GK0163 - Der Unheimliche von Dartmoor
Oberinspektor warf einen Blick hinüber zum Verwaltungstrakt.
Frederick K. Bannister stand am offenen Fenster und starrte auf die Ansammlung der Gefangenen nieder. In seinem hageren Gesicht regte sich kein Muskel. Jetzt trat auch Titus McGivern in die Türöffnung. Der Oberaufseher trug wieder seine Schirmmütze. Mit verkniffenem Gesicht peilte er in den grauen Himmel, zog die Mundwinkel nach unten und ging hinaus in den Regen. Mit der rechten Hand gab er ein Zeichen.
»Wegtreten!« bellte seine Stimme.
Die Gefangenen marschierten los. Quietschend schwang das schwere Zuchthaustor zur Seite. Dreck und Wasser spritzten unter den Sohlen der Männer hoch. Der Gang der Männer war schlurfend, deprimiert.
Nicht ein Wort wurde gesprochen. Die lange Reihe mit den gebeugten Rucken glich einem grauen Riesenwurm.
Es war nahezu windstill. Regen und Dunst lagen über dem Moor wie eine dicke Watteschicht. Schon bald verschwanden die dicken Mauern des Zuchthauses im Dunst. Jetzt gab es nur noch das Moor.
Es war an einer breiten Stelle trocken gelegt worden. Man hatte eine Art Damm gebaut, über den sich die Schlange der Gefangenen wand.
Der Damm war nicht sehr stabil, bei einem richtigen Platzregen würde er weggeschwemmt oder unterspült werden.
Eine halbe Stunde mußten die Gefangenen gehen, dann hatten sie ihren »Arbeitsplatz« erreicht.
John Sinclair war naß bis auf die Haut. Feucht und schwer klebten ihm die Sachen am Körper. Die Männer mußten ein offenes Karree bilden und wurden dann in drei Gruppen aufgeteilt.
Jede Gruppe bekam einen Aufseher zugeteilt John Sinclairs Gruppe wurde von Titus McGivern überwacht John hatte auch nichts anderes erwartet. Er war gespannt, welche Schikane sich der Oberaufseher ausgedacht hatte.
Die beiden anderen Gruppen zogen ab. Schon bald hatte sie der Dunst verschluckt.
Außer McGivern waren noch drei weitere Aufseher als Bewachung eingeteilt.
Bevor es zur Arbeitsstelle ging, hielt McGivern noch eine kurze Rede.
»Ihr wißt, daß wir uns zum Ziel gesetzt haben, die letzten hundert Yards des Moorstreifens noch in diesem Monat zu schaffen. Ich verlange, daß sich jeder von euch voll einsetzt. Wir haben einen Akkordplan, und der muß unter allen Umständen eingehalten werden Für denjenigen, der mehr schafft, gibt es im Zuchthaus eine Sonderration Zigaretten. Habt ihr verstanden?«
Die Gefangenen nickten. Einer meinte leise: »Der erzählt jeden Tag das gleiche.«
McGivern hatte die Worte nicht gehört, denn er fuhr fort »Teilt euch jetzt in die üblichen Zweiergruppen auf.«
Die Gefangenen gehorchten. Sie kannten die Prozedur.
John Sinclair wurde auf McGiverns Befehl mit Kubak zusammengebracht. Schikane Nummer eins.
Kubak grinste wieder. »Hoffentlich schaffst du auch sein Soll, Kumpel. Ich möchte nämlich wegen dir nicht wie ein Tölpel dastehen.«
Das bist du sowieso, dachte John, sagte aber: »Ich werde mein Bestes tun.«
McGivern kam an. Kalt funkelten seine Augen unter dem Mützenschirm. »Kubak wird Sie einweisen, Sinclair. Halten Sie sich nur an ihn.«
»Ich werde es nicht vergessen, Sir«, erwiderte John.
McGivern gab den Befehl zum Abmarsch. Er fühlte sich wie ein kleiner Feldherr. Er hätte auch ebensogut Spieß beim Militär sein können, aber wahrscheinlich fehlte ihm dazu doch die Intelligenz.
Über einen aus Holzbrettern gebauten Weg ging es zu dem Sumpfgelände, das abgestochen werden sollte. Die Bretter waren glitschig, und John mußte achtgeben, daß er nicht ausrutschte.
Kubak, der neben ihm ging, summte eine Melodie vor sich hin. Er fühlte sich pudelwohl.
Der Geister-Jäger wußte, daß der Torfabbau in anderen Gegenden längst maschinell durchgeführt wurde. Aber da gab es ja auch keine Strafgefangenen. Die einzige Erleichterung, die die Männer hatten, war ein altes Transportband, das die schweren Sumpfballen zu einem Sammelplatz brachte. Ein breiter, auch für Lastwagen befahrbarer Weg führte zu dem Platz. Dort wurden die Ballen abgeholt, in eine nahegelegene Fabrik gebracht und weiterverarbeitet.
Das Gelände, das bereits trockengelegt worden war, glich einer breiten Rinne. Der Regen hatte den Boden noch zusätzlich aufgeweicht und tiefe Pfützen hinterlassen. Der Anfang des Transportbandes hatte etwa die Hälfte der Rinne erreicht. Der Beginn des Abbaugebietes lag jedoch noch dreißig Yards weiter. Die Gefangenen mußten die schweren Ballen also bis zum Transportband hinschleppen. Eine schweißtreibende Arbeit, bei der man lange Arme
Weitere Kostenlose Bücher