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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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ein Rentner in einem oberen Stockwerk seine Rente, schloß alle Türen und Fenster, setzte sich vor den Fernseher und starb unversehens. Aber weil die alle schon alt waren oder keine Freunde hatten oder was auch immer, bekam das erstmal keiner mit. Und so -«
    »Ich glaube nicht, daß ich das hören will«, sagte Tina. »Und so - standen eines Morgens, als ich auf dem Rückweg von einem Piroggen-Frühstück bei Gunther's Deli über das Kopfsteinpflaster ging, nicht einer, sondern gleich drei Feuerwehrwagen vor dem Haus sowie zwei Polizeiwagen und zwei Rettungswagen. Die Feuerwehrleute trugen Gasmasken, wie man sie normalerweise bei Chemieunfällen verwendet; sie waren mit Beilen und Brecheisen ausgerüstet und schleppten haufenweise Bauschutt aus dem Haus, den sie auf einen Spezialtransporter schütteten.“
    » O Gott «, sagte Tina und hielt sich den Magen. »Genau«, sagte Hamilton. »Apartment 403. Mrs. Kitchen. Die Leute in der Wohnung unter ihr hatten sich über einen schwarzen Fleck beschwert, der sich genau über ihrem Fernseher an der Decke bildete. Der Vermieter ging nach oben, um nachzusehen. Niemand machte auf, und so öffnete er die Tür, und der absolut übelste Gestank im gesamten uns bekannten Universum stach ihm in die Nase - Scheiße und Pisse und Kotze, aber noch tausendmal schlimmer. Die Feuerwehr kam und mußte jeden einzelnen Gegenstand aus der Wohnung entfernen und den Müll verbrennen. Sogar der Melamin-Küchentresen und die Rigipsplatten waren von dem Gestank durchdrungen. Auch die Wohnung darunter mußte geräumt werden. Und hier kommt Pamela ins Spiel.« Wir schauten Pam in ihrem Zimtherzkostüm an. Sie machte einen Knicks. Hamilton fuhr fort: »Die Polizei zog Geruchsexperten von der Universität hinzu. Sie erzählten uns von diesem merkwürdigen Phänomen, daß es mit Gerüchen wie beim Tauziehen ist. Wenn ein Geruch in die eine Richtung tendiert, gibt es immer einen anderen, der genau in die entgegengesetzte Richtung geht. Und das Gegenteil von Leichengeruch ist offenbar künstliches Zimtaroma.«
    Von Aahs und Ohhs begleitet, fuhr Hamilton fort: »Noch Wochen danach war das Gebäude von dem übelkeiterregend süßlichen Duft von Zimtbonbons erfüllt. Der Geruch verschwand nach einer Weile, aber als ich im nächsten Jahr von einem Job im Norden zurückkehrte, war der Zimtgestank wieder da. Ich fragte meine Türnachbarin Dawn, ob es einen weiteren Matscher gegeben habe, und sie sagte: ›Ja. Suite 508. Mr. Huong.‹ Also, wenn ihr das nächstemal Zimt riecht ...« Ein paar Minuten später waren Tina und ein paar von den Kostümbildnern schon ziemlich angeschickert; ich trank Club-Soda. Wir wurden immer ausgelassener; Suzy aus der Honorarabteilung und ich verzogen uns in den Garten, um wie Teenager zwischen dem Geräteschuppen und dem Kompost zu knutschen. Kaum daß wir dort waren, hangelten wir uns im Eiltempo alle Stufen der Intimität empor, bis wir schließlich nur noch wir selbst waren. Der Himmel war schwarz und voller Sterne, und ein hellblaues japanisches Federwölkchen kitzelte den Mond. Und so lehnten wir uns zurück. Uns war kalt, aber was machte das schon?
    Schweigend betrachteten wir den Himmel, als wehe eine sanfte Brise durch unsere Gedanken. In diesem Moment, kurz nach Mitternacht, ging mein Pieper los und scheuchte die Innigkeit fort. Wir zogen uns an und gingen hinein. Ich rief Wendy an. Sie hatte sich aus dem Krankenhaus gemeldet, um mir zu sagen, daß es Karen nicht gut ging. »Ihre Monitoranzeigen flackern nur noch schwach. Ihr Herz schlägt unregelmäßig, und ihr EEG sieht aus wie ein Seismogramm.« Ich konnte mir die Welt nicht ohne Karen vorstellen. »Soll ich sofort runterkommen?«
    »Nein. Geh schlafen. Warte bis morgen früh. Ich weiß, das klingt herzlos, aber dann wissen wir mehr. Lois und George kommen auch nicht.«
    Ich begann zu weinen. Wendy fragte: »Soll ich euch abholen?“
    »Nein. Die sind alle blau. Du hast eine lustige Party verpaßt.“
    »Tu bloß nichts Unüberlegtes, Richard.« Sie meinte: Fang bloß nicht an zu trinken.
    »Ich komme morgen früh«, sagte ich. »Jetzt muß ich erst mal allein sein.«
    »Ich bin hier. Du hast ja meine Pieper-Nummer.«
    Und ob ich anfing zu trinken - ich schnappte mir eine fast volle Flasche J&B und ging damit hinüber zum Damm, wo es ganz still war. Das Wasser war abgesperrt worden, weil der Wasserspiegel so kurz vor den herbstlichen Regenfällen sehr niedrig war. Der Damm war im Mondlicht so weiß wie Aluminium,

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