Girl
zwei attraktive Damen wie Sie an einem so frostigen Winternachmittag wie diesem in diese wenig gastliche Gaststätte?« fragte er.
»Wir besuchen unsere … äh, meine Familie zu Weihnachten«, sagte Kate.
Der Mann nickte. »Ah, wie schön, wie schön. Die Familie um das weihnachtliche Kaminfeuer versammelt, gefüllter Truthahn, Geschenke, bezaubernde Gesellschaft, wenn ich so sagen darf, nicht sexistisch gemeint, ha-ha-ha, man kann ja heutzutage gar nicht vorsichtig genug sein, was? Man macht einem hübschen Mädchen ein harmloses Kompliment, und schon hat sie einen wegen sexueller Belästigung am Wickel.«
Kate lächelte ihm höflich mit einem Verpiss-dich-auf-Nimmerwiedersehen-Lächeln zu. Als er nach der Bedienung winkte, sah sie zu mir herüber und schüttelte den Kopf. Was für ein Idiot. Dieses Gelaber über sexuelle Belästigung klang gerade so, als würde er aus persönlicher Erfahrung sprechen. Wenn, dann war es garantiert mehr als ein harmloses Kompliment gewesen.
Die Kellnerin brachte unseren Tee, und der Mann bestellte Cheeseburger mit Pommes und Salat und eine Tasse Kaffee. »Tja«, verkündete er, als die Kellnerin abzog, »genau das richtige für einen Helden der Landstraße!«
Wir lächelten wieder. Es drängte mich, diesem Flachkopf zu sagen, er bereite mit seinem funkelnden Witz Oscar Wilde sicher keine schlaflosen Nächte.
Auch von Biologie schien er keinen Schimmer zu haben, denn er ging offenbar davon aus, weibliche Brüste hätten die Gabe des Sprechens. »Sie sind mir aber eine ganz Stille«, sagte er und starrte mir geradewegs auf die Brust. »Warum so schweigsam?«
Unglaublich. Ich hatte in meinem Leben erst zwei Unterhaltungen mit Männern geführt, die mich für eine Frau hielten, und keiner der beiden hatte mir ins Gesicht gesehen. Ihre Blicke klebten an meinen Titten wie zwei Patriot-Raketen an feindlichen Scuds. War ich auch so, damals, in der guten alten Zeit? Blöde Frage. Natürlich war ich so.
»Die lebt wohl in ihrer eigenen Welt«, sagte Mr. Grauschuh zu Kate. »Aber was denke ich mir eigentlich? Ich habe mich ja noch nicht einmal vorgestellt, wo sind nur meine guten Manieren? Mein Name ist Pruitt… Chester Pruitt.«
»Ich bin Kate Barrett.«
»Und das ist…?«
»Br … äh … Br … Brenda!« sagte Kate. »Sie ist Französin, spricht kein Wort Englisch. Sie ist zu einem Austauschbesuch hier.«
Die Augen des Mannes strahlten. »Tatsächlich? Also, wirklich, welch glückliche Fügung. Ich darf mich nämlich der Kenntnis der Landessprache unseres nächsten Nachbarn rühmen.«
Er räusperte sich. »Bonjour, mademoiselle. Comment allez-vous? J’espere que tout va bien pour vous ici en Angleterre?«
Was zum Teufel sollte ich darauf antworten? Ich hatte meinen Französisch-Grundkurs gerade mal mit ausreichend abgeschlossen, und selbst das war noch geschmeichelt. Ich blickte voller Panik zu Kate, die ihr Bestes tat, mich da raus zu boxen.
»Also, Brenda ist eigentlich keine richtige Französin, eher Belgierin. Wir sagen zur Sicherheit nur immer, sie sei aus Frankreich.«
»Flämin oder Wallonin?« fragte Pruitt.
»Bitte?«
»Ist sie Flämin oder Wallonin?«
Kate drohte überzukochen. »Was soll diese Frage, Sie blöder Hund!«
Pruitt errötete. »Sie haben mich missverstanden. Ich habe nur gefragt, aus welchem Teil Belgiens Ihre Freundin … äh, Brenda stammt. Ich reise sehr viel in den Beneluxstaaten und weiß daher, dass die belgische Bevölkerung sich aufgliedert in Flamen, die Holländisch sprechen, und Wallonen, die Französisch sprechen. Brendas Schweigen entnehme ich, dass sie Flämin ist. Es wundert mich doch sehr, dass die Agentur, die Ihren Austausch organisiert hat, Sie in diesem Punkt nicht hinreichend informiert hat. Belgier können in diesen Dingen sehr empfindlich sein.«
Kate zuckte mit den Schultern. »Chester, Sie waren zu clever für mich. Ich kann’s keine Sekunde länger verheimlichen. Ich habe Sie belogen.«
Was sollte das jetzt schon wieder werden?
»Um die Wahrheit zu sagen«, fuhr meine Schwester fort, »ich bin als Schlepperin in einem internationalen Ring weißer Sklavenhändler tätig. Brenda – das ist natürlich nicht ihr richtiger Name – befindet sich auf dem Weg in den Harem eines arabischen Prinzen, wo sie ihm zu Diensten sein muss und jedem Akt sexueller Perversion, der seiner schmutzigen, lüsternen Fantasie entspringt, Folge zu leisten hat. Und um sicherzustellen, dass sie sich nirgendwo beschwert oder auch nur ihren
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