GK0057 - Die Bräute des Vampirs
können Sie einfach noch nicht erwarten. Doch nun etwas anderes, Mr. Baker. Sie kennen Miriam West gut, oder?«
»Mein Gott, was man gut nennt. Wir waren Kollegen. Allerdings will ich nicht bestreiten, daß ich in Miriam verknallt war. Trotzdem sie ihre Launen hatte.«
»Aber davon ganz abgesehen«, sagte John, »Sie arbeiten in der Werbung, haben bestimmt einen großen Bekanntenkreis. Haben Sie diesen Vampir, der Miriam besucht hatte, irgendwo schon mal gesehen? Auf einem Fest, einer Feier, was weiß ich?«
George Baker schüttelte entschieden den Kopf. »Nein, Inspektor, dieser Kerl ist mir in der letzten Nacht zum erstenmal über den Weg gelaufen. Haben Sie denn schon irgend etwas unternommen, Mr. Sinclair?«
»Ja. Unsere Leute sind augenblicklich dabei, die Wohnung Ihrer Bekannten unter die Lupe zu nehmen. Sie wissen, Fingerabdrücke und so weiter. Vielleicht kommt etwas dabei heraus. Das ist die einzige Hoffnung, die ich im Augenblick habe.«
»Tja!« George lehnte sich zurück und starrte geistesabwesend gegen die Decke.
John spürte, daß dieser Mann alles gesagt hatte. Deshalb stand er auf und verabschiedete sich.
George Baker brachte ihn noch zur Tür.
»Wissen Sie was, Inspektor«, sagte er, als er die Klinke bereits in der Hand hielt, »ich mache mich selbst auf die Suche nach Miriam West.«
John wandte den Kopf und blickte George Baker ernst an. »Lassen Sie die Finger davon. Es ist besser für Sie.«
Wenig später saß John wieder in seinem Bentley. Er fuhr zu seiner Wohnung und deckte sich mit gewissen Waffen ein, die er bei einer Auseinandersetzung mit Vampiren unbedingt haben mußte. Unter anderem war auch ein silbernes Kreuz dabei, das unten spitz wie ein Brieföffner zulief. John hatte es vor wenigen Tagen von einem Museumsdirektor bekommen. Er hatte nicht damit gerechnet, daß diese Waffe schon so schnell zum Einsatz kommen würde…
***
Dr. Barow erwachte.
Er hatte den ganzen Tag über geschlafen. Jetzt, bei Anbruch der Dämmerung, verließ er seinen Sarg.
Dr. Barow fühlte sich nicht mehr als Mensch. Zu sehr war er schon in seine neue Rolle hineingewachsen. Das Böse in ihm – der Blutrausch – hatte bereits die Überhand gewonnen.
Dr. Barow fuhr sich mit beiden Händen über sein Gesicht. Er spürte genau, daß sich die Haut über dem Oberkiefer gestrafft hatte.
Dr. Barow trat ans Fenster. Er zog die dunklen Vorhänge zur Seite.
Draußen lag bereits die Dunkelheit über dem Land. Ein paar Sterne blitzten am Himmel, und die Sichel des Halbmondes leuchtete gespenstisch. Das war seine Nacht.
Die Nacht des Vampirs!
Dr. Barow wandte sich vom Fenster ab. Er nahm einen Leuchter und zündete zwei Kerzen an. Das Ratschen des Streichholzes über der Reibfläche war das einzige Geräusch in dem sonst totenstillen Haus, in dem keine Uhr tickte, das nur dunkel und verlassen war.
Der Vampir ging in den Keller. Er verursachte kaum ein Geräusch. Wie ein unheimlicher Schatten schlich er die Treppe hinunter.
Die Tür zu dem Verlies, in dem Miriam lag, war nicht abgeschlossen.
Dr. Barow legte die linke Hand auf die verschnörkelte Klinke und drückte die Tür langsam auf.
Miriam West war schon wach. Hoch aufgerichtet stand sie vor ihrem Sarg. Es hatte den Anschein, als hätte die einbrechende Dunkelheit sie geweckt.
Das zuckende Kerzenlicht umspielte ihre Gestalt.
Miriam sah schön aus. Auch jetzt noch.
Das lackschwarze Haar berührte die makellosen Schultern des Mädchens. Es ließ das Gesicht, in dem nur die kohlrabenschwarzen Augen lebten, noch blasser erscheinen.
Miriam wirkte wie ein von einem Bildhauer gemeißeltes Standbild.
Als ihr Blick Dr. Barow traf, zog sie die Oberlippe von den Zähnen, und die beiden blutsaugenden Stachel wurden sichtbar.
»Deine Stunde ist nahe«, flüsterte Dr. Barow. »Noch in dieser Nacht bekommst du das Blut, das du brauchst, um weiterleben zu können.«
Dr. Barow wandte sich um und ging mit Miriam nach oben. Er löschte die Kerzen, schaltete die Alarmanlage ein und verließ das Haus.
Dann holte er den Mercedes, den er hinter dem Haus abgestellt hatte.
Miriam West wartete solange.
Dr. Barow hielt neben ihr und öffnete die Tür.
»Steig ein!«
Miriam ließ sich in den Fond gleiten. Sie spürte plötzlich eine nie gekannte Erregung.
Sie stellte sich Menschen vor, Menschen, deren Blut sie trinken wollte. Ihr war es egal, ob es Frauen, Männer oder Kinder waren.
Der Blutrausch hatte Miriam West gepackt. Und sie wußte auch schon, wer ihr
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