GK0017 - Dr. Satanos
vorwärts.
Mit dem Mut der Verzweiflung hatte sie sich von Satanos losgerissen. Immer noch klangen ihr seine drohenden Worte im Ohr: »Ich bring’ dich um! Ich bring’ dich um!«
June rannte auf die Klippen zu.
Der kalte Nachtwind zerrte an ihren langen blonden Haaren, ließ sie wie eine Fahne hinter June herwehen.
Als bleiche Scheibe stand der Mond am Himmel, tauchte die gefährlichen Klippen in geisterhaftes Licht.
June Hillary achtete nicht mehr auf den Weg, verschwand zwischen den scharfzackigen Felsen.
Dr. Satanos kannte die Gegend wie seine Westentasche. Oft genug war er hier herumgegeistert. Er hatte auch gesehen, wo das Girl verschwunden war.
Ein gefährliches Lachen entrang sich seiner Kehle.
Wie ein Schemen verschwand er zwischen den Felsen, lauschte einen Augenblick und hörte den keuchenden Atem des Mädchens.
Er lächelte siegessicher. Dieses blonde Aas würde ihm nicht entkommen.
Geschmeidig wie eine Katze schlich er weiter, konzentrierte sich auf jedes Geräusch.
Eine Wolke schob sich vor den Mond.
Es wurde fast stockdunkel.
Und dann hörte Satanos den leisen Aufschrei. Es war ganz in der Nähe. Satanos huschte ein paar Schritte vor, duckte sich hinter einen Felsbrocken… In diesem Augenblick war die Wolke an dem Mond vorbeigezogen.
Da sah Satanos das Girl.
Es hockte in einer Felsnische. Schräg vor ihm. Noch hatte June ihn nicht entdeckt.
Satanos hetzte auf sie zu.
Plötzlich riß June den Kopf herum, sah den Schatten und schrie gellend auf. Satanos preßte ihr die Faust auf den Mund.
Der Schrei erstarb wie abgeschnitten.
An den Haaren zog der unheimliche Wissenschaftler das Mädchen zu sich heran.
June schluchzte auf, riß in einer verzweifelten Reaktion ihr Knie hoch.
Satanos hatte Glück. Junes Knie traf nur seine Hüfte.
Trotzdem steigerte dieser Tritt seine Wut. Er schlug die rechte freie Hand in Junes Gesicht. Gleichzeitig ließ er ihre Haare los.
Das Girl flog zurück, krachte gegen einen Felsen und blieb wimmernd liegen.
»Du Dreckstück!« keuchte Satanos. »Ich werde dich von den Klippen ins Meer stürzen. Komm, hoch mit dir!«
Doch June besaß keine Kraft mehr. Sie schaffte es nicht, auf die Beine zu kommen.
Satanos fluchte. »Muß ich dich noch zur Hinrichtung schleppen, verdammt?«
Wieder zog der Verbrecher June an den Haaren, schleifte sie wie ein Stück Vieh hinter sich her.
Das rauhe Gestein riß Junes Kleider auf, zerfetzte ihre Schuhe.
Satanos kletterte mit seiner Last die Felsen hoch. Er hatte einen bestimmten Punkt ins Auge gefaßt.
Es war die höchste Stelle hier auf den Klippen.
Endlich hatte er es geschafft.
Nach Atem ringend, machte er eine kurze Pause.
June lag zu seinen Füßen. Sie war vollkommen erschöpft, bekam alles gar nicht mehr richtig mit. Ihr war der Tod plötzlich gleichgültig.
Der fahle Mond beleuchtete die Szene. Deutlich hob er die Konturen der beiden Menschen hervor.
Satanos kicherte wahnsinnig. Seine Knochenhände packten das Girl, hoben es hoch.
Unten schäumte die Brandung. Das Rauschen der Brecher drang bis zu den Felsen hinauf.
Noch einmal stimmte Dr. Satanos sein teuflisches Gelächter an. Er hob den rechten Arm, um June den alles entscheidenden Schlag zu versetzen, der sie zwischen die Klippen schmettern würde…
***
Auf allen vieren kroch John Sinclair weiter. Ein Gedanke beseelte ihn: Du mußt June retten!
John achtete nicht auf die Steine, die seine Kleidung zerrissen und sich schmerzhaft in sein Fleisch bohrten. Er sah immer Junes angstverzerrtes Gesicht vor sich. Wenn sie starb, war er schuld.
Die Pistole hielt John immer noch in der Hand.
John hatte den Schloßhof hinter sich gelassen, war auf die Felsen zugekrochen.
Jetzt zog er sich an einem Stein hoch. Sein Atem ging keuchend. Trotz der Kälte lag ein dicker Schweißfilm auf seiner Stirn.
John zitterte, als er endlich stand. Und da sah er Satanos und June.
Die beiden befanden sich auf dem höchstgelegenen Felsen.
John sah, wie Satanos June hochzog. Der Inspektor hob seine Pistole. Der Mond gab gutes Licht, doch für einen Pistolenschuß war die Entfernung zu weit.
Resigniert ließ John die Waffe sinken.
Jetzt hob Satanos den Arm.
John merkte nicht, wie sich seine Hand in das Felsgestein krallte, wie er sich die Lippen blutig biß. Für ihn zählte nur eins.
Er hatte versagt!
***
Mary Brown stand am Fenster ihrer Wohnung und starrte in die Nacht.
Sie konnte nicht schlafen. Zuviel war auf sie eingestürmt. Wie im Zeitraffer liefen die
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