffend goldbraunen Augen blitzten auf, doch dann ging sie neben ihm … ein sehr leises Summen der Anspannung überlief ihre Schultern. Es war so raffiniert getarnt, dass es selbst Jason nicht aufgefallen wäre, hätte er nicht bereits aufmerksam nach Hinweisen auf die Frau hinter der Maske Ausschau gehalten. Wie es schien, hatte auch Mahiya nicht gern jemanden im Rücken. Ungewöhnlich für eine »Zierde« am Hof, insbesondere für eine Prinzessin, die an ein Gefolge gewöhnt sein musste.
Neha sagte nichts mehr, bis sie den Palast erreichten, von dem aus man über die Stadt blicken konnte. Die breiten Türen wurden von zwei Engeln bewacht, die sowohl mit Schwertern als auch mit Pistolen bewaffnet waren. »Geh bei dieser Untersuchung mit dem Respekt vor, den mein Gemahl verdient.«
Als er merkte, dass der Erzengel sie nicht begleiten würde, wartete Jason ab, bis Neha gegangen war, bevor er den Palast betrat. Mit mattem, misstrauischem Blick öffneten ihm die Wachen die Türen. Der Verwesungsgeruch traf ihn sofort beim Eintreten und verriet ihm, dass Eris trotz all der Zeit, die bis zu Jasons Ankunft in der Festung verstrichen war, noch immer darin lag.
Neha liebte Eris und hätte nie zugelassen, dass sein geschändeter Körper zur Schau gestellt würde, also musste es eine rationale Entscheidung gewesen sein, den Tatort zu erhalten. Das hätte er nicht von ihr erwartet, nachdem er bei ihrem Gespräch mit Raphael den Wahnsinn in ihren Augen gesehen hatte – obwohl er damit hätte rechnen müssen. Trotz ihrer Verluste in der vergangenen Zeit war Neha stark, nicht nur an Macht, sondern auch an Geist. Das würde er lieber nicht noch einmal vergessen.
Die Flügel eng an den Rücken angelegt, um jede versehentliche Berührung mit irgendwelchen Gegenständen im Palastinneren zu vermeiden, fragte er: »Wo ist Eris?« Er hätte einfach dem Verwesungsgeruch folgen können, um zu der Leiche zu gelangen, aber irgendwie musste er mit dieser Frau ins Gespräch kommen, die stumm neben ihm stand.
Mahiya war ein Geheimnis, und Jason mochte keine Geheimnisse.
Also würde er sie enträtseln.
5
»Hier entlang.« Mahiya ging voraus. Mit jeder Faser ihres Körpers war sie sich des schwarz geflügelten, schwarz gekleideten Engels neben sich bewusst … der sie faszinierte. So wie ein Kind von der schimmernden Schneide eines Messers fasziniert ist und mit dem Finger darüberstreichen will, um herauszufinden, ob sie wirklich so scharf ist.
Eine solche Faszination endete stets blutig.
Und doch konnte sie ihre Reaktion nicht unterdrücken, denn er war anders als alle anderen Männer, denen sie bisher begegnet war. Ein Mann, der sein glattes,
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