GK0215 - Die Rache des Kreuzritters
Statt dessen nahm John die Verfolgung auf. Die Lampe hielt er eingeschaltet. Schließlich kannte sich der Wirt hier unten aus, und er nicht.
Der Wirt bemühte sich jetzt nicht einmal, leise zu sein. Er setzte alles daran, um dem Geisterjäger zu entkommen. Wie ein Irrwisch huschte er um die stabilen Säulen, und John, der ihn oft nur für Bruchteile von Sekunden sah, hatte es schwer, überhaupt nur einen Meter aufzuholen.
Dann wischte der Mann plötzlich nach rechts und war verschwunden.
Zwei Atemzüge später erreichte auch John Sinclair die Stelle. Und er sah den Gang vor sich, der eigentlich mehr ein Stollen war. Der Stoilen führte noch tiefer in das Gewölbe hinein. Er war abschüssig, und John mußte dazu noch den Kopf einziehen, um sich nicht noch an der rauhen Decke einen blutigen Schädel zu holen.
Aber schon nach wenigen Metern wurde der Stollen breiter und auch höher.
Und plötzlich stand John Sinclair in der Folterkammer der Burg!
Jeder Horrorfilm-Regisseur hätte an dieser Folterkammer seine reine Freude gehabt.
Es war alles vertreten, was das Gruselherz so begehrt.
Nur von dem Wirt sah John keine Spur.
Hatte er sich etwa vor Erreichen der Folterkammer abgesetzt? Möglich war es. Trotzdem betrat der Geisterjäger das Verlies und ließ seine Taschenlampe kreisen.
Der Lichtstrahl wischte über die schrecklichen Instrumente. Unzählige Staubpartikel tanzten in der Luft.
John Sinclair ging tiefer in die Folterkammer hinein.
Ihm gegenüber stand eine Eiserne Jungfrau. Die eine Hälfte war aufgeklappt. Es war eine der gemeinsten Waffen, die sich Menschen ausgedacht hatten.
Sie glich einer Ritterrüstung, konnte jedoch in der Mitte aufgeklappt werden, so daß sie zwei Hälften bildete. Die Hälfte, die aufklappbar war, war von innen mit spitzen Nägeln gespickt, die dem armen Opfer in den Körper drangen.
John Sinclair lief eine Gänsehaut über den Rücken, als er sich die Eiserne Jungfrau ansah. Er hatte schon zuviel darüber gehört.
Vielleicht hatte er sich auch von dem Anblick zu sehr ablenken lassen, auf jeden Fall hörte er das Geräusch hinter seinem Rücken viel zu spät.
Der mörderische Schlag traf seinen ungeschützten Rücken. Der Schmerz paralysierte John Sinclairs Reflexe. Er schrie. Ein zweiter Schlag traf seinen Rücken, stieß ihn nach vom, genau auf die Eiserne Jungfrau zu.
Dann erst hörte John das triumphierende Lachen. Eine sehnige Hand riß ihn an der Schulter herum. Mit dem Rücken zuerst wurde er in das Gestell hineingedrückt. Für einen winzigen Augenblick sah John das verzerrte Gesicht des Wirts und die Eisenstange, die der Kerl in der Hand hielt.
Jetzt wußte der Geisterjäger Bescheid.
Aber das nutzte ihm auch nichts mehr.
Mit einem diabolischen Kichern auf den Lippen rammte der Wirt die zweite Hälfte der Tür zu…
***
»Was hältst du von John Sinclair?« fragte Michael Kramer seinen Freund Rainer.
Schröder hob die Schultern. »Ein komischer Kauz ist er schon. Aber sonst scheint er ganz passabel zu sein.«
»Meine ich auch.« Michael Kramer nickte zustimmend, »Er ist eben ein Individualist. Aber sind wir das letzten Endes nicht alle?«
»Recht hast du«, gab Rainer Schröder zu. Er sah sich um. Der Himmel bezog sich immer mehr. Es wurde schwül. Mücken tanzten dicht über dem Boden. Von, der Rheinebene her breitete sich Feuchtigkeit aus. Sie verdichtete sich immer mehr zu langen Nebelstreifen.
»Das wird noch ein Gewitter geben«, sagte Rainer und deutete zum Himmel. »Bestimmt doppelt so stark wie am letzten Abend.«
»Fehlt uns nur noch der Kreuzritter«, sagte Michael.
»Hör auf«, erwiderte Rainer. Ein blitzschneller Blick zeigte ihm, daß er und Michael allein auf dem Burghof waren. Die Frauen waren im Turm verschwunden und in die Zimmer gegangen, um sich dort umzuziehen. Den Plastiksack mit dem Abfall hatten sie mitgenommen.
Schröder entschied sich blitzschnell. Er wollte Rainer mitteilen, was er am Morgen erlebt hatte.
»Hast du mal einen Augenblick Zeit?«
Michael Kramer stand neben dem 2 CV. Er war dabei, alle Fenster zu verschließen. Auf Rainers Ruf hin drehte er sich um.
»Was ist denn los?«
Rainer schlenderte auf seinen Freund zu. »Ich muß dir etwas erzählen«, sagte er mit ernster Stimme.
Michael Kramer wußte sofort Bescheid. »Schon wieder dieser komische Kreuzritter?«
»Ja.«
Ein mitleidiges Grinsen stahl sich in Michaels Mundwinkel. »Wir wollen uns doch nicht schon wieder streiten.«
»Aber die Sache ist verdammt
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