Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
Vom Netzwerk:
Er ist größer als die irdische Welt.“
    »Aha. Klingt ja toll. Sind die Menschen da auch manchmal einsam?“
    »Nein.«
    »Dann ist es wirklich der Himmel.« Ich stehe direkt vor ihr, und wir schweigen einen Moment. »Tut mir leid, daß ich dein Angebot nicht annehmen kann, du Ladykiller. So was passiert mir schließlich nicht oft.«
    »Ich weiß.« Ich schlage mir vor die Stirn: »Hey - ich muß jetzt gehen. Hat Spaß gemacht, mir dir zu reden.«
    »Nein. Geh nicht - endlich mal jemand anders.“
    »Komm«, sage ich. »Halt mir Jane hin.“
    »Wozu?«
    »Wirst du schon sehen.« Ihre Arme sind gespannt wie eine Mausefalle, bereit, zurückzuzucken, falls ich irgendwas Absonderliches tue. Doch ich denke gar nicht daran. Ich puste Jane sanft auf jedes Auge, und dann berühre ich die Stelle zwischen ihren Augen mit meiner Zunge. Ich bin das erste, was sie auf der Erde sieht. »Dein Kind ist gesund. Sie ist mehr als gesund - sie ist ein Genie, sie wird eine Weise werden. Und du bist jetzt ihre Dienerin.«
    Sprachlos sieht Megan zu, wie ich zu einem Nichts zusammenschrumpfe und verschwinde.

  29
Die Unendlichkeit ist artifiziell
    Es gibt Dinge, die ich an der Erde vermisse. Ich habe es geliebt, wie meine Mutter Schweinebraten zubereitete, und ich habe es geliebt, morgens superfrüh aufzustehen und als erster die Sonne zu sehen, während ich nur mit Frotteeunterwäsche bekleidet durchs Viertel joggte, in dem Wissen, daß alle anderen schliefen. Im Sommer 1978 bin ich einmal nackt gejoggt, und falls mich jemand gesehen hat, hat er jedenfalls nicht die Bullen gerufen. Mehr noch als Sex ist dieser einsame Dauerlauf bis heute meine intensivste körperliche Erinnerung an die Erde - die Luft und die Sonne und meine Fußballen, die auf die Rabbit Lane trafen. Was sonst noch? Ach ja, da war eine Eule, die im Baum hinter dem Haus wohnte. Ihr Horst befand sich direkt vor meinem Fenster, und jeden Abend kam sie bei Sonnenuntergang heraus und schlug mit ihren langen, schlaffen Flügeln, die aussahen wie die Ohren eines Afghanen. Sie flog immer zu Karens Garten, der am Berg unterhalb von unserem lag, und fing Mäuse. Ich pflegte zuzusehen, wie Mrs. McNeil sie mit Fleischstückchen fütterte, aber sie hat mich nie bemerkt. Sicher bin ich mir jedoch, daß Mrs. McNeil mich an jenem Sommernachmittag kurz vor der elften Klasse ziemlich schamlos dabei beobachtet hat, wie ich in meiner roten Badehose den Rasen hinter dem Haus mähte. Geile alte Schachtel! Ich bekam einen Steifen, und ich weiß , daß ihr das nicht entgangen ist.
    Ob ich etwas bereue? Ich bereue nichts am Leben. Ich habe nicht lange genug gelebt, um es zu verpfuschen. Aber schließlich hatte ich eigentlich auch nie irgendwelche Vorstellungen vom Erwachsensein. Wenn ich es bis dahin geschafft hätte, hätte ich vermutlich, wie der Rest der Clique, den Boden unter den Füßen verloren.
    Ich habe meine Freunde das ganze vergangene Jahr lang beobachtet - seit Karen aufgewacht ist. Karen kann sich zwar nicht daran erinnern, aber sie hat einen Großteil der Zeit, die sie im Koma lag, mit mir verbracht. Sie erhält ihre »Sonderinformationen« auf die gleiche Weise wie ich - stoßweise und in Fetzen, die erst einmal keinen Sinn machen, voller Leerstellen, die einen ganz verrückt machen können. Meine Besuche unterliegen strengen Regeln. Im Moment darf ich jeweils nur kurze Zeit erscheinen - es ist mir nur für eine bestimmte Dauer gestattet, die alte Clique zu besuchen, und innerhalb dieser begrenzten Frist verfolge ich gewisse Ziele, die erreicht werden müssen.
    Ziele - das klingt, als sei ich Abteilungsleiter bei McDonald's oder so was. Aber schließlich erreichen wir in jeder Sekunde unseres Lebens irgendwelche Ziele. Jede einzelne Sekunde unseres Lebens überqueren wir eine Art Ziellinie, und der Himmel applaudiert, während wir Stück für Stück unseren Weg gehen. Mit unseren kleinsten Handlungen - eine Straße überqueren, einen Apfel schälen, das Januar-Playmate als Wichsvorlage benutzen - zerreißen wir gewissermaßen zu donnerndem Applaus ein olympisches Band. Das Universum will, daß wir gewinnen. Das Universum sorgt dafür, daß wir sogar dann gewinnen, wenn wir verlieren. Ich wünschte, ich hätte jede Sekunde meines Lebens nackt durch die Straßen laufen können.
    Aber ich glaube, darüber bin ich jetzt hinweg. Jetzt muß ich zu Linus, hinauf zum höchsten Punkt des Bergvororts, von wo aus man weit über den geschwungenen Horizont der Erde, bis zu den Vereinigten

Weitere Kostenlose Bücher