GK0042 - Das Rätsel der gläsernen Särge
befanden. Sie waren an einer günstigen Stelle über das Gitter geklettert und bewegten sich nun auf Schleichwegen zu dem Grab von Cordelia Cannon hin.
Zum Glück lag das Grab am äußersten Ende einer langen Gräberkette, so daß die Männer von zwei Seiten aus durch Büsche gedeckt waren. John erreichte das Grab als erster. Seine Augen tasteten die Umgebung ab, soweit dies bei der herrschenden Dunkelheit möglich war.
»Kommt!« zischte er den anderen beiden zu. Die Beamten brachen durch die Büsche. John blickte auf seine Uhr. Um 21 Uhr wollten sie beginnen. Jetzt war essogar noch acht Minuten vor der Zeit. Eine gute Ausgangsbasis.
Auf dem Grabhügel türmten sich Kränze. Bouquets und Blumen. Zwischenihnen steckte ein einfaches Holzschild.
John schaltete seine Taschenlampe an und las: »Cordelia Cannon geb. 1947 – gest. 1973«
26 Jahre alt war dieses Mädchen geworden. Eine Schande. John schaltete die Lampe aus und trieb seinen Spaten in das lockere Erdreich. »Fangen wir an!«
Die Männer räumten zuerst die Kränze und Blumen weg. Dann griffen sie zu den Schaufeln. Sie arbeiteten schweigend. Nur ab und zu stieß einer einen kurzen Fluch aus, wenn er mit seiner Schaufel an ein Lehmstück geraten war, das zu groß war. Dann half Johns Spaten. Ein sichelförmiger Halbmond beleuchtete die Szene. Leiser Wind raunte in dem Blatt- und Buschwerk.
Die Männer ließen nur ab und zu ihre Lampen aufblitzen, um sich besser orientieren zu können, wie tief sie denn eigentlich schon waren. John Sinclair arbeitete mit einer wahren Verbissenheit. Er, der praktisch Sarah Toffins Tod miterlebt hatte, haßte diese Satansbrut der Ghouls wie die Pest. Und auch um Sheila und Bill Conolly machte er sich heftige Sorgen. Bill hat sich bei ihm den ganzen Nachmittag über nicht gemeldet, nur morgens hatte er kurz im Yard angerufen, aber da war John nicht im Büro gewesen. Natürlich befanden sich Sheila und Bill in Abbots Gewalt. Aber beweisen konnte man diesem Kerl nichts. Und bloße Verdachtsmomente reichten für einen Hartbefehl nicht aus.
»Inspektor, ich bin an dem Sarg angekommen«, rief einer der Männer leise. John stemmte seinen Spaten in einen Lehmhügel, nahm die Lampe und leuchtete.
Der Mann stand bis zur Brust in dem offenen Grab. Mit dem Schaufelblatt kratzte er etwas Dreck weg. John konnte das Oberteil des Sarges erkennen.
»Macht weiter«, sagte er. »Aber schaufelt den Dreck um den Sarg herum weg.«
»Gut. Inspektor.«
Lehmklumpen auf Lehmklumpen wurde aus dem Grab geschleudert. John schaufelte sie noch etwas zur Seite, damit sie nicht wieder zurück in das Grab rutschten. »Fertig, Inspektor.«
John wischte sich den Schweiß von der Stirn und ließ den Spaten fallen. »Kommen Sie raus.«
Die beiden Beamten kletterten aus dem Grab. Sie zündeten sich erst mal Zigaretten an. Auch John genehmigte sich einen Glimmstengel. Wie Glühwürmchen leuchteten die drei roten Punkte in der Dunkelheit auf. »Und jetzt, Inspektor?«
»Ist Ihr Dienst beendet, Gentlemen.«
»Für Sie nicht?«
John schüttelte den Kopf. »Ich habe hier noch etwas anderes zu erledigen.«
»Wollen Sie etwa den Sarg allein aufbrechen?«
»Vielleicht«, gab John knapp zurück. »Auf jeden Fall danke ich Ihnen für die freiwillige Nachtarbeit.«
»Nicht der Rede wert, Inspektor.«
Die beiden Beamten wandten sich ab. »Und passen Sie auf, daß Sie nicht den Geistern in die Hände fallen«, rief einer noch.
John gab keine Antwort. Der Mann wußte nicht, daß sein Spott blutiger Ernst werden konnte.
John Sinclair ließ sich in das Grab hineingleiten. Mit einem Fingerdruck knipste er die Lampe an.
Die beiden Beamten hatten gut gearbeitet. Zwischen dem Sarg und den Seitenwänden des Grabes war genug Platz, um einigermaßen stehen zu können.
John zwängte sich auf die Knie. Der feuchte Lehm drang sogar noch durch seine Kordhose.
Der Inspektor hatte die Lampe zwischen die Zähne genommen. In dem Lichtschein sah er Würmer und Kriechtiere an den Grabwänden herumkrabbeln.
John machte sich an die Untersuchung des Sarges. Er war nach wie vor fest verschlossen. Damit war zu rechnen gewesen. Den Inspektor interessierten vor allem die Seitenwände der Totenkiste. Und hier machte er dann die Entdeckung.
Ein kleiner, kaum wahrnehmbarer Holzhebel geriet zwischen seine Finger. John zog den Hebel probehalber nach oben. Nichts geschah. Dann in die andere Richtung.
Und plötzlich klappte die eine Seitenhälfte nach außen weg. Jedoch nur ein kleines
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