Gildenhaus Thendara - 7
sollte.
„Kommunikation, bitte. Bethany, ist es irgendwem gelungen, Botschafter Li aufzuspüren?”
„Er hat eine Nachricht für dich hinterlassen, Jaelle. Komm und hol sie dir ab, wenn du kannst.”
Jaelle sah auf die beinahe fertiggepackten Satteltaschen und war versucht, Bethanys Aufforderung zu ignorieren. Die Terraner hatten die Bedingungen ihres Arbeitsvertrages öfter als einmal gebrochen und waren jetzt sogar in ihre Privatsphäre eingedrungen, indem sie ihre Schwangerschaft zu einem offiziellen Bestandteil des Archivs machten. Das gab ihr das Gefühl, ebenso rücksichtslos sein zu dürfen.
Aber sie wollte nicht auf das Niveau dieser Leute hinabsteigen. Sie hatte die persönliche Verantwortung für das Wohlergehen eines bestimmten Würdenträgers übernommen, und sie konnte ihn nicht im Stich lassen.
„Ich bin gleich da”, sagte sie zu Bethany und ließ die sich bauchenden Satteltaschen auf ihrem Bett liegen. Das würde Peter ihren Standpunkt deutlich klarmachen, wenn er hereinkam und es sah. Seine Schmeicheleien hatten nicht gewirkt. Was er auch sagen oder tun mochte, ihre Entscheidung stand unwiderruflich fest.
Bethany begrüßte sie in der Kommunikationsabteilung mit einem beunruhigten Lächeln.
„Oh, Jaelle! Ist das deine Amazonentracht - entschuldige, die Kleidung einer Entsagenden? Gehst du ins Feld? O ja, natürlich, du wirst Alessandro Li folgen, nicht wahr?”
„Was meinst du, Beth?”
„Ich habe den ganzen Tag nach dir gesucht, aber du warst an keiner der Stellen, wo ich dich vermutete. Li hat heute morgen ganz früh eine Nachricht für dich hinterlassen…”
Heute morgen. Da hatte sie Monty auf seinen Ritt nach Aldaran vorbereitet, und dann war der lange, dumme Streit mit Peter gewesen…
„Du weißt, daß ich oben im Büro des Koordinators war”, warf sie Bethany vor, doch diese schüttelte den Kopf.
„Li hat mir eingeschärft, ich dürfe dir die Botschaft nicht da ausrichten, wo Montray davon hören könne, bis er mindestens 28 Stunden fort sei. Du weißt, was er von Montray hält”
„Diese Botschaft…”
„Ich verstehe sie nicht ganz”, sagte Beth. „Er gab sie mir und sagte, er wolle sie nicht im Computer gespeichert haben. Das ist natürlich gegen die Vorschriften, aber du weißt, wie es ist, der Chef hat recht, auch wenn er unrecht hat. Er sagte, er habe Informationen über diesen Mann erhalten…” Bethany betrachtete einen bekritzelten Notizzettel auf ihrem Schreibtisch. „Andrew Carr war der Name - sagt dir das etwas? Li will in die Kilghardberge nach Armida reiten, und du sollst ihn unterwegs einholen. Jaelle, was ist los? Du siehst irgendwie komisch aus…”
In die Kilghardberge. Hinein in ein Unwetter, wie es im Sommer selten vorkam, hinein in eins der unwegsamsten und unübersichtlichsten Gebiete Darkovers. Und das allein? Sie fragte, und sie
kannte die Antwort schon, aber sie hoffte, sie bilde es sich nur ein: „Wer ist mit ihm geritten, Bethany? Er hat doch darkovanische Führer mitgenommen und so weiter?” Nein. Das war es, was sie für Monty geplant hatte - eine gut ausgerüstete Expedition, begleitet von der erfahrenen Bergführerin Rafaella und ihren Leuten. Aber sie hätte etwas Ähnliches für Li organisieren können, wenn Peter sie nicht aufgehalten hätte. Li wußte, daß sie die Fähigkeit dazu besaß, und plante, sie als Führerin und Leibwächterin mitzunehmen, gemeinsam mit ihr Thendara zu verlassen sie brauchte nicht einmal ins Gildenhaus zurückzukehren und ihr Versagen einzugestehen! Doch den ganzen Tag war sie auf Hindernisse gestoßen. Erst hatte sie sich um Monty kümmern müssen, dann kam der idiotische Streit mit Peter. Was schuldete sie ihm? Die Pflicht hatte Vorrang, die einfache Tatsache, daß sie geschworen hatte, für Li und seine Sicherheit die persönliche Verantwortung zu übernehmen. Und er war allein aufgebrochen, ritt über fremde Straßen, und es braute sich ein fürchterliches Unwetter zusammen - sie hätte ihn zumindest überredet, so lange zu warten, bis der Sturm vorbei war.
Ich muß ihm folgen, und zwar schnell, dachte sie. Sie dankte Bethany für die Übermittlung der Nachricht in einem ganz normalen Ton, der nichts von ihrer Aufregung verriet. Li war auf Carrs Fährte, und Carr hatte den Mittsommer-Ball kurz vor Mitternacht verlassen. Vielleicht hatte er das Wetter mit seinem Sternenstein überprüft und festgestellt, daß er sofort losreiten mußte, wenn er sicher nach Armida - oder bis zu einem am Weg gelegenen Haus,
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