GK053 - Frisches Blut für den Vampir
vor dem Schloss wieder reine Luft atmen zu können, die weniger knisterte als jene im Direktionszimmer.
»Was halten Sie von diesen Leuten, Sergeant?«, fragte Tony lächelnd, als sie sich in seinen Thunderbird setzten.
Sergeant Goody schüttelte sich.
»Eine ganz miserable Bande, Sir. Wenn ich ein Kind hätte, ich würde es denen nicht anvertrauen.«
»Es gibt aber auch Ausnahmen. Matt Craner zum Beispiel.«
»Ja. Der scheint in Ordnung zu sein.«
»Joseph Hampshire und Susan Manson auch.«
»Dafür sind die anderen umso miserabler.«
Lachend ließ Tony seinen Wagen anrollen.
»Geht's nun zur Polizeistation, Sir?«, erkundigte sich der Sergeant.
»Ich schlage vor, wir machen zwei kleine Umwege. Der eine führt uns beim Juwelier vorbei…«
»Beim Juwelier?«, fragte Sergeant Goody erstaunt.
»Wollen Sie da etwa die Eheringe bestellen?«
»Die kommen später dran. Heute darf ich mir einen anderen Ring abholen.«
Nach einer Fahrt von zehn Minuten hielt Tony seinen kaffeebraunen Thunderbird vor dem Juwelierladen. Das Portal war klein. In der Auslage blitzten und glänzten goldene Geschmeide, Perlenketten, Diamanten.
»Bin gleich wieder da«, sagte der Inspektor und stieg aus.
»Sie haben mir noch nicht verraten, wohin uns der zweite Umweg führt, Sir!«, rief Goody dem Inspektor nach.
»Zu Leonard Shatner ins Krankenhaus«, sagte Tony und betrat den Laden.
Über der Tür schlug eine kleine Glocke an. Der dünne Ton war kaum zu hören. Trotzdem erschien Burt Mitchum, der Juwelier, sofort.
»Ah, Inspektor!«, sagte er und nahm die dicke Nickelbrille kurz ab, um sich die gerötete Nasenwurzel zu massieren. Dann setzte er die Brille mit einer geradezu lächerlichen Sorgfalt wieder auf. Er war klein, sein Rücken war gekrümmt, die schmalen Schultern fielen nach vorn.
»Ist mein Ring fertig?«, fragte Tony.
»Natürlich. Habe ich schon mal einen Termin nicht eingehalten?«
»Das weiß ich nicht, Mr. Mitchum.«
Der Juwelier schlurfte in die Werkstatt und brachte einen protzigen Goldring. Er legte ihn auf die Glasplatte der Verkaufstheke und wartete auf ein Lob.
»Herrlich!«, sagte Tony überwältigt. »Ausgezeichnete Arbeit, Mr. Mitchum.«
»Sie dürfen ihn ruhig anfassen, Inspektor«, sagte der Juwelier grinsend.
Beinahe ehrfürchtig nahm Tony Ballard den Ring auf. In der goldenen Fassung war ein rabenschwarzer Stein verankert. Er war taubeneigroß und von dem Juwelier aus einem faustgroßen Stein herausgeschliffen worden.
Dieser Ring sollte Tony Ballard an ein grauenvolles Abenteuer erinnern, das er wie durch ein Wunder siegreich beendet hatte. Sieben grausame Hexen hatten diesen Stein einst besessen, und es war ein mörderischer Kampf auf Leben und Tod gewesen, den Bestien diesen Stein abzuringen. Um diese Zeit niemals zu vergessen, hatte sich Tony Ballard diesen Ring anfertigen lassen. Und ab heute wollte er den Ring wie ein Heiligtum an seinem Finger tragen.
»Ich bin überwältigt, Mr. Mitchum«, sagte der Inspektor ehrlich. Er streifte sich den Ring an den Finger. »Die Rechnung…«
»… geht Ihnen in den nächsten Tagen zu, Inspektor«, sagte der Juwelier lächelnd. »Freut mich, dass ich Ihnen dienen konnte.«
Tony bedankte sich und verließ den Laden.
Jetzt war der Besuch im Krankenhaus fällig.
***
»Er macht im Augenblick eine schwere Krise durch, Inspektor«, sagte der Arzt besorgt. Der Mann war kurzatmig, hatte die Schultern eines Fleischers und dicke Gläser vor den tränenden Augen.
»Ist er bei Bewusstsein?«, fragte Tony Ballard.
»Man kann es fast nicht Bewusstsein nennen, Inspektor.«
»Ist er ansprechbar?«
»Ab und zu hat er helle Momente. Die meiste Zeit redet er jedoch wirres Zeug.«
»Was zum Beispiel?«
»Von seiner Nichte. Von seiner Arbeit im Internat. Von irgendwelchen Schülern. Alles kommt sprunghaft und ohne jeden Zusammenhang.«
»Hat er auch etwas über die Männer gesagt, die ihn niedergeschlagen haben?«
Der Arzt schüttelte den Kopf.
»Dieses Erlebnis scheint in seinem Geist völlig ausgelöscht worden zu sein.«
»Worauf führen Sie das zurück?«
»Auf die beiden brutalen Schläge. Er hat eine Schädelknochenfraktur und eine äußerst schwere Gehirnerschütterung erlitten. Es wird Monate dauern, bis… Vorausgesetzt, dass er überhaupt durchkommt.«
»Dürfen wir ihn sehen, Doktor?«
Der Arzt dachte kurz nach, dann schüttelte er entschieden den Kopf.
»Nein, Inspektor. Ich kann das nicht verantworten. Die geringste Aufregung würde ihn
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