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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Narzissen schliefen noch im Gras, die Wolken sahen aus wie nasse Geschirrtücher, aus denen eine graue, feuchte Schmiere drang. Pam, die damals bei der boomenden Film- und Fernsehbranche Vancouvers als Visagistin arbeitete, hatte sich mit Hamilton, Linus und mir beim Dreh eines »Films der Woche« verabredet, der von der Rabbit Lane aus gesehen nur ein kurzes Stück den Berg hinauf entstand - ein Film des › Mutter verliert Kind und bekommt es dann wieder zurück ‹-Genres, das wir bald nur allzugut kennenlernen sollten.
    Im Januar war der Immobilienmarkt tot; ich nahm ein paar Tage Urlaub, um Karten zu spielen und die Zeit totzuschlagen. Linus, der als Gutachter arbeitete, konnte sich freinehmen, wann immer er wollte. Wir beschlossen, den Berg zum Drehort zu Fuß hochzulaufen, Hamilton hingegen fuhr mit dem Auto. Wir nahmen eine Abkürzung über die Golfbahn und veranstalteten eine kleine Rangelei um einen Golfball, bei der Linus bis zu den Knien in einem espressofarbenen Wasserloch landete. »So ein lockeres Leben hat auch seine guten Seiten«, sagte Linus und klaubte sich einen Schilfhalm vom Schienbein, während ein Blutegel sich an seine Wade schmiegte. Völlig verdreckt kamen wir am Drehort am Southborough Drive an: Wir, sahen aus wie Statisten und fühlten uns irgendwie fehl am Platze. Hamiltons Javelin rumpelte auf den Seitenstreifen, und bald schlenderten wir ziellos durch die Kette aus weißen Transportern und Lkws, die jeden Drehort umgibt. Schließlich fanden wir Pam. »Holt euch am Catering-Laster was zu essen. Wartet dort auf mich.“
    »Wo sind denn die Stars?« fragte Linus. »Was habt ihr erwartet, Jungs?« erwiderte Pam, »Tanzmäuse, die riesige Schaumstoff-Felsblöcke schleppen? Römische Zenturios, die auf Caddys umherfahren? Ich sag' euch, wie das offizielle Motto beim Film lautet: Beeil dich und warte. Bin in fünf Minuten wieder da.« Wir aßen kalte Nudeln, sahen zu, wie dicke weiße Beleuchtungskabel in einen Hauseingang gezogen wurden, und langweilten uns nach kürzester Zeit entsetzlich. »Das bringt's doch nicht«, sagte Hamilton. »Laßt uns abhauen.« Das wollten wir gerade tun, als Tina Lowry, eine alte Klassenkameradin von mir, rief: »Richard! Richard Doorland, bist du das?« Tina trug wie die meisten Leute in der Filmund Fernsehbranche diesen Bin-in-Eile-kann-nicht-langereden-Gesichtsausdruck zur Schau. Ein winziges Fleckchen blauen Himmels ließ den Belichtungsmesser, den sie um den Hals trug, in der Sonne glitzern. »Tina. Du hier?«
    »Hi, Richard, was machst du denn bei den Dreharbeiten? Stab? Statist?«
    »Nein. Ich wohne bloß in der Nähe. Pam, eine Freundin von uns, arbeitet hier als Visagistin. Bist du die Regisseurin oder sowas?«
    »Noch nicht. Ich bin hier Produktionsassistentin - eine PA. Wir sind zwar auf der Karriereleiter nur Abschaum, aber der Job ist toll. Du kennst Pam?«
    »Wir haben als Kinder ein Stück weiter den Berg runter gewohnt. Hamilton«, ich zeigte auf die durchweichte Bohnenstange zu meiner Rechten, »ist ihr Lustknabe.«
    Sie glotzte Hamilton an. »Früher hab' ich immer die Fotos von ihr aus der Vogue ausgeschnitten und so. Ich wollte so gern wie sie sein, und jetzt arbeite ich mit ihr zusammen. Das ist einfach irre. Und was machst du zur Zeit so, Richard?“
    »Meinst du jetzt gerade - hier?“
    »Nein, beruflich - und so.«
    Ich hatte gelernt, daß es einfacher war, »nichts« zu sagen, als das Immobiliengeschäft zu erwähnen. »Nichts. Ich laß mich so treiben.« Ich erwartete das übliche gedehnte »Achhh ...«, das Verlegenheit signalisierte. Doch Tina überraschte mich. »Brauchst du einen Job?“
    »Oh, klar ... vielleicht ...was denn für einen?“
    »Wir werden schon was für dich finden. Wir sind unterbesetzt und brauchen dringend Arbeitskräfte. Ich helfe dir bei dem Gewerkschaftskram. Ruf mich an.« Ein Signalhorn ertönte. »Ich muß los.« Wie die meisten Filmleute verschwand sie in einer kleinen Wolke Zeichentrickstaub.
     
    Endlich - zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt, so kam es mir vor - hatte die Stadt ihren Zauber für mich wiedergewonnen. Voila! Hamilton, Linus und ich wurden Location-Scouts, und zwei zigarettenrauchvernebelte Wochen lang brausten wir in Hamiltons Javelin durch Stadt und Land; fuhren Mülltonnen um, lieferten uns Autorennen mit Yuppies und spielten »Cholerikern-Hintendrauffahren«, um diese jähzornigen Typen zu ärgern, die Hamilton immer wieder scheinbar mühelos aufspürte: »Mordsüchtige Vollidioten,

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