GK0157 - Zirkus Luzifer
zurück«, sagte Andrax kalt.
Terry Bendix hatte den Dialog teilnahmslos verflogt. Sie reagierte nur auf Befehle des Mandarins.
Andrax ließ sich von Latero nicht länger aufhalten, sondern klopfte in einem bestimmten Rhythmus gegen die Tür des Wohnwagens, die sich Augenblicke später lautlos öffnete, und schon bald hatte die Dunkelheit die beiden Neuankömmlinge verschluckt.
Der Mandarin saß wieder auf seinem Stuhl. Das M auf seiner Brust leuchtete wie ein Fanal, ließ gerade die Umrisse des Dämons erkennen.
»Sie ist da, Meister«, sagte Andrax, ließ Terry los und trat einen Schritt zurück.
Der Mandarin kicherte hohl. »Ich wußte doch, daß sie mir nicht widerstehen konnte.« Dann beugte er sich etwas vor und tastete mit seiner kalten Totenhand nach dem Körper der Frau.
Willenlos ließ Terry alles mit sich geschehen.
Der Mandarin lehnte sich zurück. »Wie fühlst du dich?« fragte er leise.
»Gut.«
»Das freut mich. Jeder, der zu mir kommt, fühlt sich gut. Und deshalb wirst du mir auch einige Fragen beantworten.«
»Ja.« Wieder die stereotype Antwort.
»Du kennst einen Mann namens John Sinclair?«
»Ja.«
»Kennst du ihn gut?«
»Nein. Ich habe ihn heute zum erstenmal gesehen.«
»Aber er hat Eindruck auf dich gemacht?«
»Das stimmt.«
»Er gefällt dir also, und du würdest viel für ihn tun, wenn ich dich richtig verstanden habe.«
»Ja.«
»Gut.« Der Mandarin kicherte. »John Sinclair ist uns kein Unbekannter. Er ist unser schlimmster Feind. Wahrscheinlich wird er heute abend hierher kommen. Du wirst ihn empfangen und sofort zu mir bringen. Versprichst du das?«
»Ich werde alles tun, was du willst.«
»Ich sehe, wir verstehen uns. Vielleicht habe ich danach auch einen Platz für dich in unserem Zirkus. Lui braucht eine neue Partnerin. Und warum soll es nicht Coras Schwester sein? Du weißt, was mit Cora geschehen ist?«
»Sie ist tot.«
»Weißt du auch, wer sie umgebracht hat?«
»Ja, es war der Mann mit den Messern.«
»Hast du auch davon der Polizei erzählt?«
»Natürlich. Ich habe Oberinspektor Sinclair alles gesagt, was ich gesehen habe.«
»Verdammt.« Der Mandarin schlug mit der Faust auf die rechte Armlehne seines Stuhls. Sekundenlang spielte er mit dem Gedanken, mit Terry kurzen Prozeß zu machen, da sowieso schon alles verraten worden war. Aber dann fiel ihm ein, daß er mit ihr immer noch eine gute Geisel hatte. Und dieser Sinclair würde kommen. Das stand für den Mandarin fest.
Der Mandarin zischte Andrax einen Befehl zu. »Schaff sie jetzt weg«, sagte er, »und dann bereite alles für die Abendvorstellung vor.«
»Ja, Meister«, sagte Andrax. Er faßte Terry Bendix am Arm und verließ mit ihr den großen Wohnwagen.
Lui Latero war verschwunden. Andrax und Terry Bendix gingen auf einen etwas kleineren Wagen zu, und Andrax zog die Tür auf. »Hier wirst du vorerst bleiben«, sagte er. Dann knallte er die Tür wieder zu.
Das war genau der Augenblick, in dem der Mandarin den magischen Bann wieder aufhob.
Terry Bendix war plötzlich wieder Herr über ihren Willen.
Als wäre sie aus einem tiefen Schlaf erwacht, so kam sie sich vor. Verdutzt rieb sie sich die Augen, sah die fremde Umgebung und starrte verständnislos umher.
Sie sah die beiden Liegebänke im vorderen Teil des Wohnwagens. Die zweite Hälfte war durch einen Vorhang getrennt worden. Durch zwei sich gegenüberliegende Fenster drang Tageslicht in das Innere.
Terrys Herz klopfte schneller. Angst stieg in ihr hoch. Verzweifelt begann sie zu überlegen, versuchte die Leere in ihrem Gehirn zu verscheuchen.
Wo war sie hier? Und wer hatte sie hierher gebracht?
Terry ging zur Tür, drückte die Klinke und stellte im nächsten Moment fest, daß abgeschlossen war.
Man hielt sie gefangen! Eine Woge der Panik überflutete die Frau. Sie begann zu zittern, lief dann die paar Schritte zum Fenster und warf einen Blick nach draußen.
Sie sah die zahlreichen Wohnwagen, das große Zelt, die seltsamen Gestalten – und plötzlich wurde ihr alles klar.
Sie befand sich auf dem Gelände des Zirkus Luzifer!
»Mein Gott«, flüsterte Terry Bendix. Sie preßte ihre rechte Hand gegen den Mund, unterdrückte im letzten Augenblick einen Schrei.
Was hatte man mit ihr vor? Und wie war sie hier überhaupt hingekommen.
Immer wieder stellte sich Terry die Fragen, doch eine Antwort konnte sie nicht finden.
Schließlich ließ sie sich weinend auf einen kargen Schemel fallen. Terry Bendix merkte nicht, daß sich hinter
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