GK0074 - Die Insel der Skelette
erwiderte Powell. »Sollten Sie etwas Konkretes herausfinden, sagen Sie mir Bescheid.«
»Wird gemacht.«
John verabschiedete sich mit einem Grinsen. Er sah nicht mehr das zufriedene Gesicht seines Vorgesetzten, der diesen Fall in den besten Händen wußte.
In der Funkzentrale war schon alles vorbereitet. John bekam eine kleine Glaskabine zugeteilt, in der sein Reißbrett stand, worauf ein übergroßer Stadtplan von London befestigt war. In einem Steckkissen steckten rote und gelbe Fähnchen.
Die Beamten hatten sich in vier Gruppen geteilt. Sie durchkämmten die Riesenstadt in allen Himmelsrichtungen. Dabei arbeiteten Uniformierte und auch Zivile Hand in Hand. Die Zeit verging.
Fast in jeder Minute tropften Meldungen ein. Alle negativ. John bezeichnete jeweils die durchgekämmten Anlagen mit gelben Fähnchen.
Die Mittagszeit verstrich. Dann – gegen vierzehn Uhr – stellte sich der erste Erfolg ein.
Im Nordosten von London gab es einen kleinen Park, in dessen Zentrum eine Art Pavillon stand. John suchte auf der Karte, fand die Fläche und versah sie mit einem roten Fähnchen.
Dreißig Minuten später der zweite Erfolg.
Diesmal kam die Meldung aus Lambeth, einem kleinen Vorort dicht an der Londoner City.
Wieder trat ein Fähnchen in Aktion.
Die letzte Meldung kam aus Chelsea. Hier hatten die Beamten ebenfalls einen Park mit Pavillon gefunden.
Eine Stunde später war der Einsatz beendet. John fuhr mit den drei Namen sofort hoch zu Superintendent Powell. Das Jagdfieber hatte den Inspektor gepackt.
Powell sah sich die drei Parks auf der Karte an. Dann meinte er: »Die Männer werden sich nicht gerade einen Fleck ausgesucht haben, der außerhalb der City liegt. Der Anmarschweg wäre zu weit. Ich tippe auf Chelsea.«
John Sinclair nickte. »Die Vermutung ist nicht schlecht. Ich werde mir diesen Park als ersten vornehmen.«
Im gleichen Augenblick schrillte das Telefon. Powells Sekretärin meldete einen Anruf für ihren Chef.
»Stellen Sie durch.«
Mary Cassidy war am Apparat. Sie verlangte John Sinclair zu sprechen.
Powell gab John den Hörer.
»Mr. Sinclair«, hörte der Inspektor die Stimme der Frau. »Ich habe überall versucht, Sie zu erreichen.«
»Was gibt es denn so Wichtiges?«
»Mir ist eben eingefallen, daß heute der Tag ist, an dem sich mein Mann immer mit seinen Freunden getroffen hat. Das ist mir in der Aufregung ganz entgangen.«
John hatte Mühe, einen leisen Pfiff zu unterdrücken. Dann sagte er: »Ich glaube, Mrs. Cassidy, Sie haben uns da einen sehr großen Dienst erwiesen. Ich bedanke mich nochmals für Ihren Anruf.«
John legte den Hörer auf. In kurzen Worten informierte er Superintendent Powell über das Gespräch. Anschließend hielt ihn nichts mehr.
John Sinclair hatte eine Spur gewittert.
Doch bevor er sich auf den Weg zu dem Park machte, fuhr er noch zu seinem Apartment. Er hatte da ganz spezielle Waffen, auf die er lieber doch nicht verzichten wollte…
***
Cohen Masters verließ das Haus, als es schon dunkel war. Heute war Sonntag. Der Tag, an dem sie sich immer trafen.
Vorsichtig schlich Masters zu der Garage, die an der rechten Hausseite angebaut worden war.
Wenn ihn jetzt jemand entdeckte…
Aber bei dem Wetter war kaum ein Mensch draußen und schon gar nicht in der kleinen Bungalowsiedlung.
Masters klappte das Garagentor hoch.
Seltsam, er hatte noch die gleichen Empfindungen wie ein normaler Mensch, dachte und fühlte genau wie früher.
Und doch war etwas anders geworden.
Er war ein Skelett. Eine Horror-Gestalt.
Der Motor des Austins kam sofort. Langsam fuhr der Wagen aus der Garage. Das Tor zur Straße stand schon offen. Die Garagentür schloß Masters nicht mehr. Er wollte nicht noch einmal aussteigen und das Risiko eingehen, doch noch gesehen zu werden.
Seine tote Frau hatte er im Bett liegengelassen. Es machte ihm nichts aus, er würde bestimmt nicht mehr hierher zurückkehren. Und Nachbarn würden sie irgendwann schon finden.
Cohen Masters merkte oder wollte nicht merken, daß sich doch etwas in ihm verändert hatte.
Für ihn gab es nicht mehr Gut oder Böse – sondern nur das Böse.
Er hatte in den letzten Stunden oft gefühlt, wie ihn ein Mordrausch überfallen hatte. Nur mit Mühe hatte er sich beherrschen können. Er durfte nicht auffallen.
Noch nicht…
Was hinterher war? Nun, heute abend würde es sich entscheiden, wenn der Fürst der Finsternis seinen Diener schickte…
***
Der kleine Park lag westlich eines Kasernengeländes, direkt
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