GK0180 - Der schwarze Würger
ein alter Wolf. Er glaubte immer, daß die anderen nur an sein Geld wollten. Etwas anderes kam für ihn nicht in Frage.
Das Personal wohnte in einem anderen Trakt des Schlosses, abgekapselt von den Besitzern.
Die alte kostbare Standuhr schlug elfmal. Die schwingenden Klänge unterbrachen die Stille des Zimmers.
Stuart F. Clifton hatte die Augen geschlossen und drehte das Whiskyglas in seinen Fingern. Die Füße hatte der Alte ausgestreckt. Sie lagen auf einem kleinen, ledernen Sitzhocker.
Stuart F. Clifton war so in seine Gedanken versunken, daß er nicht hörte, wie die Tür geöffnet wurde.
Spaltbreit stand sie schon auf, und in der nächsten Sekunde tauchte eine behandschuhte Hand aus dem Spalt auf.
Die Hand des Würgers!
Unendlich langsam wurde die schwere Tür weiter aufgedrückt. Die Angeln waren gut geölt – nicht das geringste Geräusch entstand. Und den Luftzug, den spürte der alte Clifton nicht. Die hohe Rückenlehne des Sessels schirmte ihn ab.
Der Würger huschte ins Zimmer. Lautlos drückte er die Tür wieder ins Schloß.
Stuart F. Clifton räusperte sich und griff wieder nach seiner Pfeife. Ein langes Zündholz glitt über die rauhe Reibfläche der Schachtel und flackerte auf.
Schon bald quollen würzige Rauchwolken der Decke entgegen und verbreiteten einen blaugrauen Schleier.
Der Würger näherte sich dem ahnungslosen Opfer, ohne ein Geräusch zu verursachen.
Er hatte schon seine Finger zu den tödlichen Klauen gebogen. Das »Gesicht« unter der Hutkrempe schimmerte silberhell.
Zwei Schritte noch stand der Würger von der hohen Rückenlehne des Sessels entfernt.
Und Stuart F. Clifton war ahnungslos…
Mit Genuß rauchte er seine Pfeife, dachte an die Zukunft und wußte nicht, daß es für ihn keine mehr geben würde.
Nichts warnte ihn, als die Hände des Würgers schon über dem Lehnenrand des Sessels schwebten.
Der Unheimliche beugte sich etwas weiter vor, um mit einem schnellen, gnadenlosen Griff die Kehle des Opfers umspannen zu können.
Der Stoff seines Mantels rieb dabei gegen das Leder des Sessels. Es gab ein winziges, schleifendes Geräusch, das Stuart F. Clifton hörte. Blitzschnell wandte er den Kopf – und erstarrte im gleichen Augenblick zur Bewegungslosigkeit.
Da packten die Klauen zu.
Stuart F. Clifton hatte das Gefühl, sein Hals würde in einen Schraubstock geraten. Die Pfeife fiel ihm aus dem Mund, kohlte auf dem Sessel weiter, während der alte Clifton mit unwiderstehlicher Gewalt hochgezogen wurde. Der Würger besaß die Kräfte der Hölle. Stuart F. Clifton wehrte sich verzweifelt.
Und dann verschwamm alles vor seinen Augen. Der Tod näherte sich bereits mit Riesenschritten.
Stuart F. Clifton wurde schwach unter dem tödlichen Griff. Neben dem Sessel sackte er zu Boden.
Der schwarze Würger drehte sich um und verließ ebenso lautlos, wie er gekommen war, das Zimmer.
***
Mitternacht!
Kein Laut unterbrach die beklemmende Stille. Die Standuhr im Mordzimmer hatte schon zwölfmal geschlagen und damit die Geisterstunde eingeläutet.
Doch auch zu dieser Stunde schlich jemand durch die Gänge. Es war Dan Clifton.
Er trug alte Slipper mit Specksohlen, so daß er kaum ein Geräusch verursachte, als er sich über den spiegelblanken Parkettboden dem Mordzimmer näherte.
Behutsam öffnete er die schwere Eichentür. Auf Zehenspitzen betrat er das Zimmer.
Die Stehlampe auf dem Schreibtisch brannte noch. Sie tauchte den Raum in ein geheimnisvolles, geisterhaftes Zwielicht. Doch in den Winkeln und Nischen verlor sich das Licht. Dort ballte sich die Dunkelheit zusammen.
Dan Clifton spürte ein seltsames Kribbeln auf der Haut, als er das Zimmer betrat. Die Luft, die Atmosphäre – sie war ungewöhnlich, schien vergiftet zu sein von einem bösen dämonischen Geist. »Vater?« Dans Stimme war nicht mehr als ein Hauch. Er war nach zwei Schritten stehengeblieben, ging aber weiter, als er auf seinen Ruf keine Antwort bekam.
Und dann sah er seinen Vater!
Er lag auf dem Boden, die Hände noch im Tod zu Fäusten verkrampft. Rasch kniete Dan Clifton neben seinem Vater nieder. Gebrochene Augen starrten ihn an.
Anklagend, wie es Dan schien.
Der junge Clifton zuckte zusammen. Mit dem Zeigefinger wischte er sich den leichten Schweißfilm von der Oberlippe. Dabei merkte er, daß seine Hände zitterten.
Er empfand nichts. Keinen Schmerz, keine Wehmut und auch keinen Triumph.
Nichts…
Der Tod seines Vaters war ihm irgendwie gleichgültig, wenn er auch zugeben mußte, daß
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