GK0110 - Hochzeit der Vampire
anschließend Jane Collins beim Aussteigen.
Dunkelheit und herrlich kühle Luft empfingen sie.
Johns Augen suchten vergeblich nach einem Lichtschimmer an der Frontseite des Schlosses. Eingekeilt zwischen den anderen Reisenden sah er, wie Janos Ruff auf das Portal zuging und mit beiden Fäusten gegen das Eingangstor hämmerte.
Sekunden später wurde es aufgezogen.
Eine breite Lichtbahn fiel nach draußen.
Ein Mann stand auf der Türschwelle. Sowohl John Sinclair als auch die anderen Reisenden konnten ihn deutlich erkennen.
Ein, zwei Sekunden starrte John den Mann an. Und da traf ihn die Erkenntnis wie ein Blitzstrahl. Dieser Mann, der sich hier wahrscheinlich als Graf Montesi ausgab, war in Wirklichkeit Johns Erzfeind.
Dr. Tod!
***
Die grausame Überraschung war gelungen.
Überdeutlich konnte John Sinclair den Menschenhasser erkennen. Er sah den großen kahlgeschorenen Schädel und den im Verhältnis dazu schmächtig wirkenden Körper. Sogar den Ring konnte John im Lichtschein blitzen sehen.
Innerhalb von Sekunden zuckten unzählige Gedanken durch Johns Kopf.
Dr. Tod hier? Was hatte das zu bedeuten? Weshalb gab er sich als Graf Montesi aus? Welche Teufelei hatte er ausgeheckt?
Eines war John Sinclair jedoch klar. Dr. Tod durfte ihn nicht sehen. Noch nicht…
John schaute sich blitzschnell um. Niemand achtete auf ihn.
Selbst Jane Collins hatte ihr Gesicht dem Eingang zugewandt.
John mußte die Zeit der Ablenkung nutzen.
Gewandt schlängelte er sich durch die Gruppe der Reisenden und kassierte manch erstaunten oder ärgerlichen Blick. Dann hatte sich John von der Gruppe gelöst.
Wie ein Schatten tauchte er in der Dunkelheit unter, hielt sich für Sekunden in Deckung des Busses und huschte dann im Bogen auf die Seite des Schlosses zu.
Hinter einem Baum legte John eine Pause ein.
Von hier aus konnte er die Gruppe noch sehen. Gerade setzte sie sich in Bewegung und ging auf das Schloß zu. Janos Ruff an der Spitze.
John schürzte verächtlich die Lippen.
Janos Ruff! Er war auch eine undurchsichtige Figur in diesem höllischen Spiel. Wieder einer von den armen Teufeln, die mit Dr. Tod paktierten und sich von ihm unermeßlichen Reichtum erhofften.
Meistens starben sie jämmerlich. Janos Ruff wäre nicht der erste gewesen.
John beglückwünschte sich dazu, daß er seinen Koffer mitgenommen hatte. Jetzt stellte er ihn auf den Boden ab und ging in die Knie.
Die Schlösser schnappten zurück. John nahm eine handliche Taschenlampe heraus, schaltete sie ein und schirmte den Strahl mit der Hand ab.
Es sickerte noch genügend Licht in den Koffer, um Einzelheiten zu erkennen.
Die Beretta lag in einem mit Samt ausgeschlagenem Kästchen.
Ebenfalls der Dolch.
John nahm beides an sich. Das Magazin der Pistole war mit Silberkugeln gefüllt. Die Ersatzmagazine verschwanden in den Hosentaschen. Den Dolch steckte John in eine lederne Scheide, die er an seinem Gürtel befestigte.
John nahm auch noch die beiden Fläschchen mit Weihwasser an sich und versteckte den Koffer dann in einem Gebüsch.
Jetzt fühlte er sich um vieles wohler.
Selbstverständlich hatte der Inspektor schon einen Plan, wie er vorgehen wollte. Daß etwas mit den Reisenden geschehen sollte, stand außer Zweifel. Nur durfte man es soweit nicht kommen lassen. John hatte vor, Dr. Tod zu überraschen. Er wollte sich dieses Menschenhassers bemächtigen und ihn ein für allemal ausschalten. Dann war die Gefahr auch von den übrigen Reisenden genommen.
Aber wie sollte er in das Schloß gelangen? John hoffte, es von der Rückseite zu schaffen. Meistens gab es bei diesen Schlössern Eingänge, wo früher die Kaufleute ihre Waren abgeliefert hatten.
Der Geisterjäger schob sich aus seiner Deckung.
Der Platz vor dem Schloß war jetzt leer. Nur noch der Bus stand dort. Er war als kompakter Schatten zu erkennen.
Es war merklich kühler geworden.
John kam es vor wie die berühmte Ruhe vor dem Sturm.
Vorsichtig bewegte er sich an der Schloßmauer entlang. Steine und Äste knirschten unter seinen Sohlen. John hatte das Gefühl, dieses Geräusch wäre meilenweit zu hören.
Neben der Schloßmauer befand sich nur ein schmaler Pfad. Die Bergfelsen reichten bis dicht an das Schloß heran. In den Ritzen der kahlen Steine fristeten Bäume, deren Astspitzen bereits die Mauer berührten, ihr kärgliches Dasein.
Ab und zu riskierte es John und ließ die Lampe aufblitzen. Der Lichtstrahl huschte als gelber Streifen an der rissigen Mauer empor, doch ein Fenster
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