Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Girl

Girl

Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
Vom Netzwerk:
ich in zehn Minuten die nächste Patientin, so dass Sie jetzt leider gehen müssen.«
    Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte. »Was ist mit… na, Sie wissen schon?«
    Jan machte kurz ein besorgtes Gesicht. »Habe ich Sie erschreckt? Es muss ziemlich überraschend für Sie gewesen sein.«
    »Eine sehr angenehme Überraschung. Die beste seit Jahren.«
    »Möchten Sie sie noch mal erleben?«
    »Ja, bitte.«
    »Gut«, sagte sie, so unbeteiligt, als vereinbarte sie gerade den nächsten Massagetermin, »wir machen folgendes. Sie ziehen sich jetzt erst mal wieder an – für den Augenblick sicher nicht das Schlechteste, oder? – dann gehen Sie zurück auf Ihr Zimmer und gönnen sich ein hübsches langes Nickerchen. Wenn Sie aufwachen, nehmen Sie ein Bad und essen eine Kleinigkeit – keinen Alkohol, übrigens, darauf sollte man nach einer Aromatherapie möglichst verzichten –, und dann kommen Sie so gegen neun zu mir.
    Ich habe ein kleines Apartment im Wohnbereich für das Personal, in den ehemaligen Stallungen. Sie gehen durch den alten Uhrenturm in den Innenhof und nehmen die zweite Tür links. Es ist gleich die erste Tür am Ende der Treppe. Ich warte auf Sie. Und achten Sie darauf, dass keiner Sie sieht. Jeder Kontakt zu Patienten außerhalb der Dienststunden ist ein Kündigungsgrund.«
    Jetzt war es an mir, Besorgnis zu zeigen: »Ich möchte nicht, dass Sie durch mich in Schwierigkeiten geraten…«
    »Oh, da machen Sie sich mal keine Sorgen.« Jan lachte. »Das Leben wäre stinklangweilig, wenn man jedes Risiko meidet.«
    Sie blickte auf ihre Uhr. »O Gott, schon so spät? Mrs. Paget wird jeden Moment hier aufkreuzen, in der Hoffnung, ich könne ihr sämtliche Zellulitis aus den Hüften rubbeln. Sie beeilen sich lieber …«
    Ich schlüpfte in meinen Trainingsanzug und eilte aus der Tür, wobei ich beinahe mit einer übergewichtigen Frau mittleren Alters zusammenstieß. Von drinnen konnte ich Jans Stimme hören: »Guten Tag, Mrs. Paget. Wie geht es uns denn heute?«
    Die arme alte Mrs. Paget hatte nicht den leisesten Schimmer, was kurz zuvor im Zimmer vorgefallen war. Wie sollte sie auch ahnen, dass ihre hübsche, freundliche Masseuse sich soeben zu einem leidenschaftlichen Abenteuer verabredet hatte? Es war unser Geheimnis, und während ich auf mein Zimmer zurückging, legte ich für ein paar Schritte beide Arme um mich, als wollte ich es fest an mich pressen.
    Ich diktiere dies in der Wanne liegend. Ich habe mich hingelegt, wie Jan gesagt hat, und sobald ich mit meinem Bericht fertig bin, werde ich mir das Öl aus den Haaren waschen. Ich bin richtig nervös und aufgedreht wegen heute Abend. O verflixt, da fällt mir ein: Was ziehe ich bloß an?
    22. April
    Das war natürlich eine reichlich blöde Frage. Wer in Hookham Grange nicht meilenweit auffallen möchte, kann ohnehin nur im Trainingsanzug rumlaufen. Mir sollte das nur recht sein, wo ich im Normalfall schon genug damit zu tun habe, Kleider und Schuhe aufeinander abzustimmen, auch ohne dass ich mir darüber Gedanken machen muss, wie ich mich als Frau für eine andere Frau attraktiv mache.
    Beispielsweise die Frage, ob Frauen, die es mit ihresgleichen tun, auf Frauen in sexy Unterwäsche abfahren, oder ob das nur bei Männern so ist? Ich habe keine Ahnung. Ich bin nicht gerade ein Fachmann, was die Psychologie von Lesben betrifft. Zudem ist Jan gar keine Lesbe, wie ich erfuhr, als ich endlich bei ihr im Apartment war.
    Es war eine Art Loft – ein großes Dachstuhlzimmer mit angebautem Bad und kleiner Küche, und darüber der Schlafbereich, der über eine Wendeltreppe zu erreichen war. Jan empfing mich an der Tür in einem einfachen, knielangen blauen Baumwollkleid mit Blumenmuster. Sogar ich erkannte, dass es Laura Ashley oder ein ähnlicher Stil war. Es sah gut aus und stand ihr. Sie war nicht der Typ für Lederminis.
    »Komm rein«, sagte sie und ging auf ein großes altes Sofa zu, das sie mit einer Art bestickter Grossmuttertischdecke bezogen hatte. Sie kickte ihre Schuhe fort und setzte sich, wobei sie auf ein Kissen klopfte und mir bedeutete, mich neben sie zu setzen. »Du siehst gut aus«, sagte ich.
    »Du auch.«
    Instinktiv hob ich eine Hand vors Gesicht.
    »Wie kannst du das sagen. Ich bin noch von Narben übersät. Ich habe alles versucht, sie wegzuschminken, aber ich habe immer noch das Gefühl, sie sind meilenweit zu sehen.«
    »Man sieht fast nichts mehr«, sagte sie. »Und überhaupt, was macht das bei so einem Gesicht schon aus?« Sie

Weitere Kostenlose Bücher