GK0160 - Die Totenkopf-Gang
Tyler. Wenn Spencers Vermutungen stimmten, dann würde sich die unbekannte Gang auch an den Rauschgift-König von Soho heranmachen.
Inzwischen hatten Jamie Tyler und Killer-Pete das Taxi bestiegen und ließen sich zu ihrem Ziel bringen, Tyler residierte in einem alten Haus in der Lexington-Street. Die Straße durchschnitt das Herz von Soho, und Tylers, Hauptquartier lag für seinen Job entsprechend günstig. Er befehligte ein Heer von Dealern und Zwischenverteilern, die für ihn die Ware an den Mann brachten. Es wurde in ganz Soho kein Gramm Heroin verkauft, an dem Tyler nicht verdient hätte.
Was seine Speditionstätigkeit anbetraf, so hatte er sogar zwei Lastwagen laufen und sich eine Lagerhalle im Hafen gemietet. Ab und zu wurden die Wagen sogar mal auf Fahrt geschickt, dann aber mit echten Papieren und echter Ladung. Denn es kam immer wieder vor, daß die Bullen sich für die Wagen interessierten.
Tyler schwitzte. Aber das kam nicht nur durch die brütende Hitze.
Auch die Angst vor der Totenkopf-Gang saß ihm im Nacken. Nur Killer-Pete war die Ruhe selbst. Er saß neben Tyler im Fond und starrte durch die Scheibe.
Endlich stoppte das Taxi vor Tylers Haus. Der Gangsterboß entlohnte den Driver und öffnete die beiden Holztürflügel der Haustür.
Das alte Haus stach ab inmitten der Bars und Vergnügungslokale.
Tyler hatte einen Narren an der mit Stuck übersäten Fassade gefressen, und wenn jemand das Wort Abbruch in den Mund nahm, bekam Tyler einen Tobsuchtsanfall.
Der Hausflur war angenehm kühl. Ein paar Zwischenhändler lungerten herum und spielten Karten.
Tyler sah rot. »Wofür bezahle ich euch eigentlich?« brüllte er. »Daß ihr hier herumsitzt, ihr schwachsinnigen Idioten?«
»Boß!« Ein großer vierschrötiger Kerl kam auf Tyler zu. »Im Moment ist nichts los auf der Bühne. Zu heiß. Die Junkies hocken in ihren Löchern und rühren sich nicht.«
»Dann holt sie heraus, zum Teufel.«
Tyler wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn. Dann sagte er mit normaler Stimme: »Ihr wißt bestimmt, was in der letzten Nacht im Red Roof geschehen ist. Man hat Henry Graf umgelegt. Das heißt für uns, daß der Londoner Süden jetzt frei ist. Ich will, daß kein Engpaß entsteht. Ihr werdet noch heute zu den Verteilern fahren und ihnen klarmachen, daß ich jetzt die Versorgung mit Stoff übernommen habe. Sollte sich jemand weigern, legt ihn um.«
Der Vierschrötige – er hieß Paul Casey – nickte. »Geht in Ordnung, Boß.«
Tyler wußte, daß er sich auf Casey verlassen konnte. Er war brutal genug, um sich durchsetzen zu können. Dann stellte Tyler den neuen Mann, Killer-Pete, vor.
»Er wird mein persönlicher Leibwächter sein«, sagte der Rauschgiftboß. »Ihr kennt Killer-Pete ja. Er hat bis gestern für Henry Graf gearbeitet.«
Casey musterte den Schießer aus schmalen Augen. Dann nickte er und sagte: »Okay, Boß, ich werde es den anderen sagen. Haben Sie denn schon eine Ahnung, wer Graf in die Hölle, geschickt hat?«
Jamie Tyler schüttelte den Kopf. »Noch nicht, und deshalb möchte ich, daß ihr die Augen offenhaltet, verstanden? Solltet ihr irgend etwas erfahren, bekomme ich sofort Meldung.«
Mehr hatte Tyler nicht zu sagen. Mit dem Fahrstuhl fuhr er in die dritte Etage hoch, wo seine Wohnung lag.
Sie war ziemlich groß. Ein guter Innenarchitekt hatte es verstanden, sie so umzubauen, daß sie wirkte wie eine Komfortwohnung in einem Neubau.
Jamie Tyler zeigte Killer-Pete sein Zimmer. »Du wirst hier schlafen und mir immer zur Verfügung stehen.« Er deutete auf einen hohen, stabilen Schrank. »Darin findest du einige Kanonen, unter anderem auch eine MPi.«
Killer-Pete war zufrieden, bis auf eine Kleinigkeit. »Ich brauche manchmal eine Frau, Boß.«
Tyler hob die Augenbrauen. »Es laufen ja genug rum.«
»Die will ich aber nicht.«
»Ja, was denn, zum Teufel?«
»Ich brauche eine, die etwas Besonderes auf Lager hat.«
»Ach so.« Tylers Gesicht hellte sich auf. »Ich verstehe. Ich besorge dir schon, was du haben willst.«
Killer-Pete war zufrieden. In seinen Augen lag ein tückisches Glitzern.
Jamie Tyler ließ seinen neuen Leibwächter dann allein und verzog sich in sein Arbeitszimmer.
Die Wände waren mit Mahagoniholz getäfelt. Auch der Schreibtisch war aus diesem Material, und das lindgrüne Telefon bildete einen dezenten Kontrast. Jalousien schützten die Fenster vor dem Sonnenlicht. Eine Klimaanlage sorgte für wohltuende Temperaturen.
Aufseufzend ließ sich Tyler
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