GK0057 - Die Bräute des Vampirs
Diese Dunkelheit, sie ist herrlich.«
George Baker lief ein Schauer über den Rücken, als er das Mädchen so reden hörte.
Immer mehr machte sich das Gefühl in ihm breit, daß etwas nicht stimmte. Auch das Kleid, das sie anhatte. Der Mode nach mußte es aus dem vorigen Jahrhundert stammen.
Nein, da war etwas faul.
»Miriam!« sagte er scharf. »Was auch geschehen sein sollte, du gehst nicht mehr in das Haus zurück. Verstanden?«
Miriam West lachte leise. »Du kannst mich daran nicht hindern, George.«
»Und ob ich das kann.« Unwillkürlich war sein Griff fester geworden. Er wunderte sich, daß Miriam keinen Schmerzensschrei ausstieß.
Miriam sah ihn nur an. Und sein vor Sekunden noch eisenharter Wille schmolz dahin wie Schnee in der Sonne.
»Küß mich!« flüsterte Miriam.
»Ich – ich…«
Das Mädchen lächelte nur. Sie umfaßte Georges Kopf und zog ihn zu sich heran.
Langsam, aber unaufhaltsam.
»Du liebst mich doch«, murmelte sie. »Sag, daß du mich liebst. Sag es.«
»Ja«, stöhnte George Baker. »Ich liebe dich.«
Nur noch eine winzige Spanne trennte die beiden Münder voneinander.
Und dann traf der Schock George Baker wie ein Fausthieb. Buchstäblich im letzten Augenblick merkte er, was mit Miriam los war.
Sie atmete nicht mehr!
»Nein!« keuchte George und wollte seinen Kopf zurückreißen.
Doch die Untote gab ihn nicht frei. Jetzt zeigte sie ihr wahres Gesicht.
Fauchend wandte sie ihr Gesicht zur Seite, entblößte das Gebiß und versuchte, die spitzen Vampirzähne in Georges Hals zu rammen.
George Baker riß im letzten Augenblick sein Knie hoch. Er traf die Frau in den Magen.
Die Wucht stieß sie zurück bis gegen den Baumstamm. Der Griff lockerte sich.
George riß sich los. Doch Miriams linke Hand erwischte ihn noch an der Schulter, rutschte ab und krallte sich in dem Jackett fest.
George Baker keuchte. Sein Schlag krachte auf den Arm der Untoten.
Miriam zeigte keine Reaktion. Im Gegenteil. Sie warf sich vor und riß mit den Fingernägeln das Gesicht des Mannes auf.
George brüllte vor Schmerz. Fünf rote Streifen, aus denen Blut lief, zogen sich über seine Wangen.
Der Lebenssaft machte die Untote rasend.
Schreiend und fauchend warf sie sich auf den Mann. George verlor das Gleichgewicht und krachte zu Boden.
Miriam fiel auf ihn. Ihre nadelspitzen Zähne zielten nach dem Hals des Mannes.
Doch noch gab sich George nicht geschlagen. Wild warf er seinen Kopf hin und her, versuchte mit letzter Kraft, aus der tödlichen Umklammerung zu entkommen.
Vergebens. Die Untote war stärker. Sie hatte die Kraft der Hölle und setzte sie gnadenlos ein.
Ihre linke Hand preßte das Gesicht des Mannes in die Erde, die andere fetzte das Hemd auseinander, während ihre Knie den Körper festnagelten.
George Baker hatte keine Chance mehr. Seine Kräfte erlahmten von Sekunde zu Sekunde.
Aus weit aufgerissenen Augen, in denen das Weiße leuchtete, starrte er auf die mörderische blutsaugende Fratze dicht vor seinem eigenen Gesicht.
Und dann stieß die Untote zu.
Die gräßlichen Zähne bohrten sich tief in das Fleisch des Halses. Die Lippen saugten gierig den warmen Lebenssaft aus dem Körper.
Blut!
Das war es, was sie brauchte.
Miriam kannte keine Gnade. Unerbittlich hing ihr Mund an dem Hals des Mannes. So lange, bis ihr Rausch gestillt war.
Jetzt erst ließ sie von ihrem Opfer ab.
George Baker lag auf dem Rücken. Seine Augen starrten blicklos gegen den wolkenverhangenen Himmel.
Aber der Mann war nicht tot. Er würde bald wieder aufstehen und als Vampir weitere Opfer suchen. So forderte es das Gesetz des Bösen.
Die Untote sah sich um. Niemand hatte sie beobachtet. Träge klatschend schlugen die Wellen an das Kiesufer des Sees.
Trotzdem war Miriam vorsichtig. Sie faßte ihr Opfer an den Beinen und zerrte es in ein nahe gelegenes Gebüsch.
Stumm wartete sie ab.
Und schließlich, nach gar nicht allzulanger Zeit, begann sich George Baker zu regen. Er schlug die Augen auf und wollte sich aufstützen. Doch Miriam drückte ihn wieder zurück.
»Bleib liegen!« sagte sie. »Er wird gleich kommen!«
»Wer ist er?«
Miriam lächelte nur. »Warte es ab. Du wirst ihn bald kennenlernen. Er ist noch unterwegs, um sich ein zweites Opfer zu holen.«
»Wer wird das sein?« fragte George.
»Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall eine Frau. Eine schöne schwarzhaarige Frau…«
***
Urplötzlich hörte die Band auf zu spielen.
In der Bar wurde es still. Die Gesichter der Gäste – zum
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