Gildenhaus Thendara - 7
und milde, texturierte Massen. Die Gabel in ein eigentümlich rotes Zeug steckend, erkundigte Jaelle sich, was es sei, und Bethany zuckte die Schultern. „Die Ration des Tages; irgendein synthetisches Karbo-Protein, nehme ich an. Was es auch sein mag, es ist angeblich gut für einen” Dessen ungeachtet aß sie ihre Portion mit Appetit auf, und Jaelle versuchte, wenigstens etwas hinunterzuwürgen.
„Das Essen in der Haupt-Cafeteria ist besser”, erzählte Bethany, „dafür geht es hier schnell. Ich weiß, das war ein langweiliger Vormittag, aber so ist es immer bei einem neuen Job”
Langweilig? Jaelle dachte an ihre letzte Aufgabe: Mit ihrer Partnerin Rafaella hatte sie eine Handelskarawane nach Dalereuth organisiert. Einen Tag hatten sie für Gespräche mit ihrem Auftraggeber gebraucht. Sie mußten herausfinden, was für Männer und wie viele Tiere er hatte, die Packtiere inspizieren und die Lasten berechnen, die Sattelmacher besuchen und geeignetes Geschirr herstellen lassen. Jaelle hatte die Männer nach ihren Vorlieben beim Essen befragt, hatte Vorräte eingekauft und ihre Auslieferung arrangiert. Monoton vielleicht und harte Arbeit, aber gewiß nicht langweilig!
Die Speisen waren ihr zu ungewohnt, als daß sie viel davon hätte verzehren können, und wäre sie nicht heißhungrig gewesen, nachdem sie heute morgen ohne Frühstück weggegangen war, hätte sie überhaupt nichts hinunterbekommen. Alles hatte zu wenig Biß, es war zu süß oder zu salzig, und einmal geriet ihr ein Geschmack von so feuriger Bitterkeit auf die Zunge, daß sie spucken mußte. Wenigstens versuchte Bethany, freundlich zu sein.
Im Geist alle Ereignisse noch einmal durchgehend, stellte Jaelle fest, daß sie immer noch zornig über die Zumutung war, nackt zwischen zwei Reihen von Maschinen hindurchzugehen. Keiner der Männer war beleidigend gewesen, sie hatten keine Notiz davon genommen, daß sie eine Frau war. Aber sie hätten Notiz davon neh
men sollen - nicht etwa, indem sie sie unverschämt ansahen, sondern indem sie anerkannten, daß es ihr peinlich war, sich vor fremden Männern zur Schau stellen zu müssen. Vielleicht hätte man ausschließlich Frauen damit beauftragen können, die Maschinen zu bedienen, nur um zu zeigen, daß man Verständnis für ihre natürlichen Gefühle hatte. Jaelle verabscheute den Gedanken, daß man sie als Nichts betrachte, als eine weitere Maschine, die zufällig lebte und atmete, eine Maschine, die niemand beachtet hätte, wäre da nicht die Tatsache gewesen, daß sie die vorgeschriebene Uniform nicht trug! Eine Ansammlung von Knochen und Organen, hatte Bethany gesagt. Jaelle fühlte sich entpersönlicht, als hätten diese Leute sie, als sie sie wie eine Maschine behandelten, zur Maschine gemacht.
„Zwinge dich nicht, das Zeug zu essen, wenn es dir nicht schmeckt” Bethany hatte Jaelles Kampf mit den Speisen bemerkt. „Früher oder später wirst du herausfinden, was du magst und was nicht, und in deiner Wohnung kannst du Eingeborenen-Essen - oh, Verzeihung, ich meine natürlich gekochtes Essen - bekommen, Dinge, an die du gewöhnt bist. Manche Leute ziehen eben synthetische Nahrungsmittel vor - die Alphas, zum Beispiel, weigern sich aus religiösen Gründen, irgend etwas zu essen, das einmal lebendig gewesen ist, weshalb wir für sie eine vollständige synthetische Diät zusammenstellen müssen, und es ist einfacher und billiger, damit das gesamte Personal hier oben zu versorgen. Es schmeckt gar nicht so schlecht, wenn man sich daran gewöhnt hat”, plapperte sie weiter. Jaelle versuchte, sich eine Welt auszumalen, auf der alle Menschen dieses Zeug aßen, nicht weil es bequem oder billig war, sondern weil sie religiöse Skrupel hatten, etwas hinunterzuschlucken, das einmal mit Leben erfüllt gewesen war. Im Grunde zeugte das von einer sehr hoch entwickelten Ethik. Aber sie hatte im Augenblick andere Probleme. Mittlerweile immun gegen Schocks geworden, warf Jaelle ihren halbgeleerten Teller in einen der überall herumstehenden Abfallbehälter und beobachtete, wie der Schleim abfloß. Kein großer Verlust, dachte sie. Wieder in einem der oberen Stockwerke angelangt, überkam sie in einem der großen, fensterlosen Büroräume das Unbehagen einer beginnenden Klaustrophobie. Es störte sie, nicht zu wissen, ob sie sich im vierten oder im vierundzwanzigsten Stock befand. Sie sagte sich, daß sie nicht erwarten dürfe, bei den Terranern werde ihr alles vertraut sein, und wenigstens sei es eine neue
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