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Gilgamesch - Der Untergang

Gilgamesch - Der Untergang

Titel: Gilgamesch - Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Geist
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und verschwand im Schneegestöber. Sein Bild auf dem Bildschirm der Kamera erlosch.
    Er hatte diese Welt verlassen und war in seine Welt zurückgekehrt, dachte Sven, dann drehte er sich um und eilte auf dem Wall zurück zum Bus. Es war das Zünglein an der Waage gewesen, der letzte Beweis, der nötig war, um ihn zu überzeugen.
    Diese Geschichte konnte nicht mit dem Verstand gelöst werden. Er wusste nun mit Bestimmtheit, dass eben diese Rationalität, auf die er so stolz gewesen war, die ihm Lob seiner Vorgesetzten eingebracht und ihm viele Fälle zu lösen geholfen hatte, versagen würde.
    Eine der größten Errungenschaften menschlicher Intelligenz, vollgestopft mit Hightech-Instrumenten und Kontrollsystemen, die das Fliegen so sicher machen sollten wie einen Spaziergang, war am primitiven Steinwall eines keltischen Heiligtums zerschellt. Die Ingenieure und Technokraten hatten sie wie einen gigantischen Pfeil gegen das Bollwerk geschleudert, und wieder hatte es den Angriff abgewehrt, sein Geheimnis bewahrt vor dem Zugriff der Vernunft, die keine Götter brauchte. Es hatte viele Todesopfer gegeben, doch schuld war die Arroganz der Menschen.
    Er hatte es begriffen. Die Wahrheit, die in der langen Geschichte der grob behauenen Steinquader lag, kam aus einer anderen, einer mächtigeren Welt. Man konnte sich ihr nähern, doch dazu musste man Weisheit in der Tiefe seines Herzens suchen, musste man selbst Druide werden, der sich dem Rauschen der Blätter, dem Murmeln der Flüsse hingab und in den Sternen las, deren Geschichte die Geschichte der ganzen Menschheit seit ihren frühesten Anfängen tausendfach umfasste.
    Er war einer von ihnen, ein Mann der Rosenbruderschaft, die sich jetzt bekannten zu ihrer Aufgabe, die sich als Druiden versammelten, um an einem machtvollen Ort die alten Götter zu beschwören, und die am Ende des Äons ein neues Kapitel aufschlugen. Es war ihre Aufgabe, die ersten Worte auf die leeren Seiten zu prägen und den ersten Schritt zu gehen, der die Richtung vorgab für Jahrhunderte.
    Sven erreichte den Bus, erklärte den Wartenden, wo die Maschine niedergegangen war und schwang sich hinter das Steuer. Nach einer kurzen Erklärung ließ er seine sprachlosen Kollegen bei den französischen Einheiten zurück, startete den Transporter und raste alleine in die Nacht hinein, zurück nach Calw.

51.
     
    Der seltsame Anruf aus Deutschland ließ Steve keine Ruhe. Eine alte Geschichte, die er längst vergessen oder verdrängt hatte, war plötzlich wieder zum Leben erwacht.
    Seine Eltern waren Mitglieder eines kleinen Klubs gewesen, der sich Fraternitas Rosae nannte, und dessen Ursprünge im mittelalterlichen Europa liegen sollten.
    Er war irritiert. Der junge Mann, der ihn angerufen hatte, machte auf ihn keinen verrückten Eindruck.
    Martin Hesse war Wirtschaftswissenschaftler, und was er der Homepage des Institutes in Hohenheim über ihn entnahm, klang wie der Werdegang eines ambitionierten Akademikers.
    Umso fantastischer klang die Geschichte, die er und sein Vater, der Großmeister der Fraternitas Rosae in Deutschland, soeben erzählt hatten. Er sollte einer jener vier Ritter sein, die die hereinbrechenden Katastrophen am einundzwanzigsten Dezember abwenden könnten.
    Nun, davon war er selbst überzeugt, wenn auch aus einem anderen Grund, denn er musste dem Präsidenten immer noch begreiflich machen, dass das Abfeuern der Atomraketen auf die Position des Schwarzen Loches erst die Kollision mit der Erde ermöglichte, da sich das Wurmloch schließen und das UMO nicht in ihm verschwinden würde. 
    Dennoch war der Gedanke so abwegig wie neu, dass dies mit einer uralten Prophezeiung zusammenhängen sollte.
    Er hatte in einer halben Stunde einen Termin bei einem der engsten Berater des Präsidenten, Mister Henry Jones.
    Henry Jones war ein gutmütiger Kongressabgeordneter aus einer alten Südstaatenfamilie, die sich nie mit dem Makel der Sklavenhaltung befleckt, sondern für die Rechte der schwarzen Bevölkerung gekämpft hatte in einer Zeit, als dies noch sehr gefährlich war. Deshalb hatte diese Familie auch keine sagenhaften Reichtümer angehäuft. Wie als Belohnung für ihre Standhaftigkeit und ihr Einstehen für die Gleichberechtigung aller Rassen und Hautfarben war nun Henry Jones in eines der einflussreichsten Ämter des Landes aufgestiegen.
    Der schwarze Präsident schmückte sich einerseits gerne mit diesem weißen Mann, dem die Herzen aller Amerikaner außer der ewig Unverbesserlichen zuflogen,

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