Girlfriend in a Coma
sagen, Karen. Du weißt doch, wie der Hase läuft.«
»Dann weißt du also doch etwas.«
»Komm her, Karen - mach die Tür auf.« Karen öffnet die Tür. »Schwing deine Beine raus«, befehle ich, und sie gehorcht. »Hier -« Ich gehe auf Karen zu und knie vor ihr nieder. Ich küsse sie auf beide Schienbeine und erhebe mich dann. »Steh auf«, sage ich, und Karen setzt staksig und unsicher ihre Füße auf den Parkplatz. »Lauf«, sage ich. Und sie läuft - um den Van herum und dann um den Parkplatz. Sie johlt vor Freude. Ihre Beine sind wieder heil. »Ich liebe dich, Jared«, sagt sie, worauf ich etwas antworte, was sie nicht hören kann, weil sie schon so weit weg ist: »Ich liebe dich auch.«
28
Die Zukunft ist ein Fake
In dem dunklen Supermarkt haben sich Hunderte von Tieren, Vögeln und Insekten häuslich niedergelassen. Alle möglichen Sorten Scheiße bekleckern den Boden, sowie Haufen von Federn, Fell, Knochen und Erde. Eichhörnchen und Waschbären haben von dem Gang mit den Zerealien nur die Spelzen übriggelassen, und die Fleischabteilung ist von der Tierwelt völlig ausgeplündert worden. Der Fäulnisgestank ebbt inzwischen, ein Jahr später, langsam ab, übertüncht von dem Geruch der Shampoos und Kosmetika, die bei einem schwachen Erdbeben vor sechs Monaten auf den Boden gefallen sind. Vögel rascheln an der Decke, während darunter Taschenlampen in den Händen von Richard, Hamilton und Pam den Fußboden des Ladens abtasten. Die drei tänzeln geziert über den Dreck hinweg und stoßen in der Mitte des Supermarkts auf die Apotheke. Eine Matscherin im weißen Kittel sitzt am Tresen - ein Dörrfleischskelett. »Mann, ich hab' echt die Schnauze voll von so was«, sagt Hamilton und verhüllt den Leichnam mit einem herumliegenden Kittel. »Ich, Hef, Last of the Famous International Playboys, habe keine Zeit, zu vergammeln. Agnelli, Niarchos, der Prince of Wales - keiner mehr da. Ich allein muß ihre große Tradition hochhalten. Voulez-vous un Cadillac? Ich lebe nur für Nachtclubs, Stoff und Flüge mit der Concorde.«
»Hamilton, halt die Klappe, verdammt noch mal«, sagt Richard. »Hast du Ahle und Hammer dabei?“
»Voila.«
»Danke sehr.«
Richard und Pam brechen einen verschlossenen Schrank auf, in dem ungezählte pharmazeutische Juwelen lagern. Nach ein paar fachmännischen Handgriffen springt die Tür auf, und Plastikbehälter purzeln auf den Boden. »Ach du lieber Schwan!«
»Gib mir einfach den Rucksack, Hef«, sagt Richard, während ein Schatten über seine Füße huscht. »Achtung, Eichhörnchen.«
»Oh, seht mal! Guckt bloß - ist das süß«, sagt Pam. »Wir können es zum Essen bei Babe Paley auf Bermuda mitnehmen.«
»Das ist auf Jamaika, Schatz. Wer ist eingeladen?“
»Twiggy. Die Sex Pistols. Jackson Pollock. Linda Evangelista.«
»Ihr zwei raubt mir den letzten Nerv mit euren verdammten Phantastereien«, sagt Richard.
»Wenn es ein Verbrechen ist, zu phantasieren, dann bekenne ich mich schuldig laut Anklage.« Hamilton zieht beleidigt Luft durch die Nase, was er prompt bereut. Richard schenkt dem keine Beachtung. »Ei-jei«. Guckt bloß mal - Bingo! - zweitausend Vicodin.« Irgend etwas kreischt und trappelt entlang Gang 3 durch den Supermarkt. »O Mann, dieser Laden ist das reinste Horrorkabinett. Machen wir, daß wir hier wieder rauskommen. Hamilton, geh und hol einen Einkaufswagen für die Beute.“
»Roger.« In der Grußkartenabteilung findet Hamilton einen verlassenen Einkaufswagen. Quietschend rubbeln die Räder über den schmierigen Boden. Richard und Pam stapeln die Medikamente hinein.
»Ach, Mist. Karen will Wattebäusche und eine Haarkur. Wo gibt's das?«
»Im übernächsten Gang.«
Zögernd gehen die drei durch den spinnwebenverhangenen, stinkenden Supermarktkadaver, und je weiter sie sich von der Ladenfront entfernen, desto schwärzer wird es. Sie kommen an zwei Matschern vorbei, aber nach so langer Zeit läßt sie solch ein Anblick natürlich eher kalt. Langsam, ganz langsam bewegen sie sich vorwärts, als sie plötzlich auf drei Waschbären stoßen, die fauchen und zu entkommen versuchen, indem sie ein Matterhorn aus durchweichten Papierhandtüchern erklimmen. »Ach du Scheiße ...“
»Hat Karen uns von draußen gerufen?« Kuunk-kuunk.
Die Deckenlampen flackern auf, greller als das Tageslicht da niemand damit gerechnet hat, blendet das Licht um so mehr. Als der Supermarkt so beleuchtet daliegt, wird das ganze Ausmaß der Verwüstung sichtbar. Die Tiere
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