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Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02

Titel: Gillian Shields - Die Schwestern der Dunkelheit - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das heilige Feuer
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wusste ich, dass sie mit leeren Händen dastand.
    Miss Raglan stapfte aus dem Speisesaal, und die Mädchen schlossen sich zu kleinen Gruppen zusammen. Sie waren ein bisschen schockiert über die Szene, die wir gerade erlebt hatten. Irgendwie taten sie mir leid. All diese blonden, hübschen Lucys und Camillas und Carolines wären noch nicht einmal im Traum auf die Idee gekommen, sich etwas zu nehmen, das ihnen nicht gehörte, und trotzdem hatten sie eine Strafpredigt über sich ergehen lassen müssen wie gewöhnliche Straßenkinder. Zuerst war die Oberste Mistress verschwunden; jetzt gab es eine Diebin in Wyldcliffe. Ihre kleine Welt begann, Risse zu bekommen. Celeste und India hielten Hof und verbreiteten ihre Ansichten mit seidenweichen Stimmen, die vor Verachtung förmlich troffen.
    »Nun, bei Helen Black würde ich es nicht für völlig ausgeschlossen halten«, sagte Celeste. »Die ist völlig bescheuert, und alle wissen, dass sie so gut wie kein Geld hat. Wenn dieses blöde Buch wirklich ein Vermögen wert ist, würde sie es sicher nur zu gern in die Finger kriegen. Ich persönlich würde diese Stipendiatinnen in Wyldcliffe nicht dulden.« Sie sah mit finsterem Blick in meine Richtung.
»Die senken wirklich das Niveau, findest du nicht, Sophie?«
    Sophie wurde knallrot und murmelte: »Ich kann nicht glauben, dass irgendwer von Wyldcliffe etwas stehlen würde, das der Schule gehört … Ich kann es mir wirklich nicht vorstellen.«
    »Ich glaube, du hast recht, Sophie«, sagte India glatt. »Helen Black und ihre Gruppe sind viel zu dumm, um so etwas aufzuziehen. Ich glaube, dafür sind welche von draußen verantwortlich. Ja, ich bin mir sicher, dass das vermisste Buch in dem schrecklichen Zigeunerlager ist. Alle wissen, dass das Diebe sind … und mehr als das; denkt nur daran, wie sie diese toten Tiere bei den Leuten an die Tür genagelt haben. Das ist völlig krank.«
    Sarah hatte angewidert zugehört, und jetzt konnte sie sich nicht mehr länger zurückhalten. »Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen? Es gibt keinerlei Beweise, dass das, was geschehen ist, etwas mit dem Fahrenden Volk zu tun hat. Nur, weil manche Menschen anders sind als du – was Gott sei Dank gelegentlich der Fall ist – verachtest du sie automatisch.«
    India lachte. »Oh, hört nur, die Heilige Sarah, immer auf der Seite der Schwachen. Aber ich neige nun mal zu der Ansicht, dass die Schwachen die Schuld bei sich selbst suchen müssen.«
    »Komm schon, Sarah«, sagte Helen. »Es lohnt sich nicht, mit ihr zu streiten.« Sie zog uns beide weg, und wir gingen in die nächste Stunde. Es war Geschichte bei Miss Scratton. Ich setzte mich in dem vertrauten Klassenzimmer mit den schmalen Gitterfenstern und den weißgekalkten Wänden, das sich im alten Flügel des Gebäudes
befand, auf meinen Platz. Das Poster mit den Hexen aus Macbeth hing immer noch hinter Miss Scrattons Tisch. Welch eine Ironie , dachte ich bitter. Sie war schlimmer als jede andere Hexe. Ich konnte nicht einmal mehr Interesse für ihre Stunden aufbringen, auch wenn sie bisher zu meinen Lieblingsfächern gehört hatten. Ich wollte hier raus, wollte so schnell wie möglich aus ihrem Blickfeld verschwinden.
    »Als Heinrich der Achte im sechzehnten Jahrhundert die Klöster und die großen Ordenshäuser auflöste, hatte das eine Zeitspanne großer Unruhen und Ungewissheit zur Folge, ja, es ist sogar zu Rebellionen …« Ihre monotone Stimme leierte weiter, während wir mitschrieben. »Für das gemeine Volk waren Orte wie unsere Abtei hier Quellen der Bildung, der Fürsorge und der Heilkunst. Die Schwestern pflegten sich um alles zu kümmern, was irgendwie geheilt werden musste.«
    Eine Welle der Erschöpfung schwappte über mich hinweg. Ich konnte mich kaum noch konzentrieren.
    »Natürlich haben die Menschen selbst in heidnischen Zeiten ihre Heiler geschätzt. Lange bevor dieses Kloster erbaut wurde, hatten die alten Siedler, die in ihrem Tempel auf der Hügelkuppe ihre Götter anbeteten, ihre eigenen weisen Frauen …«
    Das Licht im Zimmer wurde schwächer. Ich setzte mich aufrechter hin und packte den Rand meines Tisches, um zu verhindern, dass es erneut geschah. Aber wieder veränderte sich alles, wie schon zuvor, als ich Agnes zum ersten Mal in ihrem früheren Schulzimmer gesehen hatte. Die Farben und Geräusche wirbelten, wurden zu einem verwaschenen Durcheinander. Es passierte schon wieder …

    Die niedrigen Gitterfenster und die weißgetünchten Wände lösten sich auf

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