Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02
Lachen.
»Du weißt nicht, was für andere Leute wertvoll ist«, versetzte Sarah. »Nicht alles Schöne hat ein Preisschild.«
»Ja«, fügte ich hinzu. Ich war India und ihre snobistische Freundin leid. »Harriet hängt an der Kette, weil ihre Mutter sie ihr gegeben hat. Genügt euch das nicht?«
India sah wütend aus, aber sie verzog den Mund zu einem falschen Lächeln. »Als wenn du erkennen könntest, was schön oder wertvoll ist, Johnson. Ich gehe nicht davon aus, dass du ein kostbares Schmuckstück in deinem Schrank versteckst, oder? Hast du irgendein Familienerbstück zwischen deine Ersatzsocken gestopft?« Ihre Worte waren spöttisch, aber ich hatte das Gefühl, als würde ich rot werden.
»Natürlich nicht.«
»Komm schon, Indy, verschwende deine Zeit nicht mit
diesen Versagern«, sagte Celeste. »Ich will mich vergewissern, dass Josh Saphir ordentlich gestriegelt hat.« Sie zog India mit sich.
»Wir gehen besser auch«, sagte Helen. »Erkundigen wir uns, ob es Harriet gut geht.«
Wir gingen den Korridor entlang zu der Marmortreppe. Sarah senkte die Stimme. »Das kann kein Zufall sein, diese ganze Sache mit dem Schmuck abgeben. Ich frage mich, ob es ein abgekartetes Spiel ist. Ich bin mir sicher, dass Raglan irgendwas im Schilde führt. Sie sucht sicherlich nach …« Sie brach ab und sah sich vorsichtig um.
»Nun, zumindest ist er in Sicherheit«, sagte ich. »Und wir haben heute Nacht zu tun.«
»Was, unten in der Grotte? Aber das geht nicht, der Hexenzirkel hat dort letzte Nacht alles niedergetrampelt. «
»Nein, nicht da«, flüsterte ich. »Trefft mich um Mitternacht an der Dienstbotentreppe.«
Um Mitternacht. Es konnte gar nicht schnell genug so weit sein. Da war etwas, an das ich mich erinnerte, etwas, das ich unbedingt tun wollte.
Wir verschlossen sorgfältig die Tür zum Korridor hinter uns und standen auf dem Absatz der Dienstbotentreppe.
Ich richtete die Taschenlampe auf die zerbrochene Holzplatte, die ich letztes Mal bemerkt hatte. Sarah und Helen sahen sich angesichts meiner Entdeckung überrascht an, dann halfen sie mir, das restliche verrottete Holz zu entfernen. Wir arbeiteten so leise wir konnten, und schon bald hatten wir ein gähnendes schwarzes
Loch, das groß genug war, um hindurchzuklettern und so zu den dahinterliegenden Stufen zum Dachboden zu gelangen. Die Stufen waren schmal, und die Luft roch feucht und schimmlig. Ich zögerte einen Moment, aber Sarah stieß mich sanft von hinten an, und so ging ich voraus, hielt meine Taschenlampe fest und duckte mich, um den herabhängenden Spinnweben zu entgehen.
Wir stiegen die zerbröckelnden Stufen hinauf und kamen auf einer offenen Fläche — einer Art Holzplattform — heraus. Am einen Ende befand sich ein Giebel mit einem schmutzigen Fenster, das einen verwaschenen Klecks aus Mondlicht hereinließ. In der anderen Richtung gab es nicht einen großen Speicher, wie ich es erwartet hatte, sondern eine Reihe verlassener Zimmer, die sich unter den Dachsparren des Hauses auszubreiten schienen, noch dazu viel weiter, als wir erkennen konnten. Staub lag dick wie ein Teppich auf dem nackten Boden, und es herrschte eine durchdringende Stille. Es kam mir fast vor, als wäre es falsch, den Bann dieses Ortes zu brechen. Früher einmal hatten hier oben die viktorianischen Dienerinnen — junge Mädchen wie wir — geschlafen, nachdem sie ihre Arbeit in dem großen Haus erledigt hatten. Sie hatten gearbeitet und geträumt und Geheimnisse gehabt, und jetzt war keine Spur mehr von ihnen übrig.
Ich griff nach der Klinke der nächsten Tür und öffnete sie. Ein kleiner Raum, vollgestopft mit alten Kisten und zerschrammten Koffern, die vielleicht im Laufe der Jahre von ehemaligen Wyldcliffe-Schülerinnen zurückgelassen worden waren. Es war nicht genug Platz für uns, um dort zu arbeiten, also schlichen wir weiter und versuchten es mit einer anderen Tür. Sie war abgeschlossen.
»Ich hoffe, sie sind nicht alle abgeschlossen wie die hier«, sagte ich ungeduldig und rüttelte am Türgriff. Dann fiel mir etwas auf. Es gab kein Schlüsselloch, und trotzdem war die Tür fest verschlossen.
»Vielleicht klemmt sie einfach nur, weil sie so alt ist«, gab Helen zu bedenken.
Ich versuchte, die Tür aufzuschieben, indem ich mit der Schulter dagegendrückte, aber es war zwecklos. »Es ist ein Riegel davor«, sagte ich. »Von der anderen Seite.«
»Lass mich mal sehen«, sagte Sarah. Sie legte ihre Hände an die Tür und tastete sie ab, ruhig und
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