GK0215 - Die Rache des Kreuzritters
gebracht.«
»Sie kennen den Kreuzritter?«
Der Wirt nickte heftig. Dann lachte er plötzlich. »Ich stehe auch unter seinem Schutz. Ich habe ihm versprochen zu helfen. Er ist stark, sehr stark sogar. Keiner kann ihn aufhalten. Der Fluch des Abtes wirkt bis in alle Ewigkeit. Niemand kann den Bann lösen.«
»Wie heißen Sie?« fragte John.
»Ich?« Der Wirt begann zu grinsen. »Jean Muller. Ich bin der einzige, der das Geheimnis kennt.«
John schüttelte den Kopf. »Nicht mehr lange. Ich werde es auch bald kennen. Reden Sie!«
Plötzlich hörte der Geisterjäger Schritte. Blitzschnell wirbelte er herum, packte die Lampe, und richtete den Lichtstrahl in die Finsternis.
Das Gesicht eines jungen Mannes wurde aus der Dunkelheit gerissen. Blinzelnd kniff Rainer Schröder die Augen zusammen.
»Um Himmels willen, Rainer, was machen Sie denn hier?« John senkte die Hand und ließ den Strahl an Schröder vorbeistreichen.
»Ich… wir hatten einen Schrei gehört, und da dachten wir…«
John lachte beruhigt. »Keine Angst, Rainer, so leicht bin ich nicht totzukriegen. Gehen Sie bitte zurück zu den anderen. Ich komme gleich nach.«
Schröder zögerte. Seine Blicke hingen an dem auf der Erde kauernden Wirt. »Was macht er denn hier? Das ist doch der Wirt aus Rochas. Wie ist er hier in das Schloß gekommen?«
»Ich werde Ihnen später alles erklären. Gehen Sie bitte.«
»Ja, gut.«
Rainer Schröder verschwand wieder in der Dunkelheit. John war froh, daß er die Leiche nicht entdeckt hatte. Auch so war Rainer Schröder verstört genug gewesen. Auf ihn war in den letzten Minuten einiges eingestürzt.
John Sinclair aber wandte sich wieder Jean Muller zu. »Ich höre«, sagte er, und dann begann Muller zu berichten.
»Ich selbst habe die Geschichte des Alexander von Rochas in alten Kirchenbüchern gelesen, und sie hat mich fasziniert. Ich habe nachgeforscht und einiges Interessante herausgefunden. Alexander von Rochas wurde 1092 geboren. Auf dieser Burg, die erst fünfzehn Jahre stand. Sein Vater war ein Edelmann, und Alexander wuchs im Schutze der Familie auf. Als sein Vater im Kampf starb, lastete auf ihm die gesamte Verantwortung. Er war damals noch ziemlich jung, gerade dreißig Jahre alt. Und er hatte geheiratet. Eine tolle Frau, wie es hieß. Diese Elisabeth war aber auch mannstoll, und Alexander wußte das. Freunde erzählten es ihm. Da er jedoch sehr eifersüchtig war, ließ er heimlich einen Keuschheitsgürtel anfertigen. Den Gürtel versteckte er. Dann kam die Zeit der Kreuzzüge. Alexander hatte Todesahnungen, dazu kam die Untreue seiner Frau, die ihn völlig entnervte. Er beschloß, ihr den Keuschheitsgürtel anzulegen. Sie wehrte sich, schwor ewige Treue, doch Alexander glaubte ihr nicht.«
»Was machte er mit dem Schlüssel?« wollte John Sinclair wissen.
Jetzt begann der Wirt zu lachen. »Er machte damit seinen ersten großen Fehler. Er übergab den Schlüssel seiner noch lebenden Mutter, und Elisabeth hat es gemerkt – jedoch nichts gesagt. Dann kam die Zeit, als Alexander von Rochas ausrücken mußte. Er ritt nicht mit seinen Gefolgsleuten, sondern allein. Später hat man dann erfahren, wohin er sich gewandt hat.«
Der Wirt legte eine Pause ein, um Atem zu schöpfen. Im Licht der Lampe konnte John sehen, daß ihm der kalte Schweiß auf der Stirn stand.
»Alexander von Rochas ist zu einem Abt geritten, der gleichzeitig auch Magier war. Diesen Abt hat die Kirche verstoßen. Er hauste in einem Wald, in einer primitiven Köhlerhöhle und hat sich mit den Kräften der Schwarzen Magie beschäftigt. Die Leute redeten über ihn. Unter anderem wurde gesagt, daß er einen Trank brauen könne, der, kurz vor dem Tod eingenommen, ein Weiterleben garantiere. Alexander von Rochas hat diesen Trank von dem Abt bekommen. Allerdings unter einer Bedingung. Er mußte dem Abt seine Seele verschreiben, aber dem Kreuzritter war in diesen Augenblicken alles egal. Er und seine Getreuen kamen bis ins Morgenland und erlitten – dort eine vernichtende Niederlage. Bei einem Rückzugsgefecht kam der Ritter ums Leben. Er hatte aber vorher noch den Trank zu sich genommen. Irgendwann – auf einem leichenübersäten Feld – erwachte er. Er muß sich dann in seine Heimat durchgeschlagen haben, und als er auf sein Schloß kam, hatte seine Frau Alexanders Mutter ermordet und vergnügte sich mit ihren Liebhabern. Der Kreuzritter hat sie umgebracht. Alle. Er hat mit seinem Schwert schrecklich gewütet, und als sie tot waren,
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