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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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Drogen besiegt!« Zeitschriften und Fernsehen waren voll von Reportagen über sie. Eine der lebhaftesten Erinnerungen an diese frühe Phase der Arbeit beim Fernsehen waren Körper: Körper auf Bahren, Körper in Kisten, Teile von Körpern, blutende Körper, Körper von Puppen, Körper von Außerirdischen, Körper mit künstlichen Bestandteilen, Körper, die sich in Luft auflösen konnten, Körper, die aus anderen Körpern heraussprangen, Körper, die gerade aus dem Jenseits zurückgekehrt waren, und Körper, die für Explosionen präpariert waren. Ein paar dieser Körper wurden auch bei meiner Serie verwendet, aber wirkliche »Legionen von Körpern« (Zitat Linus) bekam ich immer dann zu sehen, wenn ich den beiden bei Monster Machine einen Besuch abstattete. Sie waren darauf spezialisiert, sowohl Latexpuppen als auch lebende Menschen so zu verkabeln, daß sie auf Befehl explodierten, Blut husteten, in Zuckungen verfielen oder grün zu leuchten begannen. Etwa ein Jahr nachdem sie dort angefangen hatten, schaute ich einmal an einem Regentag bei ihnen vorbei. Sie waren beide eifrig dabei, einen Herrenleibgurt mit Sprengstoff und Kunstblut zu präparieren. Der Gurt war für einen Polizeithriller bestimmt, der gerade in der Stadt gedreht wurde und in dessen Finale sich alle gegenseitig erschossen. »Hey, Richard«, sagte Linus. »Guck mal: Wir tun das Blut in diese kleinen Ravioli-Vierecke, und die befestigen wir dann an einer Sprengladung, die nach außen explodiert.“
    »Ein richtiges Blutbad«, fügte Hamilton stolz hinzu, während er einen vielfarbigen Draht in einen funkbetriebenen Zünder fädelte und eine glibberige Masse auf ein Holzbrett kleckste. »Mittagessen?“
    »Bagels holen«, sagte Linus.
    Wir wollten gerade aus der Tür, als Hamiltons Pieper losging und Linus plötzlich pinkeln mußte. Allein gelassen spazierte ich im Gebäude umher und entdeckte eine Tür, die einen Spalt weit offenstand. In. dem Glauben, dahinter würde, ich vielleicht ein Studio finden, öffnete ich sie. Doch statt dessen stieß ich auf eine Art Leichenlager, einen Raum, wie ich ihn mir nie hätte träumen lassen — Männer und Frauen, Kinder und Außerirdische; als Ganzes, in zwei Teile zertrennt, blutüberströmt; wie Holzscheite aufeinandergestapelte Arme und Beine, Glasflaschen mit Augen darin und Regale voller Nasen. Das Licht war gedämpft und die Luft stickig und staubig. In der Mitte des Raums lag ein Haufen gebrauchter Körper, die offenbar ihre cinematische Bestimmung erfüllt hatten und jetzt darauf warteten, sortiert und entsorgt zu werden - rosafarbene Latex-Aliens, feucht und schlaff. Fasziniert von diesem Scheiterhaufen, trat ich näher.
    Als ich eine Runde durch den Raum drehte, blieb ich mit dem Pullover an einem Draht hängen. Ich hörte hinter mir ein Plonk und erblickte eine Puppe, die vermutlich nicht für meine, Augen bestimmt war: ein weiblicher Plastikkörper aus Polyurethanschaum, der Karen fast bis aufs Haar glich knochig, dünnhäutig, klapperdürr und vergilbt, mit langen, glatten, braunen Orionhaaren, die in der Mitte gescheitelt waren. Die umgekippte Leiche lehnte jetzt wie gefriergetrocknet neben einer Steckdose an der Wand. Ich hörte Hamiltons Stimme im Korridor: »Hey, Linus, wo ist Richikins?« Er ging an der Tür vorbei, sah mich und lächelte in dem Glauben, ich würde mir irgendwelche Attraktionen anschauen. Dann kam er zu mir, schaute die Puppe an, schaute mich an und sagte: »Oh-oh. Tut mir leid, Richard. Die haben wir letzten Monat in einem Film benutzt - in diesem Film über ein paar Menschen, die einen Flugzeugabsturz überleben, aber nie. gerettet werden.«
    »Ja.«
    »Wir hätten sie lieber wegpacken sollen.«
    »Verdammt, Hamilton. Mußtet ihr ihr unbedingt ein Chenille-Hemd anziehen?«
    »Na ja, sieht doch immerhin sehr lebensecht aus.«
    Ich seufzte; sie hatten es nicht böse gemeint. Ich trat an die Leiche heran, um sie zu inspizieren, ihre taxidermischen Glasaugen und die staubigen Plastikhaare. In meinem Magen krümmte sich mit peitschendem Schwanz ein Fisch, und ich wandte den Blick ab. Hamilton schob den Körper schweigend zwischen ein paar Aliens. Wir aßen Mittag, und danach fuhr ich ins Inglewood. Ich wollte die echte Karen sehen, die sich nur minimal von der Plastikkopie unterschied, die ich gerade entdeckt hatte.
     
    Während die Jahre voranschritten, wurde mir langsam bewußt, daß sich die Vorstellungswelt in meinem Kopf veränderte. Außerdem bemerkte ich neue

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