GK0180 - Der schwarze Würger
rollte über feinen Kies. Die Bäume auf den gepflegten Rasenflächen waren sorgfältig gestutzt worden. Es lag wenig Laub auf dem Boden. Gärtner sorgten dafür, daß es so schnell wie möglich weggefegt wurde.
Wuchtig hob sich das Schloß von dem Grün der Landschaft ab. Ziegelrot glänzten die breiten Dächer. Die Fassade war ockerfarben gestrichen, und die Fensterscheiben blitzten vor Sauberkeit. Vor dem großen Hauptportal, zu dem eine Treppe hochführte, deren Stufen breit und einladend waren, befand sich ein Springbrunnen mit einem Löwen als Wasserspeier. Die Steinfigur hatte den Rachen weit aufgerissen und spritzte das Wasser in ein rundes Auffangbecken. Alles wirkte wie ein Gemälde aus einem vergangenen Jahrhundert. Dazu paßten allerdings nicht die beiden Bobbys, die vor dem Portal Wache hielten und, als sie Johns Wagen bemerkten, sich zielstrebig in Bewegung setzten.
Der Oberinspektor ließ den Bentley neben dem Dienstwagen des Commissioners ausrollen.
John stieg aus und war schon von den beiden Bobbys flankiert.
»Sir?«
John präsentierte seinen Ausweis.
Die Bobbys grüßten, und der Geister-Jäger konnte passieren. Er ging die steinerne, ovalförmig angelegte Treppe hoch. Das Portal war offen. John brauchte nur die geschwungene, schwere Klinke zu drücken.
Eine hohe Halle nahm ihn auf. Gleichzeitig hörte er aber auch schon Commissioner Hendricks Stimme. Der Mann hatte ein Organ, das besser auf einen Exerzierplatz gepaßt hätte.
Der Chief-Commissioner hielt seine Leute auf Trab. Mit knurrigem Gesicht schleppte der Fotograf einen Scheinwerfer herbei. »Beeilen Sie sich mal ein wenig!« schnarrte der Chief-Commissioner. »Wozu werden Sie denn bezahlt?«
John Sinclair grinste schief.
Der Chief-Commissioner wandte ihm den Rücken zu. Er stand in der Halle wie ein Feldherr in der Schlacht.
John Sinclair war von der Halle fasziniert. Parkett bedeckte den Boden. Die Deckengemälde waren einfach prachtvoll. Gewaltsam riß John sich von dem Anblick los und tippte Chief-Commissioner Hendricks dann auf die linke Schulter.
Wie von einer Tarantel gestochen, fuhr der Commissioner herum. Er wollte schon den Mund zu einem Anschnauzer aufmachen, als er John Sinclair erkannte.
»Großer Lord, Sie haben mir hier zu meinem Glück noch gefehlt.«
John lächelte und hob die Schultern. »Sie wissen ja, jeder hat seinen Job, Sir. Aber ist mein Besuch denn nicht von Superintendent Powell avisiert worden?«
»Das schon, aber trotzdem paßt es mir nicht. Ich will Ihnen mal was sagen.« Hendricks streckte den rechten Zeigefinger aus und piekte John damit gegen die Brust. »Dies hier ist ein normaler Mordfall und keine von Ihren komischen Spukgeschichten. Finden Sie sich damit ab.«
»Sie erlauben, daß ich anderer Meinung bin, Sir?«
Hendricks verzog das Gesicht. »Ich hätte auch nichts anderes von Ihnen erwartet.«
»Danke, Sir.« John fand den kleinen Disput amüsant. »Wenn ich jetzt Dan Clifton sprechen könnte?«
»Ungern, ungern.«
»Wie gesagt, Sir, jeder hat seinen…«
»… Job, ich weiß, Sinclair. Ich kenne Ihre Sprüche.« Hendricks holte eine Schnupftabakdose aus seiner Rocktasche hervor und stäubte sich eine Prise auf den Handrücken.
Dann hielt er sich die Hand unter die Nase und zog den Tabak tief in sein leicht gerötetes Riechorgan.
John ging sicherheitshalber einen Schritt zurück.
Das Niesen glich dann auch einer mittelschweren Explosion. Selbst Hendricks sichelförmiger blonder Schnauzer geriet in Bewegung, als er losprustete.
Das Ganze passierte noch dreimal, dann bekam John die Erlaubnis, mit Dan Clifton zu sprechen.
Der junge Clifton hielt sich in einem der vier Salonräume auf. Er saß in einem hohen Ohrensessel und war momentan allein.
Er stand auf, als John auf ihn zukam. »Ich habe schon mit Ihnen gerechnet, Oberinspektor«, sagte er.
John reichte dem jungen Clifton die Hand und drückte ihm sein Beileid aus.
»Es wird ein schwerer Schlag für Sie gewesen sein. Erst der Bruder, dann der Vater. Tut mir aufrichtig leid«, sagte der Oberinspektor.
»Ich trage es mit Fassung«, erwiderte Dan Clifton kühl. »Aber Sie sind sicherlich nicht hergekommen, um mir zu kondolieren. Bitte, wenn Sie Fragen haben, ich stehe Ihnen zur Verfügung, muß aber gleich hinzufügen, daß ich weder etwas gehört noch gesehen habe. Ich schlafe immer sehr tief und fest.«
»Dann kann ich eigentlich wieder gehen«, sagte John lächelnd.
»Wieso? Ich…« Dan Clifton war etwas
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