Girl Parts – Auf Liebe programmiert
getaucht. Etwas Blaues lag auf der Mittellinie. Ein paar Meter weiter wand sich eine Metallspinne um die Leitplanke. Das blaue Ding rührte sich nicht.
»Oh Mann«, sagte David. »Das war knapp.«
In dem ganzen Chaos war der Motor ausgegangen. David drehte den Zündschlüssel, der Motor begann zu surren, er fuhr an. Langsam entfernten sie sich von dem blauen Ding auf der Straße.
»David.«
»Was ist?«
»David!«
Er bremste so abrupt, dass sie beide auf ihren Sitzen nach vorne flogen. Der Wagen stellte sich quer zur Straße.
»Da liegt ein Mensch auf der Straße«, sagte Rose.
»Ja, schrecklich«, sagte David. »Komm, wir fahren besser.«
»Wir können ihn nicht da liegen lassen«, sagte Rose. »Oder?«
Sie sah ihn an. Sein Gesicht war noch immer gerötet, sein Atem ging schwer, aber die Hände lagen ruhig auf dem Lenkrad. Der Alkoholnebel war aus seinen Augen verschwunden. »Wieso nicht?«
Rose hatte keine Antwort darauf. Sie befragte sich immer und immer wieder, aber die Anfragen kamen unbeantwortet zurück. In den Datenbanken fand sich dazu keine Verhaltensregel.
»Genau deswegen fährt man nachts nicht mit dem Fahrrad auf einer dunklen Straße«, sagte David. »Herrgott, Rose. Sei einfach froh, dass nicht wir das sind, und lass uns von hier verschwinden.«
Erneut begann er den Wagen zu wenden. Rose rutschte auf ihrem Sitz hin und her und richtete den Blick weiter auf das Ding, den Menschen , der da draußen lag. In einer blauen Jacke. Sein (oder ihr) Fahrrad um die Leitplanke gewickelt wie ein Haufen glänzende Spaghetti.
Wie furchtbar, hier draußen alleine zu sterben. Besser, dass du hier drinnen im Auto bist. Besser, dass du du bist und nicht er.
Während sie wendeten, streiften die Scheinwerfer das in die Leitplanke verhedderte Fahrrad, und ihr Licht wurde von dem verbogenen Aluminiumgestänge zurückgeworfen.
Aber wenn nun David da draußen wäre?
Der Mensch auf der Straße bewegte sich. Als David beschleunigte, öffnete Rose die Tür und sprang. Sie landete hart auf ihren Handgelenken. Tausend Miniaturfrakturen schossen ihr wie Blitze in die Glieder, und sofort machten sich eine Million Mikrobots an die Reparatur.
Sie hörte David schreien, und die Reifen quietschen. Die Bremslichter leuchteten auf. In ihrem orangeroten Licht hockte sie sich neben den gestürzten Jungen mit dem wuscheligen Haar und der dicken Brille, der sich jetzt stöhnend langsam umdrehte.
Charlie schlug die Augen auf und glaubte den Morgen dämmern zu sehen. Es war, als ginge die Sonne auf. Dann war das seltsame Licht plötzlich verschwunden, die Nacht brach herein, und er fühlte sich, als sei er von einem Auto niedergewalzt worden.
»Ist bei dir alles in Ordnung?«
Das Mädchen hatte wallende rote Haare. Ah, ein Engel, dachte Charlie.
»Ich glaube schon.«
»Du bist nicht tot.« Ihr heißes Flüstern war dicht an seinem Ohr. Durch alle Schmerzen und Kälteschauer und den Schock hindurch beruhigte ihn ihr Atem an seinem Hals. Charlie untersuchte sich selbst auf gebrochene Knochen. Er wackelte mit den Zehen.
»Ich heiße Rose.«
»Charlie.«
»Hey, Kumpel, alles klar bei dir?«
Eine Gestalt stand ein paar Schritte entfernt. Das Gesicht war in der Dunkelheit nicht zu erkennen, aber die Stimme kam Charlie bekannt vor.
»Ich glaube schon.« Er hob den Kopf ein wenig an. »Wo ist mein Fahrrad?«
Das Vorderrad des alten Bikes bestand nur noch aus einem wirren Haufen Speichen. Charlie stand langsam auf. Er streckte eine Hand aus, um sicheren Halt zu finden, aber das Mädchen, Rose, wich zurück, als hätte sie Angst, ihn anzufassen.
»Können wir dich ins Krankenhaus bringen?«, fragte sie.
»Nein«, sagte Charlie. »Ich hab was gegen Krankenhäuser.«
»Sollen wir dich nach Hause fahren?«, wollte der Autofahrer wissen.
Charlie streckte sich, dass sein Rücken knackte. Eigentlich erwartete er eine Entschuldigung, aber das war bei diesem Mr Gute Manieren nicht wahrscheinlich. Das Mädchen dagegen, sein Schutzengel, war ganz schön zerknirscht. Sie verschränkte die Hände, als wollte sie beten, ihre Wangen waren zartrosa wie Erdbeersoße auf Softeis. Sie war sehr hübsch. Aber die Welt war voller hübscher Mädchen – Mädchen, die sich von Jungs in schnellen Autos nach Hause fahren ließen, nicht von Jungs mit kaputten Fahrrädern.
Charlie versuchte den Vorderreifen, der rettungslos in der Leitplanke festklemmte, freizubekommen. Das Vorderrad war hinüber, aber abgesehen von ein paar Schrammen war das Rad
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