GK0057 - Die Bräute des Vampirs
Opfer sein würde.
George Baker…
***
Das Telefon schrillte.
Erschreckt fuhr George Baker aus seinem Halbschlaf. Er hatte sich auf die Couch gelegt, weil die Müdigkeit letzten Endes doch zu groß geworden war.
Während er zum Apparat ging, warf er einen Blick durch das Fenster.
Draußen war es schon dunkel.
George Baker fröstelte. Er wußte nicht, woher das kam. Vielleicht eine Ahnung kommender Gefahr.
Als das Telefon zum fünftenmal läutete, hob George den Hörer ab.
»Baker.«
Zuerst hörte er nur ein leises Rauschen. Doch dann, wie aus unendlicher Ferne, drang eine Stimme an sein Ohr.
»Bist du das, George?«
Baker erstarrte. Sein Herz begann auf einmal rasend zu hämmern. Die Stimme – mein Gott, er kannte sie. Sie gehörte Miriam. Miriam West.
»George? Bitte. George, melde dich doch!«
Dem jungen Mann saß ein Kloß in der Kehle. Er mußte sich erst räuspern, ehe er antworten konnte. Und auch dann glich seine Stimme mehr einem Krächzen.
»Ja, Miriam, ich bin es. Sag, warum…«
»Keine Fragen, George. Ich will dich sehen. Bitte.«
»Dann komm zu mir«, sagte George aufgeregt.
»Nein, ich kann nicht. Du mußt kommen. Zum Battersea Park. Hörst du? Battersea Park. Ich warte dort auf dich. Vor dem großen Reiterdenkmal. Aber beeile dich, George.«
»Moment mal, Miriam. So einfach ist das…«
George Baker sprach den Satz nicht zu Ende. Miriam West hatte aufgelegt.
Sekundenlang starrte der Mann auf den beigefarbenen Telefonhörer. Er fühlte, wie sich in seinen Handflächen der Schweiß sammelte und zu dicken Tropfen wurde. Langsam legte er den Hörer auf die Gabel.
Noch einmal überdachte er das Gespräch. Er erinnerte sich auch an den vergangenen Tag, wo er Miriam in den Klauen eines Vampirs entdeckt hatte. Was hatte der Inspektor gesagt? Ihrer Freundin ist wahrscheinlich nicht mehr zu helfen.
George Baker lächelte bitter. Bestimmt hatte der Mann unrecht. Der Anruf bewies das schließlich. Aber benehmen sich nicht auch Vampire manchmal wie Menschen…?
George schüttelte die trüben Gedanken ab, warf sein Jackett über und schlüpfte in seine Schuhe. Eilig verließ er die Wohnung.
Er fuhr einen VW-Porsche, der immer vor dem Haus parkte. Jetzt, als er hinter dem Steuer saß, packte ihn das Fieber. Ja, er wollte Miriam West wiedersehen. Koste es, was es wolle.
Die Fahrt zum Battersea Park dauerte ihm viel zu lange. Er mußte sich durch den samstäglichen Vergnügungsverkehr winden und brauchte fast eine Stunde, ehe er die Ausläufer des Parks erreichte, wo sich auch die wenigen Parkmöglichkeiten befanden.
Mit seinem Fahrzeug standen nur vier Wagen auf dem Parkplatz. George Baker rammte die Hände in die Hosentaschen und machte sich auf den Weg zum Denkmal. Das Reiterdenkmal stammte aus dem vorigen Jahrhundert und lag direkt an dem kleinen See, der den Mittelpunkt des Parks bildete. Im Sommer konnte man hier Boote mieten, doch im Winter und Herbst war alles öd und leer.
George näherte sich seinem Ziel über Seitenwege. Er ging schnell und erreichte nach zehn Minuten den Treffpunkt. Niemand war ihm bisher begegnet.
George wurde es ein wenig unheimlich zumute. Warum hatte Miriam gerade diesen Platz ausgesucht? Er hätte doch lieber den Inspektor anrufen sollen.
George Baker lehnte sich an den Sockel des Denkmals und verkürzte sich die Wartezeit mit einer Zigarette.
Schnell hintereinander stieß er die Rauchwolken aus. Das bewies, wie nervös George Baker war.
»George…« Die Stimme war nicht mehr als ein Hauch.
Baker ließ die Zigarette fallen und versuchte, mit weit aufgerissenen Augen die Dunkelheit zu durchdringen.
»Miriam?«
»Ich bin hier, George. Am See. Komm!«
Der junge Mann zögerte nicht länger. Er lief ein kurzes Stück über eine Wiese, teilte ein Gebüsch und stand dann am Ufer. Vor ihm lag die blaugraue Wasserfläche des Sees.
Miriam West lehnte an einem Baumstamm, keine drei Meter von ihm entfernt. George drehte sich nach links und lief auf das Mädchen zu.
Dicht vor Miriam blieb er stehen. Mit beiden Händen faßte er ihre Schultern.
»Was ist nur geschehen, Miriam?« fragte er hastig. »Ich – ich habe mir große Sorgen um dich gemacht.«
Miriam hob ihren Arm. Sacht strich sie mit den Fingerkuppen über Georges Wange.
»Das brauchst du nicht«, flüsterte sie. »Mir geht es sehr gut. Ich fühle mich wohl.«
»Was soll das heißen?«
»Ich wohne jetzt woanders, George. In einem wunderbaren alten Haus. Es ist dort immer dunkel. Genau wie jetzt.
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