Girlfriends 04 - Kuess Weiter, Liebling!
noch die Nase durchstechen lassen wie der Bulle, den wir letzten Sommer auf dem Jahrmarkt gesehen haben.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ach, Daddy.«
Am Mittwochnachmittag machte Adele sich einen Pferdeschwanz und raste mit quietschenden Reifen zu Kendras Schule. Sie war so ins Schreiben vertieft gewesen, dass sie spät dran war, um Kendra und Tiffany abzuholen.
»Tut mir leid«, sagte sie, als die zwei in Sherilyns Toyota stiegen. »Ich hab gearbeitet und dabei die Zeit vergessen.«
»Kein Problem.« Kendra knallte die Beifahrertür zu und stellte ihren Rucksack zwischen ihre Füße. »Kannst du mit uns zur Estée-Lauder-Abteilung bei Dillard’s gehen?«
»Klar. Was braucht ihr denn?«
»Ich brauch Schminksachen.« Tiffany stieg hinten ein, und sobald sie angeschnallt war, fädelte sich Adele in den Verkehr ein.
Adele konnte auch ein paar Sachen gebrauchen. »Ist dein Dad einverstanden?«
»Ja. Daddy hat mir seine Kreditkarte gegeben und gesagt,
dass ich nicht wie eine Nutte aussehen soll, wenn ich nach Hause komme.«
»Wie Jenny Callaway«, schnaubte Kendra verächtlich, und die Mädchen prusteten los.
Als Adele Daddy das letzte Mal gesehen hatte, war er gerade aus einer Toilettenkabine gekommen. Zuerst war sie von der Hoffnung zu geblendet gewesen, dass der Fluch nicht mehr wirkte, um etwas anderes zu empfinden als Erleichterung und reine Freude über das Geschehen in der Mädchentoilette. Eine Woche später wollte sie sich nur noch in eine Ecke verkriechen und vor Scham stöhnen. Sie war sich nicht so sicher, dass Zach und sie es nicht an der Wand getrieben hätten, wenn die zwei Mädchen nicht reingeplatzt wären. Sie dachte lieber nicht darüber nach, was passiert wäre, wenn er sie nicht noch in letzter Sekunde in die Kabine gezogen hätte.
»Tante Adele?«
Sie sah ihre Nichte an. »Ja?«
»Kendra, nein!«, raunte Tiffany entsetzt von hinten.
Kendra drehte sich zu Tiffany um. »Aber sie weiß das vielleicht.«
Adele warf im Rückspiegel einen Blick auf Tiffany, die entsetzt die Augen aufgerissen hatte und heftig den Kopf schüttelte. Sie sah ihrer Mutter so ähnlich, dass Erinnerungen an Devon in ihr aufstiegen, wie sie sich über die Marke der Slips lustig gemacht hatte, die Adele damals trug. »Was ist los?«, fragte Adele.
Kendra lehnte sich zurück. »Wann hast du deine Periode bekommen?«
Der Wagen kam ins Schlingern, als Adele ihrer Nichte einen irritierten Blick zuwarf. »Warum?«
»Weil Lilly Ann Potts ihre letzte Woche bekommen hat. Jetzt haben sie alle in der achten Klasse außer Tiffany.«
Adele musste an einer roten Ampel halten und sah noch einmal in den Rückspiegel. Tiffany hatte sich nach vorne gebeugt und das Gesicht vor Scham in ihrem Rucksack vergraben. Adele bezweifelte ernsthaft, dass außer Tiffany alle Achtklässlerinnen ihre Periode hatten. »Machst du dir deshalb Sorgen?«, fragte Adele.
Tiffany zuckte mit den Achseln.
»Sie glaubt, dass mit ihr etwas nicht stimmt«, verriet Kendra. »Und sie hat keine Mama, mit der sie darüber sprechen kann.«
Die Ampel sprang auf Grün um, und Adele fuhr über die Kreuzung. Mit dreizehn hatte sie auch keine Mutter mehr gehabt, und sie wusste, wie es war, wenn einem diese wichtige Figur im Leben fehlte. Wenn man immer den Verlust, den Schmerz und die Sehnsucht im Herzen spürte, aber sie hatte wenigstens Sherilyn gehabt. Die perfekte Nervensäge Sherilyn, die ihr alles erklären konnte. »Meine Mutter ist gestorben, als ich zehn war. Genau wie bei dir. Nur, dass ich eine ältere Schwester hatte, mit der ich über peinliche Sachen reden konnte, die ich mit meinem Dad nicht besprechen wollte.«
Tiffany hob den Kopf. »Ich hab ja versucht, mit meinem Daddy darüber zu sprechen. Er hat gesagt, ich könnte zum Arzt gehen, aber das will ich nicht, und ich will auch nicht mit meinen Großmüttern reden. Und vielleicht ist es auch ganz normal, aber ich hab im Fernsehen einen Bericht über Mädchen gesehen, die zu viele Jungshormone haben oder so und deshalb ihre Tage nicht bekommen und dafür einen Bart kriegen. Ich will aber keinen Bart kriegen.«
Das hatte Adele noch nie gehört, aber möglich war’s. »Ich glaube, ich war dreizehn, als ich meine Periode bekommen habe, aber meine Freundin Gail war vierzehn. Sie hatte weniger Busen als ich und war eine Spätentwicklerin.«
»Siehst du. Ich hab dir doch gesagt, du brauchst dir keine
Sorgen zu machen.« Kendra puhlte an einem blauen Nagellackfleck auf ihrem kurzen
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