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Girl

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Titel: Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Thomas
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noch, wie eine Frau zu empfinden –, legte sie in mir den Grundstein für ein weibliches Begehren.
    Ich weiß auch nicht recht, wie ich das erklären soll. Offen gesagt, ich versuche mir selbst noch darüber klarzuwerden. Wenn ich früher mit einer Frau ins Bett ging, war der Unterschied das größte für mich. Ich fand es aufregend, hart zu sein, wo sie weich war, Kanten zu haben, wo bei ihr Kurven waren. Der Duft einer Frau, die Art, wie sie sich anfühlte – das war jedes Mal wieder neu und jedes Mal anders.
    Mit Jan ins Bett zu gehen, war da ganz anders. Sie war sanft und zärtlich, und sie lehrte mich so viel über mich selbst. Und ich weiß nicht, ob der weibliche Körper jemals seine Anziehungskraft auf mich verlieren wird. Es steckt einfach zu tief in mir. Aber wie sie in der ersten Nacht sagte: »Wir sind beide gleich«, ein wechselseitiges Spiegelbild.
    Gut daran ist, dass wir wissen, wie wir uns gegenseitig Lust verschaffen. Aber das ist nicht genug. Jetzt, da ich weicher bin, sehne ich mich nach etwas Hartem. Jetzt, wo ich Kurven habe, sehne ich mich nach Kanten. Es ist unglaublich schwierig für mich, so zu denken, aber ich glaube, ich komme langsam an den Punkt, wo sich mein Wünschen und Begehren auf einen Mann richtet. Und ich weiß nicht, ob ich mit dem Gedanken je klarkomme.
    11. Mai
    Ich habe mein erstes Kleid gekauft. Weiß der Himmel, warum es so lange gedauert hat… Verbohrtheit wahrscheinlich. Nachdem ich mich einmal mit Carrie Partridge angelegt hatte, war daraus wohl eine Prinzipienfrage geworden.
    Seit ich in der Taille abgenommen habe – ich bin inzwischen bei unter siebzig Zentimetern –, habe ich mir Damenhosen und sogar ein paar Shorts gekauft. Hot-pants aus schwarzem Samt, mit denen ich ein paarmal mit den Leuten vom Fitnessstudio ausgegangen bin, verdammt heiß. Aber bis heute keinerlei Kleider oder Röcke.
    Ich habe mit Dr. Fielden endlose Gespräche über meine Blockierung geführt. Tatsächlich haben wir erst bei meinem letzten Besuch vor ein paar Tagen darüber geredet. Sie versteht mein Problem mit Carrie Partridge, aber sie hat zusätzlich ihre eigene Theorie. Sie glaubt, in meinem Unterbewusstsein gäbe es noch einen letzten Rest, der an meiner Männlichkeit festhalten würde.
    »Sie müssen das so sehen«, sagte sie. »Kastrationsangst ist ein grundlegendes Moment der männlichen Psyche. Wohin legen Fußballer ihre Hände, wenn sie vor einem Freistoß eine Mauer bilden? Auf ihre Geschlechtsteile. Oder ein anderes Beispiel: Kennen Sie
Apocalypse Noiv?«
    »Ja, toller Film.«
    »Dann erinnern Sie sich sicher noch an die Szene, wo sie mit den Helikoptern einen Angriff fliegen und die Besatzung die Helme abnimmt, um damit die Leistengegend zu schützen. Das entspricht absolut der Wahrheit. Die Bomberstaffeln im Zweiten Weltkrieg haben das genauso gemacht. Fast alle Männer würden sich eher das Hirn als ihre Hoden weg pusten lassen…«
    »Ist doch eh ein und dasselbe, oder?«
    »Manche würden das so sehen. Und gerade deshalb könnte es sein, dass Ihnen, obwohl Sie sich äußerlich scheinbar perfekt mit Ihrem Schicksal arrangiert haben, eine innere Stimme sagt: › Wenn ich mich ganz wie eine Frau kleide, zeige ich nach außen, dass ich es wirklich ernst meine – dass ich alle Brücken hinter mir abgebrochen habe und unwiderruflich Frau geworden bin.‹«
    »Ein beängstigender Gedanke. Erinnern Sie sich daran, was Sie mir über Ihre Tochter erzählt haben, über die Probleme, die junge Teenager mit dem Erwachsenwerden haben? Ich habe mit meiner Schwester Kate darüber gesprochen.
    Sie war, was man gemeinhin eine Spätzünderin nennt. Und dann, als sie ungefähr fünfzehn war, verwandelte sie sich über Nacht von einem schlaksigen dürren Ding in eine junge Frau. Mit einem Mal umschwärmten die Männer sie wie Bienen den Honigtopf, und sie wurde völlig aus der Bahn geworfen. Sie fühlte sich unter Druck gesetzt, alles ging viel zu schnell, und sie kam einfach nicht damit klar. Sie hörte auf, vernünftig zu essen, erbrach sich ständig und weiß Gott was noch alles. Ich bin sicher, das ist einer der Gründe, warum sie heute so sehr darauf bedacht ist, nur ja kein Aufhebens um ihr Äußeres zu machen.«
    »Was ist mit Ihnen? Wie fühlen Sie sich? Ihr Körper, beispielsweise, gefällt er Ihnen? Fühlen Sie sich darin wohl? Wie stehen Sie genau zu ihm?«
    »Ich glaube, ich gewöhne mich langsam an ihn. Wissen Sie, manchmal vermisse ich meinen Schwanz. Weniger sexuell –

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