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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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daneben, und mit jedem Knacks wächst ihre Übelkeit. Ihr ist klar, daß die nächsten Autobahnmeilen, die zur Ausfahrt zur Rabbit Lane führen, unpassierbar sein werden. Während sie überlegt, was sie als nächstes tun soll, fährt vor ihr ein Motorrad an den Straßenrand - eine große, fette Yamaha. Der Fahrer läßt den Ständer herunter, steigt ab, zwinkert Megan zu, fällt mit dem Gesicht voran aufs Pflaster und schläft ein.    .
    Megan springt spornstracks auf die Maschine und rast damit die Delbrook Road hinauf, den Edgemont Boulevard entlang und über den Cleveland Dam. Inzwischen ist es völlig dunkel. Sie nimmt den Feldweg hinauf zum Glenmore Drive, braust dann den Stevens Drive hinunter und biegt in die Rabbit Lane ein. Sie ist zu Hause.
     
    Was für ein verdammt beschissener Tag. Hamilton erwacht mit entsetzlichen Kopfschmerzen und einem wüsten Kater; sein Gehirn fühlt sich an wie ein Güterwaggon voller sterbender Aliens, der im Wüstenboden vergraben wird - ein Bild, das einer alten Episode von Richards Fernsehserie entstammt. Kurz vor zwölf Uhr mittags humpelt er los, um sich ein Glas Wasser zu holen, stößt sich den Zeh an einem Stuhlbein, flucht, spürt ein Pochen in seinem Kopf und kuschelt sich schnell wieder in das Gewirr aus Laken und Bettdecke, das ihm als Bau dient, wenn er seinen Rausch ausschläft. Irgendwann nachmittags klingelt das Telefon; er ignoriert es. Etwa um drei holt er sich ein Glas Orangensaft und die Morgenzeitung und versucht, die Zeitung im Bett zu lesen, aber ihm ist immer noch schwindelig. Er gibt auf, dreht das Licht aus und wartet darauf, daß Pam um sechs herum nach Hause kommt.
    Wendy hat sich im Wald verirrt. Sie ist müde. Sie hat geglaubt, sie würde den richtigen Weg nach Hause kennen; jetzt kann sie sich nur noch an dem gedämpften Dröhnen des Damms im Norden orientieren. Der Mond scheint nicht, und auch die Stadt liefert kein Licht - die Wolken sind zu dicht. Das Fahrrad hat sie schon längst nicht mehr; die Räder haben sich verbogen, als sie über eine Wurzel gefahren ist. Von unten aus Richtung Stadt hört sie hin und wieder eine Explosion oder ein Donnern.
    Der Weg windet sich durch den Wald; Bäume, die bei den Stürmen des letzten Jahres umgestürzt sind, verleihen den Pfaden ein anderes Aussehen als in ihrer Erinnerung. Plötzlich fließt ein Bach da, wo Boden und Farn, wo Stein sein müßte. Wendy sinkt auf die Knie - sie ist todmüde. Sie ist nicht mal mehr fähig, nachzurechnen, seit wie vielen Stunden sie wach ist. Eine halb zu Ende gedachte Idee huscht ihr durch den Kopf: Sie wird sich aus Farn ein Nest bauen, das sie bis zum Tagesanbruch warm hält. Doch das ist bloß ein dummer Kindertraum. Das weiß sie.
    Sie reißt sich das Knie an der knotigen Rinde eines Baumes auf. Als sie hinuntergreift, um die Wunde zuzuhalten, sieht sie aus dem Augenwinkel einen blaßgelben Lichtschimmer von den Baumwipfeln herunterschweben, eine schattenhafte Gestalt in Grün und Gold, die stetig immer weiter und weiter herabsinkt. Sie dreht den Kopf, um das ruhige Abwärtsschweben des Lichts zu beobachten, gleichmäßig und reibungslos wie ein gläserner Aufzug. Es hält an.
    »Hallo, Wendy.« Es ist Jared, der da vor ihr steht, unglaublich jung, unverändert seit dem sonnigen Tag, an dem er einer erschrockenen Wendy, die allein auf der Zuschauertribüne ihr Mittagessen einnahm, einen Football zuwarf. »Jared? Süßer? Bist du das?«
    Das Licht, das Jared darstellt, hält den Finger an seine Lippen und bringt Wendy zum Schweigen. Er streckt die Hand aus, und Wendy umklammert diese schwerelose Gebilde sie verspürt keinen eigentlichen Körperkontakt, doch plötzlich wird ihr warm. Das ist alles, was sie sich je gewünscht hat.
    Sie sagt: »Jared, ich habe dich so vermißt. Ich ... wir alle -« Sie beginnt haltlos zu schluchzen. »Ich habe dich geliebt, und du fehlst mir, und seit du gegangen bist, war die Welt nie wieder so wie früher. Und jetzt habe ich mich verirrt, und ich habe Angst, und das Ende der Welt scheint gekommen. Ich bin jetzt Arztin - ich war heute im Krankenhaus. Mensch, Wendy, hör auf zu flennen.«
    Jared küßt seine Finger, wirft Wendy den Kuß zu, lächelt und macht eine Wichsgeste. Er nickt, um Wendy zu bedeuten, sie solle ihm folgen. Kein Härchen seiner langen, lockigen Mähne regt sich, wenn er den Kopf bewegt. Wendy geht ihm hinterher, beleuchtet von der sanften Schwefelfarbe seines Körpers. Unter Wendys Füßen glucksen Schlammpfützen,

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