GK0098 - Bruderschaft des Satans
Gast an der Bar. Der Wirt gähnte schon diskret.
Lefèvre nahm den Hocker neben Muller. Der Inspektor bestellte sich einen Roten.
»Na, Muller, was herausgefunden?«
Der schlaksige Assistent schüttelte den Kopf.
»Keiner will was gesehen haben. Sie wollten doch diesen Polizisten suchen. Haben Sie ihn gefunden?«
Lefèvre lachte auf. Dann begann er zu berichten.
Muller vergaß sogar, an seiner Zigarette zu ziehen, so überrascht war er.
»Und diese Germaine hat tatsächlich den Kerl gesehen?«
»Ja. Sie behauptet das wenigstens. Was ich davon halte, ist Ihnen doch hoffentlich klar. Nämlich nichts. So, und jetzt lege ich mich ins Bett. Setzen Sie die Getränke auf die Rechnung«, sagte Lefèvre zu dem Wirt und rutschte vom Hocker.
Muller folgte dem Beispiel seines Chefs.
Die Männer gingen gähnend die Treppe zum ersten Stock hoch. Ihre Zimmer lagen einander gegenüber. Es waren einfache, saubere Räume, ohne Dusche, dafür mit einem Waschbecken.
Lefèvre und Muller sprachen noch einige Minuten auf dem Gang miteinander und trennten sich dann.
Muller war noch müder als sein Chef. Er haßte den Nachtdienst und würde sich wohl nie in seinem Leben daran gewöhnen können.
Muller warf seine Sachen in die Ecke und legte sich ins Bett. Er schlief sofort ein.
Er wußte nicht, wie lange er so gelegen hatten, als ihn ein hohles Kichern aus dem Schlaf riß.
Augenblicklich setzte sich Muller auf.
Die Dunkelheit umgab ihn wie ein Tuch. Nur aus dem kleinen Fenster drang etwas Mondlicht. Es zeichnete ein helles Rechteck auf den Holzfußboden.
Wieder hörte er das Kichern. Muller räusperte sich und strich seine dunkelbraune Haarmähne aus der Stirn.
»Ist hier jemand?«
Seine Stimme klang rauh und kratzig.
Keine Antwort. Nur wieder das Kichern.
Muller wurde es mulmig zumute. Er tastete nach der Nachttischlampe, drückte auf den Knopf.
Es blieb dunkel im Zimmer!
Muller versuchte es nochmals. Wieder ohne Erfolg.
Da hörte er eine Stimme. »Sie haben mich doch gesucht, mein Bester. Nun, hier bin ich!«
Muller fühlte, wie er sich verkrampfte. Sein Magen schien auf einmal größer zu werden und bis zu seinem Hals hinaufzuwandern. Langsam stieg das Grauen in ihm hoch. Lefèvres Berichte fielen ihm wieder ein. Die Toten! Sollten sie wirklich…?
Muller wagte nicht daran zu denken.
Auf einmal sah er das Leuchten. Es war mehr ein grünliches Flimmern, das direkt vor seinem Bett schwebte.
Das Flimmern wurde stärker, leuchtete jetzt das gesamte Zimmer aus. Konturen schälten sich hervor.
Ein menschlicher Körper entstand.
Und dann stand er vor ihm.
Roger Moulin!
Muller hatte Bilder von dem Toten gesehen, und er war hundertprozentig sicher, daß Moulin es auch war.
»Nun, Monsieur?« sagte Moulin, »Sie wollten doch was von mir. Bitte, ich stehe Ihnen zur Verfügung. Sie haben die einmalige Chance, einen Toten zu befragen. Zehn Minuten gebe ich Ihnen, dann werde ich Sie töten.«
Muller zitterte wie Espenlaub, als er die Worte vernahm.
Zehn Minuten, dröhnte es in seinem Kopf. Zehn Minuten.
Plötzlich versagte seine Stimme, fiel ihm nichts mehr ein. Wie leergepumpt war sein Gehirn.
Die Zeit verstrich. Noch immer starrte Muller gebannt auf die Gestalt aus dem Totenreich.
»Nun, Monsieur?« hörte er wieder die Stimme.
Muller atmete schneller. Langsam merkte er, wie die Starre von ihm abfiel. Er hob den Arm, wollte nach der Gestalt greifen.
Er faßte hindurch!
Der Körper war nicht existent. Es war nur der Geist.
Muller erschrak bis ins Mark. Die Haare standen ihm zu Berge.
So sah es also aus.
Er kam nicht mehr weiter mit seinen Gedanken.
Die Gestalt vor ihm begann sich zu verwandeln. Wieder setzte das Leuchten ein. Das Gesicht, die Haut – alles zerfiel, wurde zu einer schwammigen Masse, die grünlich fluoreszierte. Leere Augenhöhlen glotzten den armen Muller an.
Doch das schlimmste war die Zange, die die unheimliche Gestalt plötzlich in der Hand hielt.
Muller dachte daran, was ihm Lefèvre erzählt hatte. An die Würgemale, die an Germaine Bousseaus Hals zu sehen gewesen waren. Und ihm wurde sofort klar, welches Schicksal ihm zugedacht war.
Der Unheimliche hob die Zange. Die braune Kutte raschelte nicht einmal, als sie bewegt wurde.
Alles war unwirklich, geisterhaft…
Der Mönch trat einen Schritt vor. Weit waren die beiden Backen der Zange geöffnet.
Sie näherten sich Mullers Hals. Ein hohles Kichern drang aus der Mundhöhle des Mönches.
Wieder war ihm ein Opfer sicher.
Muller
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