Girlfriends 04 - Kuess Weiter, Liebling!
Adeles Hirn zog sich zusammen, und sie ließ die Fernbedienung aufs Sofa plumpsen. Genauso verrückt, wie die Leute manchmal von ihr glaubten. Sie stand auf und lief durchs Wohnzimmer ins Bad. Denn wer glaubte schon, mit einem Fluch belegt zu sein?
Eine Verrückte eben .
Sie schob ihre langen Ärmel hoch, drehte den Wasserhahn über dem Waschbecken auf und griff nach der Seife. Eine Verrückte, die schon seit Jahren kein gutes Date oder anständigen Sex mehr gehabt hatte. Eine ewige Brautjungfer, aber nie selbst Braut. In den vergangenen zwei Jahren war sie auf den Hochzeiten zweier ihrer engsten Freundinnen gewesen, und die dritte Freundin, Maddie, hatte gerade angekündigt, dass sie im Frühling heiraten wollte. Ausgerechnet Maddie, die alle Männer für potenzielle Serienmörder hielt. Maddie, die so paranoid war, dass sie ein Arsenal aus Pfefferspray, Schlagringen und Elektroschockern mit sich rumschleppte, hatte jemanden gefunden,
der sie liebte. Die durchgeknallte Maddie hatte jemanden gefunden, der sein Leben mit ihr verbringen wollte, während Adele nicht einmal jemanden auftrieb, der eine Beziehung mit ihr wollte, die länger dauerte als bis Mitternacht.
Die Seife flutschte ihr aus den Händen, während sie sie anständig zum Schäumen brachte. Sie blickte auf in den Spiegel und wusch sich mit den Fingerspitzen das Gesicht. Es war echt deprimierend. Noch vor ein paar Jahren waren alle vier Freundinnen solo gewesen, hatten sich regelmäßig zum Mittagessen getroffen und auf den Bahamas zusammen Urlaub gemacht. Sie waren allesamt Schriftstellerinnen und hatten viele Gemeinsamkeiten. Doch dann hatte eine nach der anderen geheiratet oder würde bald heiraten, und Adele war die Einzige, die noch single war. Sie konnte nicht mehr jederzeit zum Hörer greifen, um über Handlungsstränge, Männerprobleme oder die letzte Episode von CSI zu quatschen. Nach Jahren mit einem ausgefüllten Privatleben fühlte sie sich einsam und allein. Sie fühlte sich ausgeschlossen und tat sich selber leid. Dabei hasste sie Selbstmitleid fast genauso sehr wie die viele Zeit, die sie mit Grübeleien darüber verbrachte, was mit ihr nicht stimmte.
Sie griff nach einem Waschlappen, hielt ihn unters warme Wasser und wusch sich die Seife aus dem Gesicht. Sie war erst zweimal verliebt gewesen. Das letzte Mal vor drei Jahren. Er hieß Dwayne Larkin und war groß, blond und sehr sexy. Er war nicht perfekt gewesen, aber über seine lästige Angewohnheit, an den Achseln seiner Hemden zu riechen und auf dem Reißverschluss seiner Jeans Luftgitarre zu spielen, hatte sie großzügig hinweggesehen. Trotz seiner Macken hatten sie einiges gemeinsam gehabt. Sie begeisterten sich für alte Science-Fiction-Filme, faulenzten gern an Sonntagnachmittagen und wussten beide, wie es war, in jungen Jahren ein Elternteil
zu verlieren. Dwayne war nett und lustig gewesen, und sie hätte sich vorstellen können, den Rest ihres Lebens als Mrs. Larkin zu verbringen. Sie hatte im Geiste sogar schon begonnen, sich das passende Porzellan auszusuchen. Bis zu dem Tag vor drei Jahren, als er in ihrer Küche gestanden und sie einen Fettarsch genannt hatte. In einer Sekunde hatte er ihr noch von seinem Tag in der Arbeit erzählt, und in der nächsten hatte er mitten im Satz innegehalten, den Kopf zur Seite gedreht wie ein Androide und gesagt: »Du bist ein Fettarsch.«
Sie war damals so fassungslos, dass sie ihn fragte, was er gerade gesagt hatte. Leider hatte er es wiederholt.
»Adele, du hast einen dicken, fetten Arsch.« Er hatte sein Bier abgestellt und die Hände sehr weit gespreizt. »Etwa so breit.«
Von allen verletzenden Dingen, die er ihr hätte sagen können, war das das Verletzendste. Er hätte sie dumm oder hässlich nennen können, und es hätte sie nicht so tief getroffen. Nicht nur, weil es ihre größte Angst war, sondern weil er genau wusste, wie tief es sie kränken würde. Er hatte gewusst, dass sie den großen, breiten Hintern ihrer Großmutter Sally geerbt hatte und dass sie am Tag acht Kilometer joggte, jeden verdammten Tag, um zu verhindern, dass er ihre untere Körperhälfte übernahm. Vor diesem Abend hatte er stets betont, wie sehr es ihm gefiel, wie sich ihr Hintern in seine Hände schmiegte. Anscheinend war er ein Lügner. Noch schlimmer, ein gemeiner Lügner.
Adele hatte ihn aus ihrem Leben verbannt, doch aus irgendeinem Grund ließ Dwayne sich nicht völlig verbannen. Etwa einmal im Monat öffnete sie ihre Haustür und fand auf ihrer
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