Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02
Zärtlichkeit. Wenn ich ihn kennen gelernt hätte, bevor das alles hier angefangen hat, hätte es mir vielleicht etwas bedeutet, aber jetzt ist es zu spät. Ich gehöre zu Sebastian, und nichts kann das jemals ändern. Oh, Dad, ich habe solche Angst. Ich wollte nie, dass all das geschieht. Ich wollte mich nie verlieben ...
Manche Dinge konnte man unmöglich aussprechen. Ich schlief in dieser Nacht nicht. Nach und nach verließen Helen, Sarah und ich unsere Schlafsäle und gingen zum verborgenen Dachspeicher hoch. Ich kam als Letzte, und ich versteckte ein kleines Bündel unter meinem Morgenmantel. Helen und Sarah drängten sich neugierig an mich, als ich das Buch vorzeigte und es an der richtigen Stelle aufschlug.
Wie man das Geheime Feuer beschwört.
Es gibt hin und wieder seltene Seelen, die gerufen werden, um sich der heiligen Flamme anzunehmen, die ein Funke des großen Ofens der Schöpfung ist. Diese Frauen, denn es sind Frauen, brauchen weder Anweisungen noch ein Ritual. Sie werden ihr Element finden, wie ein Vogel Kontakt mit der Luft aufnimmt, oder wie ein Kind sich mit der Mutter verbindet, was bedeutet, durch die Natur allein. Und doch ist es auch möglich, sofern das Herz rein ist, das Feuer durch Mühe und Hartnäckigkeit zu erreichen.
»Hier! Da am Rand«, sagte ich. Jemand hatte mit einem Stift Bemerkungen an den Rand geschrieben. »Sebastian … Das ist seine Schrift, da bin ich mir sicher.«
Helen hielt die Kerze dichter an das Blatt, um die kaum leserlichen Worte entziffern zu können. »Ich habe es mehrmals versucht«, las sie langsam. »Jedesmal habe ich versagt und bin von der Macht zurückgewiesen worden. Und doch muss ich es schaffen, auch wenn es den letzten Tropfen meines Blutes kostet.«
»Er hat es nie geschafft«, sagte ich. »Nur Agnes konnte das heilige Feuer erreichen, und sie brauchte dafür das Buch nicht.«
»Bist du bereit, es zu versuchen, Evie?«
»Ich bin bereit.«
Helen stellte die Kerzen in einem Kreis um uns herum auf. »Mögen alle unsere Tage dem Licht der Lichter gefällig sein; mögen sie so klar und rein sein wie die Morgenluft. «
Dann legte Sarah eine Reihe frischer Immergrün-Blätter zwischen die flackernden Kerzen. »Mögen unsere Gedanken so stark sein wie die Bäume, die in der Erde wachsen; mögen sie Früchte tragen, die gut und förderlich sind.«
Ich schöpfte mit den Händen Wasser aus einem der Steinkrüge und ließ die glänzenden Tropfen auf das Grün fallen. »Mögen unsere Leben gereinigt werden; möge unser Geist unbefleckt sein.«
Wir streckten die Hände aus und sangen zusammen: »Möge dies unser Kreis des Schutzes und des Wissens sein. Mögen die Mystischen Riten beginnen.«
Ich kann nicht alles verraten, was wir getan haben.
Aber als wir so weit waren, verbrannten wir das Öl und die Kräuter, wie es in dem Buch beschrieben stand, und sahen zu, wie der Rauch zum Dach aufstieg. Dann schloss ich die Augen, während Sarah den Silberdolch gegen meinen nackten Arm drückte und einen einzigen Blutstropfen in die rauchende Mischung fallen ließ.
Das Blut unserer Adern ... das Feuer unserer Begierden ... zeige uns das Feuer ... das Feuer des Lebens ...
Ich stürzte. Die Luft rauschte um mich herum wie das Schlagen von Engelsflügeln. Ich wirbelte in die Dunkelheit, und die Stimmen von Sarah und Helen verloren sich. Ich war ganz allein im ganzen Universum. Dann war da ein Licht vor mir, und alles wurde langsamer. Ich war im Herzen einer tiefen Höhle angekommen, und das Licht vor meinen Augen war so strahlend, dass ich kaum ertragen konnte, es anzusehen. Aber ich hatte keine Wahl. Irgendwie näherte ich mich und sah, dass das Licht von einer Säule aus zuckendem Feuer kam, große Flammen, die sich silbern und rot und blau, orange und purpurn und weiß wanden, wie lebendige Diamanten. Die Hitze war schrecklich, und ich hatte Angst, dass ich wie ein trockenes Blatt verbrennen würde, aber gleichzeitig wusste ich, dass ich nach der Flamme greifen musste. Als ich es versuchte, wurde ich von der Gewalt der Flamme zurückgestoßen, und eine Stimme schien zu sagen: »Du kannst dich dem heiligen Feuer nicht nähern; es ist nicht für dich. Das lebendige Wasser ruft dich, Schwester. Geh zurück, du gehörst nicht hierher.«
»Nein«, rief ich verzweifelt. »Du musst mich zu dir lassen. Ich bin hierhergeschickt worden; Agnes hat mich geschickt. «
Dann schien die Stimme – oder waren es die Gedanken in meinem Kopf, so genau wusste ich es nicht –
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